Die große Kunst und das große Problem des Bruno Labbadia
Die Unbeständigkeit ist ein lästiger Begleiter in der Karriere des Trainers Bruno Labbadia. Er scheiterte am Ende stets krachend. Nun sucht er bei Hertha BSC nach dauerhaftem Erfolg. Keine leichte Aufgabe.
Mit Rasanz kennt sich Bruno Labbadia bestens aus. Insofern dürfte er nicht weiter überrascht gewesen sein, als er nach nur zwei Spielen für seinen neuen Arbeitgeber schon wie der kommende Welttrainer gefeiert wurde.
„Er geht gleich doppelt in die Hertha-Geschichte ein“, jubelte Manager Michel Preetz, während Präsident Werner Gegenbauer angesichts der raschen Jobwechsel in seinem Klub sekundierte: „Jetzt ist Ruhe in der Burg.“ Die Fans feierten derweil bereits ihren „Big Bruno“, obwohl sie ihn derzeit gar nicht live im Stadion verfolgen können.
In Berlin wiederholt sich aktuell das, was auf Labbadias sämtlichen Trainerstationen in der Bundesliga zu beobachten war. Er versteht es wie kein Zweiter, kurzzeitig alle mit ins Boot zu holen und binnen weniger Wochen und Monate erfolgreich zu sein. Doch das große Problem: Die Nachhaltigkeit ist nur von kurzer Dauer.
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Nun soll bei Hertha BSC endlich das gelingen, was vorher in Leverkusen, Hamburg, Stuttgart und Wolfsburg am Ende krachend scheiterte. Der Coach will dauerhaft reüssieren und sein Image als sprunghafter Feuerwehrmann ablegen. Es dürfte ein schwieriges Unterfangen werden.
Der Start in seine neue Mission verlief immerhin furios. Dem 3:0 bei der TSG 1899 Hoffenheim ließ er mit den Seinen ein überzeugendes 4:0 im Derby gegen Union folgen. Nun steht mit der Partie bei RB Leipzig am Mittwoch (18.30 Uhr, Sky) die nächste Reifeprüfung an. „Das ist ein Spiel, in dem man sich mit einer Topmannschaft messen kann, und wir werden versuchen, es genauso rauszuhauen, wie wir es die zwei Spiele gemacht haben“, sagt Labbadia vor dem Kräftemessen in Sachsen.
Chronisch unruhiger Klub
Schon jetzt darf er für sich verbuchen, den Abstand zum Relegationsplatz 16 seit seiner Inthronisierung im April auf zehn Punkte vergrößert und den chronisch unruhigen Hauptstadtklub kurzfristig geerdet zu haben. Nach Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri ist Labbadia bereits der vierte Trainer bei Hertha in dieser Saison, und nichts wünschen sie sich inzwischen sehnlicher als Kontinuität auf diesem Posten.
Doch nimmt man die Schaffenszeit bei seinen bisherigen Arbeitgebern zum Maßstab, könnte das Projekt Labbadia auch in Berlin schneller enden, als es Preetz und Gegenbauer lieb ist.
In Leverkusen überstand er während der Saison 2008/09 lediglich elf Monate im Amt. Zwar erreichte er mit Bayer das Pokalfinale gegen Werder Bremen – doch viel mehr als das 0:1 blieb ein vorher am Verein vorbei platziertes Interview in Erinnerung, in dem sich Labbadia bitter über Missstände und einen Mangel an Unterstützung beklagte. Sechs Tage später musste er gehen.
Es folgte eine Anstellung beim Hamburger SV. Doch auch beim Traditionsklub überstand der Trainer nicht mal eine Spielzeit. Am 26. April 2010 war die Liaison nach einem 1:5 gegen Hoffenheim beendet. Dass er den Verein zuvor ins Halbfinale der Europa League geführt hatte, vermochte seinen Rauswurf nicht zu verhindern.
20-monatige Jobsuche
Bei der folgenden Station, dem VfB Stuttgart, blieb Labbadia anschließend zwar immerhin zwei Jahre und acht Monate – so lange wie bei keinem anderen Klub. Doch nach dem Erreichen des Pokalfinales im Mai 2013 stellte sich auch in Schwaben kein nachhaltiger Erfolg ein. Am dritten Spieltag der nächsten Saison folgten die Entlassung und eine 20-monatige Jobsuche.
Dann heuerte er ein zweites Mal beim HSV an. Wieder mit den altbekannten Mustern: kurzfristiger Erfolg mit der Rettung in der Relegation gegen den Karlsruher SC, 16 Monate später die erneute unfreiwillige Demission.
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Selbiges Schauspiel wiederholte sich in Wolfsburg: Rettung in der Relegation gegen Holstein Kiel, dann immerhin Rang sechs in der Bundesliga – aber keine Fortsetzung der Trainertätigkeit. Es hieß, Labbadia habe zum Schluss keine Basis mehr für eine Zusammenarbeit mit VfL-Geschäftsführer Jörg Schmadtke gesehen.
Vielleicht darf man einem Trainer zugutehalten, dass er derartige Erfahrungen während seiner Laufbahn machen muss und darf. Aber Labbadia ist schon 54 Jahre alt, da sollten eine gewisse Routine und gelernte Gelassenheit zu den grundlegenden Charaktereigenschaften zählen. Rechnet man die Trainertätigkeit auf allen Bundesligastationen zusammen, kommt der frühere Stürmer auf eine durchschnittliche Verweildauer von 17 Monaten.
Das Phänomen Labbadia. Vielleicht ändert es sich in Berlin. Immerhin hat der Trainer den doppelten Eintrag in die Vereinshistorie nach dem ersten Derbysieg über Union im Olympiastadion und dem ersten Erfolg über den Stadtrivalen in der Bundesliga, wie Preetz meint, schon sicher. Ob er zum wahren Helden taugt, zeigt sich indes erst in den kommenden Monaten.
"Mir gefallen Labbadias Jubelläufe"
Quelle: Omnisport
4:0 gegen Union
Bei Hertha hakt es nur an der Vereinshymne