Urlaubstipps
Wo Deutschland ein wildes Land ist
Fernreisen gestalten sich diesem Jahr schwierig. Doch auch Deutschland hat schöne Ecken - und einsame Orte.
Auch die Heimat kann schön sein: In diesem Jahr dürften viele Deutsche ihren Sommerurlaub im eigenen Land verbringen. Dabei gibt es einige Regionen, die wild und ursprünglich oder besonders einsam sind – oder gleich beides. Eine Auswahl:
Bayern: Auf dem Rad reist man in seinem eigenen Tempo – zum Beispiel auf dem Iller-Radweg entlang des gleichnamigen Flusses. Die Route führt über 146 Kilometer vom bayerischen Oberstdorf im Allgäu bis nach Ulm, wo die Iller in die Donau mündet – die Stadt mit dem berühmten Ulmer Münster liegt bereits in Baden-Württemberg. Wenn unterwegs der Schweiß läuft, können sich Radwanderer in der Iller abkühlen.
Die Allgäuer Töpferkünstlerin Sophie Mische empiehlt den Auwaldsee bei Fischen als ihren Lieblingsplatz an der Route. Dort ist allerdings Badeverbot. Dafür lasse sich beim Spaziergang um den See die herrliche Aussicht genießen.
Tipp für Bergprofis: Wen es hoch hinauf zieht, der kann sich am Jubiläumsgrat versuchen, der auf dem Gipfel der Zugspitze beginnt - eine fordernde hochalpine Tour. Allzu voll dürfte es dort nicht werden – schließlich sind Kondition, absolute Schwindelfreiheit und Klettertechnik notwendig. Nur bei gutem Wetter machen und im Zweifel mit Bergführer gehen.
Mecklenburg-Vorpommern: Die Mecklenburgische Seenplatte kennt jeder – warum nicht mal ein Küstenmoor kennenlernen? Das geht östlich von Graal-Müritz im Großen Ribnitzer Moor. Ein neun Kilometer langer Exkursionspfad mit Infotafeln führt durch die Landschaft. Wer Glück hat, bekommt den Blauen Moorfrosch zu Gesicht.
Soll es doch die Seenplatte sein, empfiehlt der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommerns die Ivenacker Eichen. Sie sind um die 1000 Jahre alt und zählen zu den ältesten Bäumen in Deutschland. Besucher finden dort auch einen der beliebten Baumwipfelpfade.
Nordrhein-Westfalen: Als eine „Oase im Alltag“ bewirbt die Touristikzentrale Paderborner Land die Moosheide. Das Naturschutzgebiet in der Senne in Ostwestfalen sei eher weniger bekannt. Es liegt in der Region des Teutoburger Walds unweit der Grenze zu Niedersachsen, dort entspringt auch die Ems. Rundwanderwege führen über Dünen und durch Täler, zu offenen Heideflächen und durch Kiefernwälder.
In der Moosheide lebt auch die älteste Pferderasse Deutschlands. Die Senner Wildpferde wurden im Jahr 1160 zum ersten Mal erwähnt und lassen sich von Ende April bis Ende Oktober beobachten. Ein Wildweideprojekt hat dafür gesorgt, dass die Tiere in ihre alte Heimat zurückkehren konnten.
Schleswig-Holstein: Wer Eisvögel, Seeadler und Kraniche sehen möchte, ist im Naturpark Lauenburgische Seen richtig. Der älteste Naturpark Schleswig-Holsteins liegt südlich von Lübeck und östlich von Hamburg und bietet eine eiszeitliche Hügellandschaft aus Seen, Wäldern, Wiesen und Feldern. Der Park selbst wirbt mit einer Landschaft „wie auf Gemälden alter Meister, lieblich, weich und zugleich geheimnisvoll und mystisch, aufregend und mächtig“. Im Frühjahr blüht der Raps, Reetdächer und Fachwerke liefern pittoreske Fotomotive.
Eine Alternative in Deutschlands nördlichstem Bundesland ist das Naturschutzgebiet Geltinger Birk, weit im Norden am Meer. Dünen, Sümpfe und lichte Wälder laden zum Wandern und Radeln ein. Dort wurde auch die Ponyrasse Konik ausgewildert.
Niedersachsen: Aktivurlaub in der Natur ist etwa im Weserbergland angesagt. Dort wartet der Naturpark Solling-Vogler auf Wanderer und Erholungsbedürftige. Gäste können einen 40 Meter hohen „Klimaturm“ im Wald erklimmen, während eine Erdhöhle den Blick auf Baumwurzeln freigibt. Zudem gibt es Klöster, Ausgrabungsstätten, wild lebende Exmoor-Ponys, Mountainbike-Trails und einen Wildpark. Für wildromantische Gefühle sorgt alternativ der Naturpark Elbhöhen-Wendland mit reichlich Wald-und-Wiesen-Charme, Heideflächen und Streuobstwiesen. Charakteristisch für die Region sind gut erhaltene, historische Rundlingsdörfer.
Baden-Württemberg: Erkundungen zu Wasser können Ausflügler im Naturschutzgebiet Taubergießen unternehmen. Im traditionellen Stocherkahn geht es durch die verwunschene Auenlandschaft am südlichen Oberrhein. Wer sich mit Vögeln auskennt, kann dort vielfältigsten Stimmen lauschen. Und vielleicht lässt sich sogar ein seltener Sumpfbiber erspähen.
Einen Hauch von Nordamerika und urzeitlicher Größe vermitteln wiederum die Mammutbäume im Exotenwald in Weinheim. Schlossherr Christian Freiherr von Berckheim ließ dort 1872 die ersten Bäume pflanzen, heute gibt es etwa auch chilenische Andentannen und japanische Magnolienbäume – eine Art botanische Weltreise.
