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Vereinsvorsitzender Dieter Görsch (links) und Reiner Mücke kreuzen Brotschieber und Birkenbesen.Foto: Thomas Ruttke
Volksfest in Streetz

21. Backhausfest wurde wegen Corona auf 2021 vertagt

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Streetz - Mit dem weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten und beliebten Backhausfest hat die Corona-Pandemie 2000 eine nächste Großveranstaltung geschluckt: Die Organisatoren vom Backhausverein Streetz haben jetzt die Reißleine gezogen und das traditionelle Fest für den September abgesagt.

„Unter den gegebenen Bedingungen und gesetzlichen Maßnahmen können wir ein Volksfest mit Hunderten Besuchern auf einem von drei Seiten zugänglichen freien Platz nicht verantworten“, sagt Vereinsvorsitzender Dieter Görsch. Das klingt endgültig, aber auch unverhohlen traurig. Zuletzt fand das Backhausfest noch am 14. September 2019 statt. Es war das 20.

Die Nummer 21 lässt nun auf sich warten. Der Verein aber hat dafür einen Plan und schon ein Datum im Kopf: Das 21. Backhausfest soll am 11. September 2021 stattfinden. Dann, wenn wieder Normalität das gesellschaftlichen Leben bestimmt.

Backhausverein Streetz wurde vor fast genau 20 Jahren gegründet

Das stille Dorfleben im nördlichen Zipfel von Dessau-Roßlau erhielt vor 20 Jahren einen erstaunlichen Anstoß. Fast auf den Tag genau wurde am 19. Mai 2000 im Gemeindehaus aus einer Interessengemeinschaft von heimatverbundenen Alt- und zugezogenen Neu-Streetzer der Backhausverein Streetz gegründet.

Die Initiativgruppe „Backhaus“ war bereits Mitte der 1990er Jahre aktiv geworden, als über die Dorferneuerungsprogramme Fördermittel aufs Land kamen, die Lottogesellschaft Sachsen-Anhalt die Schatulle öffnete und Bürger und Firmen Spenden für das alte Häuschen locker machten. Der Ofen wurde vollständig saniert, das Dach neu eingedeckt und Fenster und Tür erneuert. Nun nahm der junge Verein das Haus in Obhut.

Die 15 Gründungsmitglieder wollten das rund 200 Jahre alte Backhaus aus Feldstein, Tonziegeln und mit dem Schamottsteingewölbe aus seinem Dornröschenschlaf am Dorfteich wecken.

Brauchtumspflege und Wiederbelebung des dorfeigenen Backens fand Zuspruch

Die Idee von der Brauchtumspflege und Wiederbelebung des dorfeigenen Backens fand Zuspruch in der Neuzeit der Jahrtausendwende. Ausprobiert wurde das neue, alte Backhaus erstmals zu Pfingsten 2000. Die erste Probe-Charge mit fünf der kleinen, 500-Gramm-Brote aber war der totale „Schuss in den Ofen“, erinnert sich Reiner Mücke lachend. Die Neu-Bäcker hatten den historischen Ofen einfach zu heiß befeuert und zogen völlig verbrannte Brote aus dem Gewölbe. „Da fehlte einfach die Erfahrung und das alte Wissen“, erinnern sich Mücke und Görsch an die misslungene Generalprobe.

Die Premiere klappte im September umso besser beim 1. Backhausfest mit Bauernmarkt: Die Streetzer „Knubbel“ gelangen bestens und die kleinen Brote gingen weg wie warme Semmeln.

Erster Test mit Stollen

Nicht vom Brot (alias Knubbel) allein lebt der Streetzer Backhausverein. So werden zum Backhausfest nicht nur rund 560 Teiglinge in acht Schüben á 70 Stücke ausgebacken. Die Landfrauen schieben zwölf Bleche mit Speckkuchen dazu.

Neu versuchen will sich der Backhausverein im November 2020 erstmals beim Stollenbacken. Das zusätzliche Backwerk soll zunächst erst mal nur als Test für den Verein und im kleinen Kreis erprobt werden. So es Corona dann erlaubt.

2019 stand der auf 18 Leute ausgedünnte Verein auf der Kippe

Erfolg zieht Leute an. Zum Jahresende 2000 bereits hatte sich die Mitgliederzahl des Backhausvereins seit Gründung auf 30 verdoppelt. Von diesem alten Stamm halten bis heute elf Mitglieder dem Verein aktiv die Treue. Aktuell hat der Verein um Dieter Görsch, der 2016 den Vorsitz übernahm, wieder 30 Mitstreiter.

Das gelang aber nicht als Selbstläufer. 2019 stand der auf 18 Leute ausgedünnte Verein auf der Kippe. Die Gründungsväter waren ins Urgroßvateralter mit manchem Zipperlein gekommen und suchten händeringend Nachwuchs. Der letztlich im eigenen Dorf gefunden wurde. Junge Leute aus Streetz standen plötzlich auf der Matte, packten zu bei der Ausrichtung vom Backhausfest Nr. 20. Und kamen kurz darauf als neue Mitglieder zum Verein.

Der wiederum sieht seine Rolle nicht allein auf das Backhausfest reduziert, das seit Anbeginn mit Unterstützung der Streetzer Landfrauen läuft. Gebacken wurde außerdem für das Roßlauer Schifferfest und die Handwerkermesse. Die Vereinschronik berichtet auf ihren 459 Seiten von Kulturveranstaltungen und Ausflügen zu Orten mit Heimatgeschichte und Brauchtum. (mz)