Paketdienst
Express-Riese Fedex greift nach Deutschlandgeschäft von Hermes
Die Otto Group könnte sogar die Mehrheit an ihrer Pakettochter abgeben. Der Händler will sich aber auch nach einem Verkauf Einfluss sichern.
by Christoph Schlautmann, Florian KolfDüsseldorf. Noch in diesem Jahr, kündigte Otto-Chef Alexander Birken an, soll es zu einem Teilverkauf der Pakettochter Hermes in Deutschland, Großbritannien und Frankreich kommen. Die Gespräche seien weit fortgeschritten, Namen nannte er nicht.
Wie das Handelsblatt aus Branchenkreisen erfahren hat, handelt es sich zumindest für das Deutschlandgeschäft um den börsennotierten US-Konzern Fedex, der sich vor vier Jahren bereits den niederländischen Expressdienst TNT einverleibte.
Die Otto Group hatte nur angedeutet, dass es sich um einen großen, strategischen Investor handelt, was bei Fedex passen würde. „Wir sind weit fortgeschritten in Gesprächen mit möglichen Partnern“, hatte Birken gesagt, „In einer Partnerschaft wären wir langfristig stabiler aufgestellt“, erklärte der Otto-Chef bei der Bilanzvorlage. „Wir könnten Synergien erzielen und Know-how austauschen, je nachdem, mit wem wir zusammengehen und wir können die notwendigen Investitionen gemeinsam stemmen.“
In Großbritannien, wo Hermes deutlich besser verdient, könnte hingegen den Kreisen zufolge der Finanzinvestor Advent zum Zuge kommen. Anfang 2019 hatte Otto angekündigt, die Europa-Holding des Paketdienstes aufzulösen und die Landesgesellschaften direkt dem Otto-Vorstand zu unterstellen. Die Aufnahme unterschiedlicher Fremdinvestoren in den einzelnen Ländern ist seither erheblich erleichtert.
Otto-Finanzvorständin Petra Scharner-Wolf hatte bei der Bilanzvorlage gesagt, das Unternehmen könne sich eine Abgabe der Mehrheit bei den Hermes-Gesellschaften vorstellen. „Wir wollen aber eine Partnerschaft, bei der wir Einfluss behalten“, schränkte sie ein, ohne jedoch genau zu sagen, wie dieser Einfluss gesichert werden könne.
Schon vor anderthalb Jahren hatte der Hamburger Konzern ein Beratungsunternehmen mit der Firmenbewertung betraut. Angesichts der schmalen Erträge von Hermes soll der erzielbare Verkaufspreis jedoch so gering ausgefallen sein, dass sich Otto zunächst gegen die Veräußerung entschied. Den Wert drückte wohl auch, dass ein Großteil der Verteilzentren nicht Otto selbst, sondern der Schwesterfirma ECE gehört und nur gemietet ist.
Im Deutschlandgeschäft weiter defizitär
Im vergangenen Jahr ist der Bereich Services der Otto Group, der weitgehend aus dem Logistikgeschäft von Hermes besteht, nun in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt, was die Partnersuche offenbar wieder erleichterte.
In Deutschland ist Hermes immer noch defizitär, sei aber „auf gutem Weg“, wie Finanzvorständin Scharner-Wolf sagte. Branchenkreisen zufolge sollen die Verluste in zweistelliger Millionenhöhe gelegen haben.
Der deutschen Pakettochter setzt zum einen die preisaggressive Konkurrenz des Wettbewerbers DPD zu. Zum anderen drückt die Anhebung der Stundenlöhne die Rendite. Lange Zeit waren Paketfahrer unter dem heute geltenden Mindestlohn bezahlt worden.
Für Fedex wäre der Einstieg bei Hermes strategisch bedeutend. Der amerikanische Express-Riese ist bislang im europäischen Paketgeschäft nur mäßig aufgestellt und könnte im ersten Schritt seine Übersee-Sendungen über Hermes an die Haushalte verteilen lassen.
Dennoch beurteilen Experten das mögliche Engagement mit Skepsis. „Im europäischen Paketgeschäft sammelte Fedex schlechte Erfahrungen“, berichtet der Hamburger Logistikexperte Horst Manner-Romberg. „1992 zog sich der Konzern sogar schon einmal komplett aus diesem Segment zurück, was ihn mindestens 500 Millionen Dollar kostete.“
Otto-Chef Birken hatte gesagt, das Interesse von möglichen Partnern für Hermes sei hoch gewesen. Doch ein Teil der Kaufwilligen schied für Otto wohl aus.
So sollen Branchenkreisen zufolge unter anderem Amazon und die Logistikbeteiligung des chinesischen Onlinehändlers Alibaba Interesse signalisiert haben. Weil sich der Multichanel-Versender Otto damit aber die eigenen Wettbewerber ins Haus geholt hätte, sollen die Hamburger abgelehnt haben.
Mehr: Konzernchef Alexander Birken „Die Otto Group wird nach diesem Jahr ein anderes Unternehmen sein“