Kommunalaufsicht: Landratsamt: Schrozberger Stadtrat war befangen

by

Der seinerzeit zuerst gefasste Beschluss über den Geschäftsordnungsantrag ,Verschiebung des Tagesordnungspunktes Vergabe’ dürfte rechtswidrig sein, da er unter Mitwirkung des im damit zusammenhängenden nachfolgenden Vergabebeschlusses befangenen Gemeinderats erfolgte.“ Dieser recht sperrige Satz, den Hauptamtsleiter Helmut Hüttner vortrug, hat in der Schrozberger Gemeinderatssitzung am Montag für „Ohs“ und „Ahs“ gesorgt.

Er stammt von der Kommunalaufsicht im Landratsamt. Dort ist man der Meinung, dass Frank Klöpfer (Freie Wähler, FW) sich in der vorhergehenden Sitzung wohl nicht an einer Abstimmung über einen Antrag hätte beteiligen dürfen, den Hans-Joachim Feuchter (Wahlgemeinschaft für Jedermann, WfJ) gestellt hatte.

Antrag: Vergaben schieben

Darum ging’s: Feuchter wollte Vergabeentscheidungen für Arbeiten am Feuerwehrhaus in Bartenstein sowie für den Abriss eines Hauses aufgrund der unsicheren Finanzlage in den September schieben – und stellte einen entsprechenden Antrag. Auch Klöpfer, der Inhaber einer Zimmerei ist und für zwei Gewerke Angebote abgegeben hatte, beteiligte sich an der Diskussion. Letztlich wurde Feuchters Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt. Anschließend wurde über die einzelnen Vergaben abgestimmt. Klöpfer stimmte nicht über die Gewerke ab, für die er Angebote eingereicht hatte.

https://www.swp.de/imgs/07/6/4/8/6/1/2/6/9/tok_3879f95488e31c54f338c3c744c19000/w575_h323_x987_y762_54e02ba2daa2f6e9.jpeg

Corona Kreis Schwäbisch Hall aktuell Landratsamt meldet Tiefstand von 33 Kranken – Zahlen aus den Gemeinden vom 26. Mai

Landkreis Schwäbisch Hall

Feuchter sah eine Befangenheit Klöpfers bei der Diskussion und Abstimmung über seinen Antrag, wandte sich schriftlich an die Stadtverwaltung und anschließend an die Kommunalaufsicht. Hauptamtsleiter Hüttner antwortete, die Verwaltung sehe keine Befangenheit, weil sich die Diskussion um die „allgemein wirtschaftliche Fortentwicklung“ gedreht habe, die konkreten Vergaben hätten nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Man sehe keinen unmittelbaren Vor- oder Nachteil, der sich für Klöpfer ergab. Eine solche Unmittelbarkeit sei aber Voraussetzung für eine Befangenheit.
Das Landratsamt sieht das anders, die Abstimmung über Feuchters Antrag „dürfte“ ihm zufolge „rechtswidrig sein“. Zur Begründung wird ein juristischer Kommentar angeführt, wonach ein Vor- oder Nachteil nicht direkt aus einer Entscheidung folgen muss, sondern auch dann zu bejahen sei, „wenn die Entscheidung noch eines Vollzugs bedarf“.
Und jetzt? „Dieses Ergebnis führte jedoch nicht dazu, dass die nachfolgenden Vergabebeschlüsse ebenfalls rechtswidrig waren. Sie wurden unter Beachtung der Befangenheitsvorschriften gefasst“, schreibt die Kommunalaufsicht. Will heißen: Die korrekt zustande gekommenen Vergaben, auf deren Basis bereits Aufträge erteilt wurden, bleiben bestehen. Das Landratsamt stellt auch nicht förmlich eine Rechtswidrigkeit fest, weil „ein Nachholen des Beschlusses über den Geschäftsordnungsantrag keinen Sinn ergäbe“ – schließlich sind die Entscheidungen, die aus Sicht Feuchters geschoben werden sollten, getroffen und vollzogen.

https://www.swp.de/imgs/07/6/5/8/6/8/2/8/5/tok_52d7e8072540642e6e3caca83a3243ed/w575_h323_x620_y670_9ddc50caa3bb20b8.jpeg

Straßen Landkreis Schwäbisch Hall B14, B19, Langenburg und Schrozberg: Hier will das Land noch 2020 sanieren

Landkreis Schwäbisch Hall

„Nicht im Traum“

Ein Erdbeben bleibt also aus – aber eine gewisse Erschütterung war zu spüren im Gremium. Ulrich Herrschner (FW): „Ich wäre nicht im Traum darauf gekommen, dass hier eine Befangenheit vorliegt.“ Man müsse in dem Punkt in Zukunft wohl sehr sensibel sein. Susanne Martens (WfJ) wies darauf hin, dass sie die Verwaltung zu Beginn von besagter Sitzung auf das Thema angesprochen habe: „Ich habe es persönlich als mehr als befangen empfunden, was hier passiert ist.“ Die konkrete Sache wolle sie jetzt ruhen lassen, sich aber in Zukunft nachdrücklicher melden, wenn sie Zweifel habe. Darum bat auch Hüttner alle Räte.

Klöpfer kritisierte indes den Stil der Auseinandersetzung: „Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Feuchter in dem Moment sagt: Herr Klöpfer, Sie sind befangen!“ Sich stattdessen nach der Sitzung an Verwaltung, Kommunalaufsicht und Presse zu wenden, empfinde er als „unkollegial“ und „absolut unter der Gürtellinie“. Feuchter hatte die Sitzung zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen.