Staatshilfen für die Lufthansa
Lufthansa-Deal auf der Kippe
by Frank-Thomas WenzelDer Aufsichtsrat will „Alternativszenarien“ zum Staatseinstieg prüfen.
Der Streit um das milliardenschwere Rettungspaket für die Lufthansa eskaliert. Der Aufsichtsrat des Luftfahrtkonzerns hat am Mittwoch eine Entscheidung über die neun Milliarden Euro schweren Staatshilfen verschoben. Als Grund nannte der Konzern in einer Ad-hoc-Meldung mögliche Auflagen der EU-Kommission. Diese würden die Drehkreuzfunktion an den Heimatflughäfen in Frankfurt und in München schwächen. Die Aufsichtsräte wollen nun „Alternativszenarien“ prüfen, hieß es in einer Pflichtmitteilung an die Börse. Die eigentlich geplante Einberufung einer außerordentliche Hauptversammlung wurde verschoben.
D ie Brüsseler Kommission verlangt, dass Europas größte Airline, an den beiden Airports jeweils bis zu zehn Flugzeuge abzieht und zugleich die dazugehörigen Start- und Landerechte (Slots) abgibt. Sie sollen an Billigflieger wie Ryanair weitergereicht werden. Damit würde an den beiden wichtigsten Standorten der Fluggesellschaft der Konkurrenzkampf um Fluggäste massiv verschärft. Das Lufthansa-Management hat Medienberichten zufolge angeboten, auf jeweils drei Slots nebst der dazugehörigen Passagierjets zu verzichten. Die EU-Kommission, die auch für übergeordnete Wettbewerbsfragen in der Union zuständig ist, will sich Branchenkreisen zufolge auf solch einen Deal nicht einlassen.
Unmut über die EU
Unter anderem hat sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen die geplanten Auflagen aus Brüssel ausgesprochen. Und auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will die von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geplanten Restriktionen nicht hinnehmen. „Zukunftsfähige Arbeitsplätze im deutschen Luftverkehr können nur dann bestehen, wenn internationale Standards harmonisiert und internationale Wettbewerbsverzerrungen abgeschafft werden“, sagte Mira Neumaier, Fachgruppenleiterin Luftverkehr.
Ein Neustart könne als Chance genutzt werden, den ruinösen Kurs der Deregulierung der letzten Jahrzehnte unverzüglich zu beenden. Dabei müsse auf EU-Ebene auch verstärkt auf soziale und qualitative Kriterien geachtet werden.
Die EU-Kommission hat die Liberalisierung der Luftverkehrs in den vergangenen Jahren massiv vorangebracht. Der größte Profiteur war Ryanair. Vestager steht nun von mehreren Seiten unter Druck. So hat Ryanair-Chef Michael O’Leary die angepeilten Staatshilfen scharf kritisiert: Sie würden den monopolähnlichen Zugriff der Lufthansa auf den deutschen Luftverkehrsmarkt weiter stärken.
Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport stärkte der Lufthansa dagegen den Rücken und will mit ihr gemeinsam in den nächsten Wochen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. Die Lufthansa müsse als Netzwerkanbieter in Frankfurt ihren Marktanteil halten und ausbauen dürfen, erklärte Vorstandschef Stefan Schulte.
Vor dem Bundeskanzleramt in Berlin protestierten am Mittwoch Aktivisten gegen die geplanten Staatshilfen für die Lufthansa. Das Rettungspaket enthalte zu wenig Gegenleistungen, weder zum Ende der Steuervermeidung, noch zu effizientem Klimaschutz, so die Demon-stranten. mit dpa