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Bild: fotolia.com
Zurich, Straumann und Co.

Verkaufswillige Schweizer Firmenlenker im Freudentaumel

Bei Zurich Insurance, Straumann oder Lindt&Sprüngli nutzen Firmenlenker das Aufbäumen an der Börse, um Kasse zu machen. Zu Recht? - Und: Vontobel wirft auf einer nicht ganz unumstrittenen Kaufempfehlung das Handtuch.

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Coronavirus-Pandemie, Wirtschaftskrise, Massenentlassungen – war da nicht mal was? Den breit gefassten Swiss Performance Index (SPI) trennen keine zehn Prozent mehr vom Rekordhoch vom Februar bei 13'570 Punkten. Das Minus gegenüber dem Stand von Ende Dezember schmolz zuletzt auf beinahe schon vernachlässigbare fünf Prozent.

Wobei mir die Aktionärinnen und Aktionäre der beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse oder der beiden Luxusgüterhersteller Swatch Group und Richemont an dieser Stelle wohl entschieden widersprechen würden. Sie haben im bisherigen Jahresverlauf schmerzhafte Kursverluste zu beklagen.

Ansonsten muss die Stimmung unter den hiesigen Marktakteuren allerdings als ausgelassen, wenn nicht gar als beängstigend sorglos umschrieben werden. Ausgelassen ist die Stimmung auch in den Teppichetagen einiger Unternehmen.

Denn dank dem Aufbäumen an der Börse lassen sich die den Firmenlenkern aus früheren Beteiligungsprogrammen zugeteilten Aktien zu vernünftigen Preisen versilbern. Ähnliches war schon vor wenigen Wochen zu beobachten. Damals wie heute trennten sich eines oder mehrere Geschäftsleitungsmitglieder von Lindt&Sprüngli von Partizipationsscheinen im Gegenwert von fast fünf Millionen Franken.

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Kursentwicklung der Partizipationsscheine von Lindt&Sprüngli über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Verübeln kann man ihnen das nicht, dürfte sich die Kursentwicklung beim Hersteller von Premiumschokolade zuletzt doch weit vom Tagesgeschäft abgekoppelt haben. Denn ganz ohne Spuren zu hinterlassen, wird der pandemiebedingte Abschwung nicht an diesem Traditionsunternehmen vorübergehen.

Ähnliches liesse sich von Temenos und Straumann behaupten. Bei der Genfer Bankensoftwareschmiede warfen ein oder mehrere Verwaltungsräte Aktien im Gegenwert von gut einer Million Franken auf den Markt, beim Dentalimplantatehersteller aus Basel für gut 1,7 Millionen Franken.

Und auch aus der Geschäftsleitung der Zurich Insurance Group und Givaudan wurde der Schweizer Börse SIX je ein Titelverkauf gemeldet.

Selbst im Wissen, dass solche Titelverkäufe zu dieser Zeit des Jahres keine Seltenheit sind, müssen diese als das verstanden werden was sie sind: Ein unmissverständlicher Anhaltspunkt dafür, dass sich der Aktienkurs bei einigen Unternehmen zuletzt wohl etwas zu sehr vom Tagesgeschäft abgekoppelt hat. Die in den letzten 24 Stunden vollzogenen Aktienplatzierungen bei Stadler Rail (RAG-Stiftung trennt sich von Titeln im Gegenwert von 210 Millionen Franken) und Sika (Saint-Gobain trennt sich von Titeln im Gegenwert von fast 2,6 Milliarden Franken) scheinen diese Einschätzung bestätigen zu wollen.

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Als Vontobel-Analyst Michal Lichvar in den letzten Dezembertagen 2017 eine Kaufempfehlung für die Aktien von Cicor Technologies aussprach, dürfte auch ihm klar gewesen sein, dass er damit ein Kursfeuerwerk zünden würde.

Denn zum einen galten die Valoren des kleinen Elektronikkonzerns aus dem neuenburgischen Boudry bis dahin als weitestgehend unentdeckt und zum anderen verlieh Lichvar seiner Kaufempfehlung mit einem geradezu atemberaubend hohen Kursziel von 73 Franken den nötigen Nachdruck.

Doch auch sonst war der Zeitpunkt gut gewählt, hatten etliche Grossinvestoren ihre Bücher auf den nahenden Jahreswechsel hin doch schon geschlossen. Wer sollte da noch entgegenhalten?

Und tatsächlich zog der Kurs der Aktien innerhalb von weniger als 48 Stunden um 20 Prozent an. Das Jahr 2018 war erst wenige Tage alt, da legte der Analyst mit einer weiteren Kaufempfehlung nach – und zündete damit gleich noch ein Kursfeuerwerk. Ein starkes Jahresergebnis sollte ihm wenige Wochen später Recht geben wollen.

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Kursentwicklung der schlecht handelbaren Cicor-Aktien seit der erstmaligen Kaufempfehlung vom Dezember 2017 (Quelle: www.cash.ch)

Wer sich damals allerdings nicht rechtzeitig verabschiedete, bezahlte rückblickend ein hohes Lehrgeld. Zuletzt kosteten die Aktien von Cicor Technologies keine 36 Franken mehr. Zur Erinnerung: Am Tag vor der ersten Kaufempfehlung waren es noch um die 50 Franken, in der Spitze im Januar 2018 sogar gut 80 Franken.

So laut und spektakulär die damalige Kaufempfehlung, so kleinlaut erfolgt nun der Handtuchwurf: Wie Vontobel schreibt, stellt sie die Abdeckung des Elektronikkonzerns im Zuge einer Überprüfung ihres Anlageuniversums und eines Analystenwechsels per sofort ein.

Am 20. Dezember 2017 schrieb ich:

Das Rezept ist denkbar einfach: Man nehme einen Nebenwert mit einem engen Markt und empfehle ihn mit einem geradezu aufsehenerregend hohen Kursziel zum Kauf. Bei Nebenwerten mit einem engen Markt wie Cicor Technologies einzusteigen, ist das eine - zu gegebener Zeit wieder aussteigen zu können etwas völlig anderes.

...und am 23. Mai 2018 dann:

In der Schweiz erfreuen sich Aktien mit einem engen Markt bei Analysten zunehmender Beliebtheit. Trittbrettfahrer seien an dieser Stelle gewarnt, dass der enge Markt bei schlecht handelbaren Nebenwerten in beide Richtungen "kurstreibend" sein kann. Nicht selten gilt die Devise: Den Letzten beissen die Hunde.

Das Nachsehen haben einmal mehr vor allem die Anleger, die sich in all den Jahren vom unwiderstehlich hohen Kursziel zum Einstieg verleiten liessen.

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