So läuft der 28. Spieltag
Bruno Labbadia ist ja selbst schuld!
by Torben Siemer & David BedürftigLeipzig scheint wieder in Form, doch das gilt auch für Hertha. Bei diesem Duell gibt es am 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga ein Wiedersehen des Lehrlings Timo Werner mit seinem Meister. Köln verhilft Hoffenheim zum Rekord und in Düsseldorf treffen sich zwei Ernüchterte.
Was ist eigentlich mit Timo Werner los?
Der Angreifer von Rasenballsport Leipzig arbeitet gewissenhaft, wie er selbst sagt: "Wir üben im Training fleißig das Toreschießen." Dass sich das auszahlt, musste am Sonntag (wieder) Mainz ausbaden. Schon beim 8:0 im Hinspiel traf Werner dreifach, im Rückspiel markierte er seine Saisontore 22 bis 24. Nach dem Chancenwucher beim enttäuschenden 1:1 gegen Freiburg eine Woche zuvor präsentierte sich Leipzig deutlich konsequenter im Abschluss, Trainer Julian Nagelsmann empfand sein Team als "sehr mutig, sehr lebendig". Das klingt nach Phrase, fasst aber Leipzigs Entschlossenheit im Angriff gut zusammen. Werner zeigte sich dabei als Vollstrecker, traf zweimal nach flachen Hereingaben, seinen Hattrick (drei Tore in einem Spiel sind ein Hattrick, egal ob es dazwischen weitere Treffer oder eine Halbzeitpause gab, keine Diskussionen bitte) vollendete er mit einem feinen Lupfer vorbei am bemitleidenswerten Mainzer Torwart Florian Müller. Dass es am Ende "nur" 5:0 stand, lag an Leipzigs unbefriedigender Chancenverwertung, allein Christopher Nkunku vergab drei große Gelegenheiten.
Nun trifft Leipzig am Mittwoch (18.30 Uhr) auf das Team der Stunde, auf Hertha BSC. Doch, wirklich. Hertha BSC ist das Team der Stunde, und das sogar im Positiven Nach all den Wirren um Windhorst-Klinsmann-Nouri-Kalou-Lehmann steht die Alte Dame nach zwei Spielen unter Bruno Labbadia bei sechs Punkten und 7:0 Toren. Die Defensive scheint stabilisiert und die Berliner Chancenverwertung bei den klaren Siegen auf Schalke und im Stadtderby gegen Union macht selbst Leipzig neidisch. Ob sie aber auch Labbadia-Lehrling Werner aufhalten kann? Der Neu-Hertha-Coach hat dem Torjäger einst zu seinem Profidebüt verholfen. Damals war's, 2013, als beide noch beim VfB Stuttgart unter Vertrag standen. "Das Talent hat er selbst mitgebracht, wir haben ihn nur gefördert", erklärte Labbadia nun vor dem Wiedersehen. Also selbst Schuld, wer sich derart starke Gegner heranzüchtet. Tipp: 3:1 für Leipzig, Werner trifft zum 25. Mal.
TSG Hoffenheim - 1. FC Köln (20.30 Uhr): "Wir sind im Soll", sagt Köln-Geschäftsführer Horst Heldt über den bisherigen Saisonverlauf. Gegen Fortuna Düsseldorf bewies seine Mannschaft im Derby Moral und glich in den letzten Minuten ein 0:2 noch aus. "Der Punkt war Gold wert", erklärt Heldt, aber tabellarisch steckt der Effzeh eigentlich im Niemandsland. Nach unten dürfte nichts mehr anbrennen, der letzte wohl noch zu vergebende Europapokalplatz scheint (noch) zu weit entfernt. Ein Anfang auf dem Weg nach oben wäre, den Tabellennachbarn aus Sinsheim zu überholen. Die TSG sucht auch nach dem 1:1 in Paderborn nach ihrer Durchschlagskraft in der Offensive. Ausgerechnet gegen Ex-Trainer Markus Gisdol könnte Hoffenheim nun den vereinsinternen Negativrekord von neun verlorenen Heimspielen in einer Saison aufstellen. In den vergangenen drei Spielen zu Hause holte die TSG null Punkte und schoss mickrige zwei Törchen bei zwölf Gegentreffern. Tipp: Auch diesmal ist die eigene Arena kein gutes Omen, Köln siegt auswärts mit 3:1.
