„Kein Guter wollte zu uns kommen“
Elon Musk machte sich selbst zum Chefingenieur von SpaceX
++ Sehen Sie den Raketenstart LIVE bei BILD! ++
Washington – SpaceX will Geschichte schreiben – mit seiner ersten bemannten Mission zur Internationalen Raumstation ISS am Mittwochabend. Dabei ist das Unternehmen von Tesla- und Paypal-Gründer Elon Musk nicht einmal 20 Jahre alt und hatte wahrlich keinen leichten Start ...
Es hätte nämlich nicht viel gefehlt und SpaceX wäre pleite gegangen. Die ersten drei Starts der Falcon-1-Rakete habe er „verpatzt“, erinnerte sich Musk 2017. Der vierte Start am 23. September 2008, in den die letzten Firmenmittel flossen, glückte schließlich. „Hätte der vierte Start nicht geklappt, wäre das das Ende für SpaceX gewesen“, sagte Musk. Dieser Durchbruch der Space Exploration Technologies Corp. sechseinhalb Jahre nach ihrer Gründung grenzt an ein Wunder.
„Wir haben mit nur ein paar Leuten angefangen, die nicht wirklich wussten, wie man Raketen baut“, plauderte der Firmenchef später aus. Dass er selbst Chefingenieur von SpaceX geworden sei, sei aus der Not heraus entstanden: „Kein Guter wollte zu uns kommen“, sagte Musk.
Bei der elften Mitarbeiterin, die Musk bei SpaceX einstellte, hatte der im Silicon Valley zu einem Vermögen gekommene Südafrikaner jedoch Glück. Gwynne Shotwell, damals verantwortlich für Geschäftsentwicklung, wurde schnell Musks rechte Hand. „Elon hat die Vision, aber man braucht jemanden, der den Plan ausführen kann“, sagt Scott Hubbard, der früher ein Nasa-Forschungszentrum leitete und heute an der Elite-Uni Stanford lehrt. Und dieser Jemand sei Shotwell.
Musk und seine rechte Hand Gwynne Shotwell erwiesen sich als Traum-Duo für schwierige Missionen.
Die studierte Ingenieurin beschreibt sich selbst als „Nerd“ mit einer sehr pragmatischen Herangehensweise. „Ich habe keinen einzigen kreativen Knochen in meinem Körper“, sagte Shotwell 2013. „Ich bin eine Analytikerin und ich liebe das.“
Während Musk also seine Vorstellungen von einer Besiedlung des Mars schildert, pflegt Shotwell Kontakte und bereitet wirtschaftliche Präsentationen vor. 2008 wurde sie Präsidentin und leitende Geschäftsführerin von SpaceX.
Zwei Jahre zuvor war der Firma ein wahrer Coup gelungen: Mit damals nur 80 Mitarbeitern ergatterte sie einen Vertrag mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa über die Entwicklung eines Versorgungsraumschiffs für die ISS. 2012 lieferte SpaceX: Eine unbemannte Dragon-Kapsel dockte als erstes Raumfahrzeug einer Privatfirma an der ISS an!
2015 gelang es SpaceX nach vielen Rückschlägen und Unfällen dann, die erste Stufe seiner Falcon-9-Rakete nach einem Flug ins All wieder sicher auf der Erde landen zu lassen. Damit begann die Ära wiederverwendbarer und damit günstigerer Raketen.
Zur Kosteneffizienz bei SpaceX trägt auch bei, dass die Raketenkomponenten in Hawthorne nahe Los Angeles alle unter einem Dach gebaut werden. Musks Unternehmen vermeidet damit lange Lieferketten wie bei Luftfahrt-Riesen wie Boeing und Lockheed Martin.
Musks und Shotwells Strategie überzeugt offenbar viele Kunden: In den vergangenen drei Jahren brachte SpaceX mehr Raketen ins All als das etablierte europäische Raumfahrtunternehmen Arianespace. Bei SpaceX sei es eben nur halb so teuer, erläutert Branchenexperte Phil Smith von Bryce Tech.
Die kommerziellen Erfolge nutzen SpaceX auch bei staatlichen Aufträgen. Am Mittwoch soll seine Falcon 9 nun erstmals US-Astronauten zur ISS bringen, Musk will aber auch die nächste Mondfähre der Nasa bauen.
Die etablierten Konkurrenten werfen Musk und seinen mittlerweile rund 8000 Mitarbeitern bei SpaceX Arroganz vor. Dahinter stecke allerdings, dass SpaceX „ihre Art, Geschäfte zu machen, und ihr Auskommen bedroht“, sagt die frühere Nasa-Vizechefin Lori Garver. Heute ist es an Shotwell, die Konkurrenz zu belehren. „Man muss diese harten Lektionen lernen“, sagte die 56-Jährige zu Monatsbeginn. Andere in der Raumfahrtindustrie schreckten zu sehr „vor dem Scheitern in der Entwicklungsphase“ zurück.