Schwesig über Krebserkrankung

"Die Kapitänin geht als Letzte von Bord"

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"Irgendwie habe ich gedacht, das schaffst du jetzt auch noch."(Foto: picture alliance/dpa)

Trotz ihrer schweren Erkrankung entschließt sich Manuela Schwesig dazu, ihr Amt als Ministerpräsidentin weiter auszuüben. Die SPD-Politikerin absolviert einen Therapie-Marathon und führt Mecklenburg-Vorpommern durch die Corona-Krise. Mit Erfolg.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat sich erstmals ausführlich über den Kampf gegen ihre Krebserkrankung geäußert. Die vergangenen Monate hätten ihre "ganze Kraft gefordert. Wie soll es auch anders sein, wenn man gleich zwei Bedrohungen hat, die sich gegen einen wenden: die Bedrohung durch Corona für das Land, für die Bevölkerung. Und die Bedrohung durch die eigene Krankheit für mich", sagte sie der Wochenzeitung "Die Zeit".

Als die Pandemie begann, habe gerade das letzte Drittel ihrer Krebstherapie begonnen. "Die schlimmste Zeit lag zum Glück hinter mir", sagte die SPD-Politikerin. Deshalb habe sie auch beschlossen, als Ministerpräsidentin weiterzumachen. "Wenn wir jetzt von Ärzten, Schwestern und Verkäufern erwarten, dass sie an vorderster Front gegen die Pandemie kämpfen oder dass sie den Laden am Laufen halten - dann gilt das erst recht für mich als Ministerpräsidentin."

Ihr sei dabei klar gewesen, dass sie gesundheitlich ein besonderes Risiko eingehe - aber entschieden: "Die Kapitänin geht als Letzte von Bord. Irgendwie habe ich gedacht, das schaffst du jetzt auch noch." Die Zeit der Therapie habe sich wie ein Marathon angefühlt. "Man wird demütig vor dem Leben", sagte die 46-Jährige.

Schwesig hatte im September 2019 ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht. Damals habe sie das als einen "Befreiungsschlag" empfunden. "Ich hatte eine Zeit hinter mir, in der nur mein Mann und ich die Krebsdiagnose mit uns herumtrugen." Sie entschied damals, den kommissarischen SPD-Vorsitz, den sie zusammen mit Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel innehatte, niederzulegen. Das Amt der Regierungschefin in Schwerin behielt sie.

"So was kommt im politischen Alltag sonst nicht vor"

Nach ihrer überstandenen Brustkrebserkrankung wolle sie künftig stärker darauf achten, dass Politiker einander Wertschätzung entgegenbringen. "Ich nehme es mir für mich zumindest vor", sagte sie weiter. "Wenn man sich begegnet im politischen Betrieb, dann geht es oft um Probleme, dann ist wenig Zeit, einander zu fragen: Wie geht es dir?"

Als sie wegen ihrer Krebstherapie eine Runde der Ministerpräsidenten auf der Zugspitze verpasst hatte, habe sie im Anschluss aber eine Karte erhalten, auf der alle Kollegen unterschrieben hatten. "So was kommt im politischen Alltag sonst nicht vor." Überhaupt habe der öffentliche Zuspruch sie in den vergangenen Monaten sehr berührt. Sonst hätten Politiker häufig mit Wut und Anfeindungen zu tun. "Ich habe gelernt, dass die Gesellschaft oft viel menschlicher ist, als wir meinen."