Fortuna Düsseldorf - FC Schalke 04 (20.30 Uhr): Das Duell der Ernüchterten. Düsseldorf schenkte den sicher geglaubten Derbysieg beim Effzeh noch her, Schalkes Krise wird von Spiel zu Spiel schlimmer. Während für das 0:4 in Dortmund wenigstens noch ein Titelkandidat verantwortlich war, offenbarte sich die königsblaue Verunsicherung beim 0:3 gegen den FC Augsburg umso deutlicher. Ein an guten Torwart-Tagen haltbarer Freistoß, zwei kapitale Abwehrfehler, fertig war das neunte sieglose Spiel in Folge. "Keine Torgefahr, schlechte Chancenverwertung, eklatante individuelle Fehler", konstatierte der ratlos wirkende Trainer David Wagner.
In der Rückrundentabelle liegt Schalke mit sieben Punkten aus zehn Spielen auf Platz 17, beim Torverhältnis (-18) ist keine Mannschaft schlechter als Wagners. Nach der Hinrunde war S04 punktgleich mit dem BVB, nun liegen 20 Punkte zwischen den Revierrivalen. Es scheint, als wäre nicht die miese Vorsaison der Ausrutscher gewesen, sondern die gute erste Halbserie. Das ist wortwörtlich existenzbedrohend. Der FC Schalke 04, der als eingetragener Verein keine Rücklagen für schlechte Zeiten bilden kann, wandelt am Rande der Pleite. Statt Europapokal geht es (wieder einmal) um die mögliche Ausgliederung der Profiabteilung, um mithilfe von Investoren frisches Geld zu beschaffen. Für so manchen Fan ist diese Vorstellung noch schlimmer als die sportliche Misere. Tipp: Düsseldorf vergrößert Schalkes Not und siegt mit 2:0.
FC Augsburg - SC Paderborn (20.30 Uhr): Kaum nimmt Heiko Herrlich auf der Trainerbank Platz, beendet der FC Augsburg seine Negativserie von vier Niederlagen in Folge. Mit dem 3:0 über Schalke halten die Schwaben auch Abstand zu den Abstiegsrängen. "Der Sieg hat unglaublich gutgetan und stärkt den Glauben, dass die Dinge, die man umsetzen will, zum Erfolg führen", bestätigte Geschäftsführer Stefan Reuter. Erfolg kennen sie in Paderborn quasi gar nicht mehr. Seit Ende Januar hat das Team von Steffen Baumgart nicht mehr gewonnen - und trotz zweier Unentschieden zuletzt läuft dem SCP die Zeit davon. Nach dem FCA warten noch Kaliber wie Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und RB Leipzig. Tipp: Augsburg hat Gefallen am Siegen gefunden und gewinnt mit 2:0.
1. FC Union Berlin - 1. FSV Mainz 05 (20.30 Uhr): Union Berlin will endlich den ersten Geisterpunkt ergattern und das erste Tor seit der Corona-Pause schießen. Wie gemacht, dass die gegen Leipzig mit 0:5 abgewatschten 05er in die Alte Försterei kommen? Das Hinspiel gewannen die Köpenicker bereits mit 3:2. Und es wird in Ostberlin mal wieder Zeit für Siege, denn der Relegationsplatz ist auf einmal nur noch sechs Punkte entfernt. Nach der Derby-Pleite gegen Hertha bat Union-Trainer Urs Fischer seine Spieler zu einer Aussprache und hofft, damit den Schalter umgelegt zu haben. Ausreden akzeptiert er keine: "Wir werden die Fans auch in den nächsten sieben Spielen nicht haben. Sich jedes Mal dahinter zu verstecken, da kommen wir nicht weiter. Es gilt, diese Situation so anzunehmen, wie sie ist." Die Mainzer, die gegen Leipzig komplett auseinanderfielen und ebenfalls wieder abstiegsbedroht sind, wissen immerhin schon mal, woran die Niederlage lag. Trainer Achim Beierlorzer erklärte: "Wir haben im Training vieles besser gemacht, als wir es im Spiel gemacht haben. Das sollte eigentlich umgekehrt sein." Tipp: Ärgerlich, trotz dieser Erkenntnis klappt es wieder nicht bei den 05ern, Union schießt das erste Geistertor und siegt 1:0.
Wer spielt das beste Phrasenschach?
"Ich kann ja jetzt nicht sagen, es sind alles Pappnasen."
Schalkes Trainer David Wagner über seine Spieler und die derzeitige Situation des Klubs.