Twitter markiert erstmals Trump-Tweet als irreführend
US-Präsident Trump fürchtet offenbar um seine Wiederwahl, wenn Stimmen einfach per Brief abgegeben werden können. Er droht mit der Schließung von Diensten.
by Friedhelm GreisDer US-Kurznachrichtendienst Twitter hat erstmals einen Tweet von US-Präsident Donald Trump als irreführende Information gekennzeichnet. Dabei geht es um die Behauptung Trumps, dass "Briefwahl nichts weniger als erheblich betrügerisch" sei. Unter dem Beitrag hat Twitter nun einen Warnhinweis hinzufügt und verlinkt auf eine interne Seite mit Fakten über Briefwahl. Trump beschwerte sich umgehend und drohte: "Twitter erstickt völlig die Redefreiheit, und das werde ich als Präsident nicht zulassen."
Hintergrund des Streits um die Briefwahl ist der Versuch der Bundesstaaten, trotz der Kontaktbeschränkungen durch die Coronavirus-Pandemie die bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen im November durchführen zu können. Trump hat sich in den vergangenen Tagen als entschiedener Gegner von Briefwahl positioniert.
Möglicherweise befürchtet er, dass dadurch mehr Wähler der Demokratischen Partei von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen könnten. Im März hatte Trump Vorschläge der Demokraten für eine einfachere Stimmabgabe abgelehnt und behauptet: "Wenn wir dem zugestimmt hätten, wäre nie wieder ein Republikaner in diesem Land gewählt worden."
Twitter beruft sich bei der Markierung des Tweets auf neue Vorgaben zur Bekämpfung irreführender Informationen in der Corona-Krise. Allerdings hat Trumps Tweet in diesem Fall nur einen indirekten Bezug zur Pandemie. Auf der Faktchecking-Seite von Twitter werden die Aussagen Trumps zum angeblichen Wahlbetrug bei Briefwahl korrigiert.
Was darf Trump auf Twitter?
Der Kurznachrichtendienst ist das bevorzugte Kommunikationsmedium Trumps, das von ihm in den vergangenen Jahren vielfach zur Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen oder Beleidigung politischer Gegner genutzt wurde. Dennoch entschied Twitter im Januar 2018, den Account Trumps nicht zu sperren, obwohl Drohungen, wie Trump sie gegen den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un ausgesprochen hatte, gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen.
Seit Juni 2019 gelten jedoch auch für Politiker neue Regeln. Demnach will Twitter Beiträge, die gegen die hauseigenen Regeln verstoßen, unter bestimmten Bedingungen nicht löschen, sondern mit einer Markierung versehen und sie verbergen. Die Follower müssen dann also aktiv auf den Beitrag klicken, um ihn lesen zu können. Er wird außerdem nicht mehr in den Ergebnissen einer sicheren Suche und in den Top Tweets angezeigt oder per Push ausgeliefert.
In Europa hatte Twitter im vergangenen Jahr für Empörung gesorgt, weil Nutzer wegen satirischer Äußerungen zur Wahl gesperrt worden waren. Damals hatte der Dienst neue Vorgaben umgesetzt, um die Manipulation und Beeinträchtigung von Wahlen zu verhindern. Gemessen an diesen Vorgaben würde Trump sicherlich Gefahr laufen, bis zur Wahl im November häufiger gesperrt zu werden.
Nachtrag vom 27. Mai 2020, 14:51 Uhr
Trump verstärkte seine Kritik an den sozialen Medien am Mittwoch mit weiteren Tweets. "Die Republikaner haben das Gefühl, dass die sozialen Medien konservative Stimmen komplett zum Schweigen bringen. Wir werden sie stark regulieren oder sie schließen, bevor wir so etwas jemals zulassen können", schrieb der US-Präsident. Solche Versuche der sozialen Medien dürften in den USA ebenso wenig Wurzeln schlagen wie eine umfangreiche Briefwahl. "Wer am meisten betrügt, würde gewinnen. Genauso die sozialen Medien. Räumt bei Euch auf, JETZT!!!!", schimpfte Trump.
Solche Tiraden gegen soziale Medien von Seiten des US-Präsidenten sind nicht neu. So hatte er im August 2018 dem Suchmaschinenkonzern Google eine Verfälschung von Suchergebnissen vorgeworfen. "Die Resultate für 'Trump News' zeigen nur die Ansichten/Berichte der Fake-News-Medien", hatte er damals getwittert. Im Mai 2019 hatte er sich nach der Sperrung rechtsextremer Accounts durch die Dienste Facebook und Twitter hinter die betroffenen Nutzer gestellt.
Im August 2019 berichteten Medien, dass die US-Regierung an einer Durchführungsverordnung mit dem Titel "Protecting Americans from Online Censorship" (Schutz der amerikanischen Bevölkerung vor Onlinezensur) arbeite, mit der diese tatsächliche oder gefühlte Benachteiligung verhindert werden soll. Eine konkrete Diskriminierung der Konservativen durch soziale Medien ist jedoch bislang nicht nachgewiesen worden.