Markus Lanz gibt Gast Steilvorlage - der wirft Angela Merkel „Märchen“ vor
Hitzige Debatte im ZDF
by Patrick MayerBei Markus Lanz im ZDF geht es hoch her. Ein Virologe ist wegen Corona über Thüringens Bodo Ramelow verwundert, ein Ökonome erhebt schwere Vorwürfe gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
- Debatte zur Corona-Krise*: Bei Markus Lanz im ZDF geht es hoch her.
- Virologe Dr. Martin Stürmer kritisiert Bodo Ramelows Coronavirus*-Vergleich mit HIV schwer.
- Ein Ökonome zerpflückt die Politik der Bundesregierung Angela Merkel zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie*.
München/Erfurt - Lockerungen, Lockerungen, Lockerungen - Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) polarisiert in der Corona-Krise in Deutschland.
Während sich mancher Bürger über den Drang Ramelows nach immer mehr Normalität in der Coronavirus-Pandemie mutmaßlich freuen dürfte, geht der Vorstoß aus Erfurt insbesondere Bayerns Regierung viel zu schnell - vor allem Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Corona in Deutschland: HIV-Vergleich von Bodo Ramelow polarisiert
Ramelow wurde in den vergangenen Tagen aber auch nicht immer eine glückliche Wortwahl bescheinigt - gerade sein Corona-HIV-Vergleich polarisierte gewaltig.
„Sich zu schützen ist eine hochpersönliche Aufgabe. Man kann sich auch vor HIV nur selbst ganz persönlich schützen. Da helfen weder Verordnungen noch Verbote. Und so werden die Menschen auch lernen müssen, mit dem Erreger Sars-CoV-2 zu leben“, hatte der 64-jährige Regierungschef aus Thüringen gesagt.
Dafür bekam er nun vom Virologen Dr. Martin Stürmer aus Frankfurt ordentlich was zu hören, einem führenden Experten in der Forschung zum HI-Virus. „Das ist etwas anderes als HIV. Ich finde, der Vergleich hinkt gewaltig“, sagte Stürmer in der Sendung Markus Lanz im ZDF, in der auch über den Streit zwischen seinem Kollegen Christian Drosten und der Bild Zeitung gesprochen wurde.
Coronavirus-HIV-Vergleich: Virologe ist irritiert von Thüringens Bodo Ramelow
Stürmer zog mit Verweis auf Ramelows Aussagen selbst einen Vergleich. „Ich kann, wenn ich es vermeiden will, mich in meiner Wohnung einsperren, den Schlüssel wegschmeißen und nicht mehr rausgehen. Das ist die Möglichkeit, wie ich mich davor (vor dem Coronavirus, d. Red.) schützen kann“, erklärte der Frankfurter Wissenschaftler: „Wir sind auf ganz, ganz dünnem Eis. Wir sind noch nicht so weit, wir sind nicht auf der sicheren Seite.“
Es blieb nicht das einzige hitzige Thema bei Markus Lanz - so diskutierten die Gäste auch eifrig über die wirtschaftliche Bewältigung der Corona-Krise eifrig. Moderator Lanz begrüßte unter anderem den Wirtschaftswissenschaftler Daniel Stelter.
Corona-Kritik an Angela Merkel: „Märchen vom reichen Deutschland“
„Es gab eine Zeit, da wurde uns allen schwindelig, wenn statt von Millionen plötzlich von Milliarden die Rede war. Mittlerweile reden wir von Billionen, atemberaubende Summen, für die Deutschland irgendwann womöglich geradestehen muss“ sagte Lanz und zitierte den Ökonomen ein paar Meter neben ihm: „Unsere Regierung wird nicht müde, das Märchen vom reichen Deutschland zu erzählen. Die Wahrheit ist: Wir haben nicht vorgesorgt; wir verteilen Geld, das wir nicht mehr haben; und gleichzeitig zerfällt unsere Infrastruktur.“
Stelter nickte zustimmend, erkannte offensichtlich seine Zitate wieder - schwere Vorwürfe also gegen die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
„Wir haben die letzten Jahre schon gespart. Aber es waren ja nicht die Politiker, die gespart haben, sondern die Bürger haben dem Staat geholfen, zu sparen - über unsere Steuern und Abgaben“, so Stelter dann. Was genau er mit seiner Kritik meint?
Ökonome zur Corona-Krise: Deutschland solle Italien direkt Geld schenken
Er wählte ein Beispiel: So würde Italien über den „Merkel-Macron-Plan von uns deutschen Steuerzahlern ungefähr 135 Milliarden Euro geschenkt bekommen. Das ist das, was da faktisch passiert. Die EU nimmt gemeinsam 500 Milliarden Euro auf, gibt das den von der Krise betroffenen Ländern“, erklärte er und teilte seine Meinung vor Millionenpublikum: „Das sind nicht wir, das sind Italien und Spanien, auch Frankreich möchte gerne etwas davon haben. Und hinterher zahlt jeder einen Anteil an den Tilgungen - unser Anteil ist ungefähr 30 Prozent.“
Stelter ging in seiner Argumentation in die Offensive. „Ich bin dafür: Wir sollten Italien direkt Geld schenken und das auch so sagen. Damit kommen wir besser an, weil sie dann auch wissen, dass sie Geld geschenkt bekommen“, meinte er und führte aus, dass italienische Privat-Haushalte aber viel weniger Schulden als die deutschen Privat-Haushalte hätten.
Corona-Pandemie: Ökonome fordert von Bundesregierung Merkel Investitionen
„Die deutschen Privat-Haushalte haben ungefähr 60 Prozent Bruttoinlandsprodukt-Schulden, die Italiener 40 Prozent. Wenn Sie die Gesamtschulden anschauen, Privat-Haushalte und Staat, ist Italien eines der solidesten Länder in Europa, neben Österreich und Deutschland. Der Schulden-Sünder ist Frankreich“, erklärte er.
Der Ökonome meinte weiter: „Die Italiener könnten ihr Staatsschulden-Problem (geschätzt 2500 Milliarden Euro, d. Red.) problemlos lösen, indem sie ihr Privatvermögen höher besteuern.“
Geht die Bundesregierung Merkel das Problem also völlig falsch an? Zahlt Deutschland in der Corona-Krise für andere Länder, die sich auch selbst mehr helfen könnten?
Stelter hatte in jedem Fall noch einen Rat; „Wir brauchen nicht zu sparen nach der Krise, wir müssen investieren.“
pm
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