Brandenburg: Freunde des Waldes könnten in der Uckermark ihre Freude haben. Der idyllische Buchenwald Grumsin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin zählt zum Unesco-Weltnaturerbe, ist allerdings wohl schon kein Geheimtipp mehr. Eine geschützte Flussaue ist in Brandenburg im Nationalpark Unteres Odertal zu finden. Dort leben auch viele Wasservogel-Arten.
Thüringen: Wer gerne am Wasser ist, dürfte den Naturpark Thüringer Schiefergebirge – Obere Saale mögen. Entlang der Saale, an Stauseen und auf Höhenzügen lässt sich dort die Natur genießen. Der Hohenwarte-Stausee mit seiner 412 Meter breiten Mauer ist der viertgrößte Deutschlands. In den Wäldern leben Tiere wie der Feuersalamander, der Rauhfußkauz und der Schwarzstorch.
Noch ein Thüringen-Tipp: das Schwarzatal am Rennsteig. Das Tal erstreckt sich von der Quelle der Schwarza bis zur Mündung in die Saale bei Rudolstadt. Die Region rühmt sich mit ihrer Vielfalt an Kräutern, von denen einige zu Heilzwecken verwendet werden.
Sachsen: Sportlich abseits der Massen - zum Beispiel beim Segeln, Surfen, Wakeboarden oder Stand-up-Paddling im Leipziger Neuseenland. Alte Tagebaulöcher aus der Braunkohle-Ära liefen dort langsam voll und haben somit eine neue Bestimmung gefunden. Ist zwar nicht in dem Sinne wild und ursprünglich, fühlt sich aber oft so an. Mehr Ruhe und Naturerlebnis bietet in Sachsen die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft: Unesco-Biosphärenreservat und das größte zusammenhängende Teichgebiet in Deutschland.
Sachsen-Anhalt: Wer es richtig einsam mag, ist in der Altmark richtig. Die Gegend ist so fernab vom Schuss, dass sie mit dem Slogan „Wenn Sie mal niemanden mehr sehen wollen“ warb. Die Not wurde zur Tugend: Landflucht als touristischer Standortfaktor. Die Natur hat man dort in weiten Teilen fast für sich allein. Wem das aufs Gemüt schlägt, der besichtigt Stendal, Tangermünde oder Salzwedel.
Hessen: Zur Wiederentdeckung des Waldes als Erholungsgebiet lädt auch Hessen ein. Der Rheinhardswald lockt als eines der einsamsten Waldgebiete Deutschlands. Ein idyllisches Flüsslein gibt es auch: die Holzape.
Im Naturpark Hoher Vogelsberg erwartet Besucher ebenfalls eine urige, wilde und ursprüngliche Natur. Als eines der schönsten Täler wird dort das Obere Niddertal angepriesen.
Rheinland-Pfalz: Von seinen Gegensätzen aus rauen Höhenzügen bis 570 Meter und tief eingeschnittenen Flusstälern lebt der Islek, der nördliche Teil des Naturparks Südeifel. Die Landschaft hat teils einen fast spröden Charakter. Im Spätsommer werden Wanderer mit leuchtend bunten Eichen- und Buchwäldern belohnt. Waldfreuden bietet in dem Bundesland natürlich auch der Pfälzerwald.
Saarland: Im kleinen Saarland können Ausflügler der (gefühlten) Enge der Städte und Dörfer zum Beispiel im Naturpark Saar-Hunsrück entgehen. Dort streifen Marder, Biber, Fuchs und Dachs durchs Unterholz – und sogar die selten gewordene Wildkatze. Wer richtig Energie loswerden möchte, begibt sich auf den 410 Kilometer langen Saar-Hunsrück-Steig, einen der beliebtesten Weitwanderwege in Deutschland.
Berlin: Für Großstädter ist es nicht so leicht, einsame und weitläufige Landschaften zu finden, ohne ins Umland zu fahren. In der Hauptstadt empfiehlt Visit Berlin den Natur-Park Schöneberger Südgelände als noch weniger überlaufenes Erholungsziel. Auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Tempelhof ist dort über die Jahre ein dschungelartiger Wald entstanden, der sich auf Spaziergängen erkunden lässt. Lok-Halle, Brückenmeisterei und Wasserturm erinnern an früher.
Die angeblich „längste Grünfläche Berlins“ liegt in Marzahn-Hellersdorf: Der Wuhletalweg führt dort über 15 Kilometer von Ahrensfelde bis zur Mündung der Wuhle in die Spree.
Hamburg: In Hamburg erstreckt sich wiederum die Wildnis des Duvenstedter Brooks – ein Naturschutzgebiet aus Mooren, Heidefläche und Bruchwäldern, das zum Spazieren und Radeln einlädt. Die Landschaft entstand vor rund 15.000 Jahren nach der letzten Eiszeit. Ein weiteres Ziel ist das Alte Land, eines der größten Obstanbaugebiete Europas. Zur Apfelblüte ist es dort besonders schön, auch sonst lässt sich dort die Natur genießen – vor allem per Fahrrad.
Bremen: Die Luneplate direkt an der Weser in Bremerhavens Süden ist ein Feuchtgebiet, in dem Besucher Wasserbüffel beobachten können. Die Lune ist ein Nebenfluss der Weser, die Luneplate eine Halbinsel. Die Umgestaltung des hafennahen Geländes in ein Rückzugsgebiet für Vögel und Domizil für Brut-, Rast- und Zugvögel wurde 2016 mit dem Europäische Hafenpreis ausgezeichnet. Die Luneplate sei ein „Hidden Place“, so die Touristikgesellschaft. Selbst mancher Bremerhavener kenne die Schönheit des Ortes nicht. (Philipp Laage, dpa)