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ie Regenwald-Vernichtung liegt auf dem höchsten Stand seit elf Jahren. © AFP
Brasilien

Abholzung der Regenwälder im Schatten der Corona-Krise

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Brasiliens Umweltminister will die Pandemie nutzen, um den Schutz Amazoniens aufzuweichen und die Regenwälder abzuholzen.

Im ersten „Pandemie-Monat“ März ist die Entwaldung im brasilianischen Teil der Amazonas-Region unter anderem wegen verringerter Überwachung durch die Behörden um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum hochgeschnellt. Und die Lage dürfte sich noch verschärfen, denn Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles will die Fokussierung der Medien auf Covid-19 dafür nutzen, den Schutz des Regenwaldes weiter aufzuweichen. Das geht aus einem Video-Mitschnitt einer Kabinettssitzung hervor, der jetzt veröffentlich wurde.

Presse mit der Corona-Krise beschäftigt

Seit Amtsantritt Anfang 2019 treiben Brasiliens rechter Präsident Jair Bolsonaro und die Regierung die Öffnung der Amazonas-Region für die Agrar- und Bergbau-Industrie voran. Die Regenwald-Vernichtung hat seither wieder zugenommen, sie liegt auf dem höchsten Stand seit elf Jahren.

Salles plädierte in der Kabinettssitzung am 22. April dafür, die Chance für Gesetzesänderungen zu nutzen, ohne einen gesellschaftlichen Aufschrei zu erzeugen. An die Kollegen gerichtet sagte er: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, da die Presse sich ausschließlich mitCovid-19 beschäftigt, uns das Amazonas-Thema vorzunehmen. Wir haben in diesem Moment die Chance, alle Regelungen zu ändern und die Vorschriften zu vereinfachen.“ Das Video wurde im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gegen Bolsonaro veröffentlicht, dem politische Einflussnahme auf die Bundespolizei vorgeworfen wird.

Umweltschützer über Abholzung in Zeiten von Corona empört

Salles kritisierte weiter, dass es Klagen gegen die von der Regierung geplante Veränderung der Umweltgesetze gebe. Man brauche eine juristische „Artillerie“, um sie durchzusetzen, und forderte zudem, Wege zu finden, das Parlament umgehen zu können. Um ein Stellungnahme gebeten, ließ der Minister jetzt eine Erklärung verbreiten: „Ich habe immer die Entbürokratisierung und Vereinfachung von Normen in allen Bereichen verteidigt, mit gesundem Menschenverstand und im Rahmen des Gesetzes. Das Gewirr irrationaler Gesetze behindert Investitionen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit die nachhaltige Entwicklung in Brasilien.“

Umweltschützer und andere NGO in Brasilien zeigten sich empört über die Äußerungen im Video und forderten Salles’ Rücktritt. Roberto Maldonado, Brasilien-Referent beim der Umweltstiftung WWF Deutschland, kommentierte: „Die Aufnahme ist schockierend und beweist letztlich, was wir längst wussten: Ricardo Salles ist nur auf dem Papier ein Umweltminister, im Geiste ist er ein Umweltzerstörungsminister.“ Auch die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg schaltete sich ein. Sie twitterte: „Stellt Euch vor, was gesagt wurde, als die Kamera aus war. Unsere gemeinsame Zukunft ist nur ein Spiel für sie.“