«Jetz si mir draa»
Solothurner Regierung lehnt Steuersenkungs-Initiative klar ab
by sda/wasc,jagmNein zur Volksinitiative: Der Solothurner Regierungsrat lehnt die Volksinitiative «Jetz si mir draa» ab. Die Initiative habe gravierende Steuerausfälle zur Folge. Kanton, Einwohnergemeinden und Kirchgemeinden könnten sich das nicht leisten, sagte Finanzdirektor Roland Heim am Mittwoch vor den Medien. Die Umsetzung der Initiative würde zu einem Leistungsabbau vor allem bei der Bildung, im Gesundheits- und Sozialbereich sowie bei der Infrastruktur führen.
Das will «Jetz si mir draa»
Das Initiativkomitee mit den Kantonsräten Urs Unterlerchner (FDP, 3.v.l.), Christine Rütti (SVP, 3.v.r.) und Remy Wyssmann (SVP, 1.v.r.) fordert deutlich tiefere Einkommenssteuern im Kanton Solothurn. Die Volksinitiative verlangt, dass die Steuerbelastung ab 2023 noch maximal 20 Prozent über dem Schweizer Durchschnitt liegt und bis 2030 auf den Schweizer Durchschnitt gesenkt wird. Die Forderung war in Rekordzeit von über 3000 Personen unterschrieben worden.
Warnung vor Steuerausfällen: Die Solothurner Regierung rechnet mit Ausfällen von über 300 Millionen Franken pro Jahr für Kanton, Einwohnergemeinden und Kirchgemeinden. Das sei nicht einmal in guten Zeiten verkaftbar, geschweige denn jetzt zu Beginn einer Wirtschaftskrise, meint die Regierung.
Die finanziellen Auswirkungen gemäss Regierung
Beträge in Mio. Franken pro Jahr | CH-Durchschnitt +20% (ab 2023) | CH-Durchschnitt (ab 2030) |
Kanton | -63.23 | -131.50 |
Einwohnergemeinden | -71.75 | -149.20 |
Kirchgemeinden | -11.55 | -24.03 |
Total | -146.53 | -304.73 |
«Irreführende Verpackung»: Dass die Initiative im Titel eine Steuersenkung für mittlere und tiefe Einkommen verspricht, im Initiativtext dann aber für alle die Steuern senken will, sei irreführend, kritisiert Finanzdirektor Roland Heim. Zudem würden Kanton und Gemeinden einer eigenständigen Finanzpolitik beraubt, wenn Solothurn seine Steuern immer automatisch dem Schweizer Durchschnitt anpassen müsste, wie es die Initiative verlange.
Ja zu einer weniger massiven Steuersenkung: Der Solothurner Regierung geht die Initiative «Jetz si mir draa» also viel zu weit. Die Einkommenssteuern senken will sie aber durchaus. Ein erster Schritt sei bereits mit dem Paket der Unternehmenssteuer-Reform erfolgt: Rückwirkend auf Anfang Jahr wurde die Steuerbelastung der tiefsten Einkommen im Kanton unter den schweizerischen Durchschnitt gesenkt. Und noch dieses Jahr will die Regierung einen Parlaments-Auftrag umsetzen, der eine weitere Entlastung für mittlere und tiefe Einkommen im Umfang von 30 Millionen pro Jahr verlangt.
Herumschrauben am Steuergesetz: Die Regierung hat zudem am Mittwoch eine Steuergesetz-Revision angekündigt. Das Ziel ist, die Einkommenssteuern weiter zu reduzieren. Nächstes oder übernächstes Jahr werde man die Revision dem Volk vorlegen, sagte Finanzdirektor Roland Heim. Allerdings: Der Finanzhaushalt soll trotz Revision im Gleichgewicht gehalten werden. Das heisst: Würden die Einkommenssteuern gesenkt, würden im Gegenzug wohl Steuerabzüge gekürzt (z.B. für den Arbeitsweg mit dem Auto) und die Liegenschaften höher besteuert.
Das entgegnet das Initiativkomitee: Mitinitiant und SVP-Kantonsrat Remy Wyssmann kritisiert, die Argumente der Regierung seien ein Witz. Kanton und Gemeinden hätten 10 Jahre Zeit, um 300 Millionen zu sparen, im Vergleich zu den Gesamtausgaben seien das Peanuts. Die Corona-Krise sei vielmehr ein Argument für die Initiative, eine Steuersenkung sei das beste Konjunkturprogramm. Und die neu angekündete Einkommenssteuer-Senkung sei eine Mogelpackung, wenn gleichzeitig Autofahrer und Hausbesitzer stärker besteuert würden.
So geht es weiter: Mit der Initiative «Jetz si mir draa» befasst sich im September der Kantonsrat. Lehnt er sie ebenfalls ab, kommt das Begehren Ende November vors Volk. Sagt der Kantonsrat Ja, muss der Regierungsrat innert 15 Monaten eine Vorlage ausarbeiten. Dasselbe gilt, wenn das Volk das Begehren gutheisst.