Schwere Nebenwirkungen möglich

Paris verbietet Hydroxychloroquin bei Corona

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Noch im März hatte Frankreich es erlaubt, Patienten mit schwerer Corona-Erkrankung das umstrittene Malariamittel zu verabreichen.(Foto: AP)

Frankreich rudert zurück - das Malaria-Medikament Hydroxychloroquin darf bei einer schweren Covid-19-Erkrankung fortan nicht mehr eingesetzt werden. Die Sicherheitsbedenken sind nach neusten Forscher-Ergebnissen zu groß. Indien geht jedoch genau den anderen Weg.

Frankreich verbietet das umstrittene Malariamittel Hydroxychloroquin zur Behandlung von Covid-19-Patienten. Die Regierung zog dazu ein Dekret zurück, das Krankenhausärzten die Verabreichung des Mittels zur Behandlung schwerer Formen der durch das Coronavirus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 erlaubt.

Frankreich hatte Ende März entschieden, den Einsatz des Wirkstoffs im Krankenhaus und unter besonderen Umständen zu gestatten. Bei einigen Patienten wurden jedoch schwere Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen festgestellt, die bis zum Tod führen können. Die Arzneimittelbehörde stoppte die Anwendung daraufhin.

Erst vor zwei Tagen hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO angekündigt, eine große klinische Studie mit dem Malariamittel an Corona-Patienten wegen Sicherheitsbedenken zu stoppen. Bis Mitte Juni erwartet die WHO eine Überprüfung der Daten. Dann soll eine endgültige Entscheidung über den Nutzen von Hydroxychloroquin getroffen werden.

Der Grund für den Stopp ist eine Studie im renommierten medizinischen Fachmagazin "The Lancet". Hier hatten Forscher der Harvard Medical School in Boston und des Universitätsspitals Zürich die Daten von 96.000 Patienten in Hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin sowie der verwandte Wirkstoff Chloroquin nicht nur keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten haben, sondern möglicherweise wegen schwerer Nebenwirkungen sogar das Sterberisiko erhöhten.

Hydroxychloroquin und Chloroquin werden seit Langem als Mittel gegen Malaria eingesetzt. Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Patienten mit der vom Coronavirus ausgelösten Atemwegserkrankung Covid-19 ist hingegen nicht erst seit der Studie in "The Lancet" umstritten.

Donald Trump hat Einnahme von "Gottesgeschenk" beendet

Dennoch priesen die Regierungen mehrerer Länder in den vergangenen Wochen und Monaten Hydroxychloroquin als Mittel gegen das Coronavirus an. US-Präsident Donald Trump lobte das Medikament und teilte mit, er nehme es zur Vorbeugung gegen das Coronavirus ein. Am Sonntag sagte Trump dann allerdings in einem Interview, er habe die Einnahme des Mittels inzwischen beendet.

Auch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro rühmte Hydroxychloroquin. Nach den Warnungen der WHO teilte das Gesundheitsministerium in Brasília am Montag mit, es empfehle das Mittel weiterhin gegen Covid-19. Auch in Algerien soll das Mittel weiterhin bei Covid-Patienten eingesetzt werden. "Wir haben keine unerwünschten Nebenwirkungen festgestellt", sagte das Mitglied des beratenden Wissenschaftsgremiums, Ärzteverbandschef Mohamed Bekkat.

Der beim Kampf der indischen Regierung gegen die Pandemie federführende Rat für Medizinische Forschung (ICMR) empfiehlt seit Anfang der Woche auch offiziell die Einnahme von Hydroxychloroquin zur Vorbeugung gegen das Coronavirus. Das Malaria-Medikament verursache "keinen Schaden" und "könne vielleicht Nutzen haben", sagte ICMR-Generaldirekor Balram Bhargava.

Personal des Gesundheitswesens soll nach den Vorgaben des ICMR das Malaria-Mittel bis zu mehrere Wochen lang einnehmen, allerdings unter strenger medizinischer Aufsicht. Aus Indien kommen 70 Prozent der weltweiten Produktion von Hydroxychloroquin. In dem Land wurden bis Dienstag 145.380 Coronavirus-Infektionsfälle sowie 4167 Todesfälle verzeichnet.

Eine Wirksamkeit der Malaria-Arznei gegen das Coronavirus ist EU-Experten zufolge nicht nachgewiesen, gegenwärtig laufen mehrere Studien. Die US-Arzneimittelaufsicht FDA hat bereits vor schweren Nebenwirkungen beim Einsatz von Hydroxychloroquin bei Covid-19-Patienten gewarnt.