Ulf Reichardts Aus bei der IHK Köln
Das sind die Hintergründe des Rücktritts
by Thorsten Breitkopf- IHK-Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Das hat wohl auch mit Differenzen zwischen ihm und der neuen Präsidentin Nicole Grünewald zu tun.
- Bereits im März hatte Reichardt seinen Rückzug angekündigt, das Aus kommt nun dennoch plötzlich.
- Unser Autor Thorsten Breitkopf erläutert die Hintergründe der Entscheidung.
Köln - Im Januar wurde nach einem harten Wahlkampf Nicole Grünewald gegen das etablierte Präsidium zur Präsidentin der IHK Köln gewählt. Schon vier Monate später gibt es wieder Zoff in der Kammer. Ein Überblick über die Spannungsfelder.
Warum tritt Reichardt zurück?
Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Köln, Ulf Reichardt, legt mit Wirkung zum Mittwoch, 27. Mai, sein Amt nieder. Seit 2012 war Reichardt Hauptgeschäftsführer der IHK, die rund 150.000 Mitgliedsunternehmen in der Region vertritt. Reichardt hat am Mittwoch, verkündet am späten Abend, einvernehmlich mit dem ehrenamtlichen Präsidium der IHK Köln seinen Vertrag aufgehoben. „Bereits im März habe ich ja angekündigt, dass ich meine berufliche Zukunft außerhalb der IHK Köln fortsetzen möchte. Für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt, dies in die Tat umzusetzen“, sagte Reichardt.
Was war zuvor passiert?
Im Januar war überraschend das Präsidium der Kammer nach einer Neuwahl komplett neu besetzt worden. Kammerchef Reichardt galt als Vertrauter der früheren Präsidiumsmitglieder, angeführt vom früheren Kammerpräsidenten Werner Görg, Aufsichtsratsvorsitzender der Gothaer Versicherung. Dieser war mit knapper Mehrheit im Januar abgewählt und Nicole Grünewald, die Inhaberin einer Werbe-Agentur, zur neuen Präsidentin gewählt worden.
Was sagt die Präsidentin?
Grünewald sagte zum Rücktritt des Hauptgeschäftsführers: „Für seine Arbeit in den vergangenen Jahren danke ich Ulf Reichardt sehr herzlich und wünsche ihm für den weiteren Lebensweg weiterhin viel Glück und Erfolg.“
Wer ist Reichardt?
Geboren wurde Ulf Reichardt am 23.Dezember 1965 im baden-württembergischen Nagold. Nach dem Abitur in Reutlingen 1985 leistete er den Wehrdienst ab und begann bei Siemens eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Von 1989 bis 1994 studierte er Betriebswirtschaft in München, Paris, Oxford und Berlin. Bis 1997 arbeitete er bei dem Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG und wechselte zum Essener Industriekonzern Thyssenkrupp. Zunächst war er Assistent des Vorstandschefs Ekkehard Schulz. Ab 2000 bekleidete er unterschiedliche Managementpositionen bei Thyssenkrupp Steel. 2008 wurde er Geschäftsführer des Dienstleistungsunternehmens Mill-Services, 2011 wechselte er zur Aufzugstochter von Thyssenkrupp. Ulf Reichardt ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Was war Kern des Streits?
Die Differenzen zwischen Geschäftsführer Reichert und Grünewald waren unübersehbar. Grünewald forderte mehr Transparenz und war gegen den Verkauf der Immobilie Unter Sachsenhausen. Reichardt galt als Vertrauter von Grünewalds Vorgänger Werner Görg.
Wer folgt auf Reichardt?
Über die Höhe einer Abfindung ist bislang nichts bekannt, auch nicht über seinen Nachfolger. Als solcher wird unter anderen Ulrich Soénius gehandelt, der bislang sein Stellvertreter ist. Unbekannt ist, was Reichardt nach seinem Rücktritt beruflich macht.
Warum trifft sich die Vollversammlung?
Die Vollversammlung der IHK trifft sich zu einer außerordentlichen Sitzung am Donnerstag in der Lanxess-Arena. Die Versammlung steht nicht im Zusammenhang mit Reichardts Rücktritt, sondern wurde vorher anberaumt. Thema ist nicht die Personalie Reichardt, sondern Streit um die Form der Führung durch Präsidentin Grünewald. 28 von 92 Vollversammlungsmitgliedern wollen ihr Fragen stellen und haben diese Sitzung erzwungen. Die Themen 1.) Sonderprüfung. 2.) Stopp des Verkaufs der Kammerzentrale. 3.) Unzulässige Nutzung von E-Mail-Adressen und 4.) Streit über Wahlprüfsteine.