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Nach Kritik der Opposition lenkt Finanzminister Gernot Blümel ein und ändert die Zahlen im Budget.© APAweb / reuters, Leonhard Foeger

Wie Blümel das Budget nachjustiert

Der Finanzminister lässt vor dem Beschluss doch Änderungen wegen der Corona-Kise einarbeiten. Die SPÖ will diese prüfen, nachdem für sie das Budget zuvor verfassungswidrig war.

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Zuerst fiel die offizielle Budgetrede wegen der Corona-Beschränkungen aus, jetzt wird das Budget 2020 knapp vor dem für Donnerstagabend vorgesehenen Beschluss im Nationalrat wegen der Corona-Hilfszahlungen noch geändert. So etwas hat es in der Zweiten Republik bisher nicht gegeben. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) lässt den Voranschlag für das heurige Budget mit einem Abänderungsantrag der beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne im Parlament während der dreitägigen, laufenden Budgetdebatte auf der Ausgabenseite im Hohen Haus nachjustieren. Zuvor hat die SPÖ am Mittwochvormittag die Kritik am Budgetentwurf verschärft und gestützt auf ein Gutachten des Grazer Universitätsprofessors Karl Stöger das Zahlenwerk als verfassungswidrig gebrandmarkt.

Finanzminister Blümel verwies zwar vor Journalisten darauf, dass sein Ressort in den vergangenen Tagen die Meinung mehrerer Experten eingeholt habe. Diese würden die Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Budgeterstellung stützen. So würden die Professoren Johannes Heinrich von der Universität Klagenfurt und Klaus Poier von der Universität Graz keine grundsätzlichen Probleme bei einer gesetzlichen Ermächtigung zur Überschreitung des Budgets für den Corona-Krisenfonds sehen, teilte das Finanzministerium mit. Zugleich sicherte Blümel zu, dass er Kritikpunkte prüfen werde. Die Opposition war zuletzt Sturm gelaufen und hatte von einem "Fake Budget" gesprochen, weil die Kosten für die Corona-Maßnahmen nicht im Voranschlag des Finanzministeriums enthalten waren.

Es wird nicht beim Prüfen Blümels bleiben. Unabhängig von den Expertenmeinungen, die die Ansicht des Finanzministers stützen, habe er schon am Dienstag im Zuge der parlamentarischen Debatte einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien angekündigt. Damit sollen jedenfalls die bisherigen Kosten und die zum derzeitigen Stand erwartbaren Kosten für die Corona-Hilfe abgebildet werden.

Änderungen auf der Ausgabenseite

Im Laufe des Mittwochs wurde an dem Abänderungsantrag gearbeitet. Dieser wird noch vor Abschluss der dreitägigen Budgetberatungen und damit rechtzeitig vor dem Beschluss des Staatshaushaltes von ÖVP und Grünen eingebracht. Im Finanzministerium wollte man nicht von einer Änderung des Budgets 2020 sprechen. Zwar wird es bei den Budgets der einzelnen Ressorts zu keinen Änderungen kommen. Auch die Zahlen auf der Einnahmenseite werden nicht korrigiert, wurde der "Wiener Zeitung" erläutert. Wegen des Wirtschaftseinbruchs wird mit Milliardeneinbußen bei den Steuer- und Abgabeneinnahmen gerechnet. Tatsächlich wird es neue Zahlen auf der Ausgabenseite durch den Abänderungsantrag geben. Damit werden die Aufwendungen für die Corona-Maßnahmen bis zu einem Stichtag – dafür wurde der gestrige Mittwoch ins Auge gefasst – eingearbeitet. Ebenfalls aufgenommen wird der neue, erst seit 20. Mai geltende Fixkostenzuschuss im Zuge der Corona-Hilfe. Das sei erst jetzt möglich, nachdem von EU-Seite dafür grünes Licht gegeben worden sei, heißt es als Erklärung.

Die SPÖ zeigte sich erfreut über das Nachgeben des Finanzministers. SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sprach von einem "Offenbarungseid und Schuldeingeständnis" Blümels. Noch am Mittwochvormittag hatte der SPÖ-Parlamentsklub den Druck auf den Finanzminister und die türkis-grüne Bundesregierung erhöht. SPÖ-Klubvizechef Jörg Leichtfried und Budgetsprecher Jan Krainer hatten parallel zur laufenden Nationalratssitzung ein Gutachten des Grazer Universitätsprofessors Karl Stöger vorgelegt, wonach der Voranschlag für 2020 in der ursprünglichen Form verfassungswidrig sei, weil die Corona-Auswirkungen nicht enthalten waren. Der SPÖ-Klub forderte daher, die Regierungsparteien müssten das Budget noch vor dem Beschluss ändern.

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Gestützt auf ein Gutachten eines Grazer Universitätsprofessors, wonach das Budget verfassungswidrig sei, drängt der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried auf rasche Änderungen. - © APAweb / Roland Schlager

Die Vorlage der Expertise während der laufenden Budgetdebatte haben die beiden SPÖ-Abgeordneten damit begründet, dass eine Änderung vor dem Beschluss möglich sei. Dann wäre auch die Auszahlung der Corona-Hilfen gewährleistet, die die SPÖ keinesfalls gefährden möchte. "Es ist wesentlich, dass die Hilfe kommt", sagte Krainer. Der SPÖ-Budgetsprecher betonte, dass mit dem bisherigen Entwurf des Finanzministers die Grundsätze der Budgetwahrheit und Budgetklarheit nicht erfüllt würden. Blümels Zahlenwerk sieht Einnahmen von rund 81 Milliarden Euro für heuer vor, an die EU habe er hingegen bereits niedrigere Einnahmen von 69 Milliarden Euro gemeldet, erklärte der SPÖ-Mandatar. Es sei auch nicht klar, wofür bestimmte Budgetmittel verwendet würden.

SPÖ will neues Zahlenwerk prüfen

Krainer bezog sich dabei insbesondere auf eine eigens vorgesehene Ermächtigung an den Finanzminister, bis zu 28 Milliarden Euro für Corona-Hilfen einzusetzen. An dieser Ermächtigung werde sich mit dem Abänderungsantrag der Regierungsparteien nichts ändern, wurde im Finanzministerium klargestellt. Die Neos wollen sich mit einem türkis-grünen Abänderungsantrag nicht zufriedengeben. Budgetsprecherin Karin Doppelbauer forderte ein Zurück an den Start und eine neuerliche Behandlung im Ausschuss. Die SPÖ wartet zunächst ab: Sie will die angekündigten Änderungen prüfen, wenn diese vorliegen, sagte Leichtfried.

Im Nationalrat standen am Mittwoch die Budgetkapitel Umwelt und Infrastruktur sowie unter anderem Landesverteidigung auf der Tagesordnung. Am Donnerstag folgt in der Früh das Kapitel Soziales. Für den Abend ist der Budgetbeschluss vorgesehen. Am Freitag steht dann eine Erklärung der Regierungsspitze zur Neubesetzung des Kulturstaatssekretariats mit Andrea Mayer auf dem Kalender des Hohen Hauses.