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Es hat mal wieder nicht gereicht für das Team von Lucien Favre.
(Foto: REUTERS)

Wieder nur fast erfolgreich

In einem hochklassigen Spitzenspiel fehlt dem BVB nicht viel bis zum FC Bayern - aber ein bisschen was fehlt eben. Das Muster zieht sich durchs Trainerleben von Lucien Favre. Er kündigt ein Statement an.

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Es gehört zu den modernen Eigenarten, dass schon unmittelbar nach einem Fußballspiel nicht mehr wirklich über das Fußballspiel gesprochen wird. Es geht sofort darum, was dieses Fußballspiel nun "bedeutet", manchmal für einen Spieler, manchmal für die Liga - und nicht allzu selten auch für einen Coach. Lucien Favre weiß das, aber akzeptiert hat es der BVB-Trainer nie wirklich. Einer seiner Lieblingssatzbausteine ist "wir müssen das analysieren", meist gefolgt von einem "das ist klar" oder auch "wir müssen den vorletzten Pass besser spielen".

Aber Reporter tun selten das, was Trainer wollen, über den vorletzten Pass sprechen sie noch seltener und so kam am Dienstagabend unmittelbar nach der 0:1-Niederlage gegen die Bayern die Frage, die kommen musste. Erst versuchte es der Sky-Reporter Patrick Wasserziehr noch mit einer kleinen Falle, er fragte, was das Ergebnis für das Titelrennen bedeutet, weil er wusste, dass Favre im vergangenen Jahr ebenjenes für beendet erklärt hatte, bevor es zu Ende war und ihm diese vorzeitige Kapitulation bis heute nachhängt. Diesmal machte Favre den Fehler nicht. "Sieben Punkte, sechs Spiele - es ist brütal schwer", sagte er in seiner frankophonen Art.

"Ich werde darüber sprechen in ein paar Wochen"

Also fragte der Reporter direkt, ob er, Favre, nicht die Sorge habe, dass nun die Diskussion wieder losgehe, dass er den BVB einfach nicht zum Titel führen könne: "Das sagt man hier seit Monaten. Ich lese nicht die Zeitung, aber ich weiß, wie es geht. Ich werde darüber sprechen in ein paar Wochen", antwortete der Schweizer und zack - in der aufgeregten Welt des Fußballs führte das zu den ersten Artikeln mit der Fragezeichen-Schlagzeile, ob Favre hier seinen Abschied angekündigt habe.

Aber bevor diese Debatte losgeht, ist es ganz interessant, sich tatsächlich noch mal kurz mit diesem Spitzenspiel zu befassen, das ja auch ein bisschen was darüber aussagt, warum Favre keine deutsche Meisterschaft gewinnt. Jedenfalls sagte der in Ehre ergraute ARD-Experte Bastian Schweinsteiger, man könne die Schale jetzt schon mal nach München schicken, wobei noch zu klären sein wird, wie neutral jemand, der Schweinsteiger heißt, in dieser Bayern/Dortmund-Frage sein kann.

Aber kurz zum Spiel: Favre meinte, seine Mannschaft habe "sehr gut angefangen" (was stimmte, Erling Haaland tunnelte nach nur einer Minute den herausgeilten Neuer, Boateng rettete auf der Linie), dann habe man "zu tief gestanden" (was auch stimmte, Bayern kam zu sehr guten Chancen und schließlich zum Lupfer-Traumtor durch Kimmich in der 43. Minute) und in der zweiten Halbzeit habe man es wieder "gut gemacht" (einverstanden, der BVB hätte einen Elfmeter kriegen können, weil Boateng einen Haaland-Schuss mit dem Ellbogen abwehrte) und man hätte "ein Unentschieden verdient gehabt".

Auch mit dem Urteil kann man sich anfreunden, es war ein Fußballspiel auf sehr hohem Niveau, zweier sehr guter Mannschaften. Allein die Rückrundenbilanz vor dem Aufeinandertreffen (Dortmund holte 27 von 30 möglichen Punkten, Bayern 28 von 30), zeigte ja schon, dass beide Teams der Liga in dieser Form entwachsen sind.

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