krone.at-Kolumne
Politiker müssen Corona-Vorbilder sein
by krone.atDie Entschuldigung des Bundespräsidenten zum Corona-Verstoß in Ehren, aber: Wenn selbst Politiker jene Regeln brechen, die sie der Bevölkerung auferlegen, wiegt das doppelt schwer. Der Bürger fühlt sich zu Recht gefrotzelt.
Da wird der Polizeibeamte Augen gemacht haben, als er zu später Stunde auf Streife ausgerechnet auf den Bundespräsidenten traf: Trotz Virus-bedingter Sperrstundenverordnung saß der nämlich mit seiner Ehegattin samt Getränken im Schanigarten eines Innenstadtlokals. Eines ist jedenfalls sicher: Van der Bellen ist wohl der erste und einzige Mann, der dafür Probleme bekommt, weil er mit der eigenen Frau beim Ausgehen erwischt wurde.
Vorbildwirkung ist Teil des Jobs
Lässt man das Augenzwinkern beiseite, ist die Corona-Übertretung des Bundespräsidenten allerdings so gar kein Ruhmesblatt. Auch für ihn muss gelten: Ein Politiker muss Vorbild sein. Das ist ein Teil der Job-Beschreibung, dafür wird er zu einem Gutteil von uns allen bezahlt. Und diese Aufgabe hat er an dem lauen Vorsommer-Abend nicht erfüllt. Das ist gerade beim sonst so staatsmännischen Präsidenten eine Enttäuschung.
Manche Menschen sind eben gleicher
Natürlich ist das Gläschen Wein mit der Gattin nicht der größte Frevel unter der Sonne. Andere Politiker haben sich gerade in der jüngeren Vergangenheit viel ärgere Fehltritte geleistet. Dennoch hinterlässt es den Eindruck, dass manche Menschen eben gleicher sind als andere. Schon alleine deswegen ist es nicht damit getan, Kritik am Präsidenten damit wegzuwischen, dass das „alles ja nicht so schlimm“ sei.
Glaubt der Bundespräsident selbst nicht an die Maßnahmen?
Der einfache Bürger hat völlig recht, wenn er sich gefrotzelt vorkommt. Nach Monaten des Verzichts und der Geduld, aber auch der Durchhalteparolen und Solidaritätsappelle vonseiten der Politik hinterlässt die Sperrstunden-Übertretung ein ungutes Gerüchle. Glaubt etwa selbst unser Bundespräsident nicht an die Sinnhaftigkeit der monatelang gepredigten Maßnahmen? Diesen Eindruck könnte man zumindest gewinnen, zumal er sich ja selbst nicht daran hält.
Immerhin: Van der Bellen hat seinen Fehler ohne peinliche Ausflüchte eingestanden und sich entschuldigt. Das ist - wie man an anderen Beispielen gesehen hat - nicht selbstverständlich. Er habe sich mit seiner Gattin verplaudert und die Zeit übersehen.
Es wird noch der Tag kommen ...
Ein menschlicher Fehler, der auch jedem anderen hätte passieren können. Oder, um es anders zu sagen: Es wird noch der Tag kommen, wo wir alle Österreicher bitten müssen, aus Solidarität mit dem Bundespräsidenten ein Glaserl Wein zu trinken. Prost!
Katia Wagner