Corona in Hanau
Corona-Streit zwischen Hanau und Main-Kinzig-Kreis: Claus Kaminsky erhöht den Druck
Der Corona-Ausbruch nach einem Gottesdienst in Frankfurt sorgt für Streit zwischen Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis. Die Fronten sind verhärtet.
- Das Vorgehen des Main-Kinzig-Kreises nach einem Coronavirus*-Ausbruch sorgt für Streit
- Hanaus Oberbürgermeister Kaminsik erneuert seine Kritik
- Der Kreis sieht sich bei seinem Vorgehen im Recht
Update von Mittwoch, 27.05.2020, 10.25 Uhr: Der Oberbürgermeister von Hanau*, Claus Kaminsky (SPD), hat seine Kritik am Vorgehen des Main-Kinzig-Kreises erneuert. „Viele Worte, falsche Zahlen, keine Aufklärung – so schafft man kein Vertrauen“, sagte Kaminsky. Der Ausbruch in Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis geht auf einen baptistischen Gottesdienst in Frankfurt zurück.
Trotz seiner Forderung nach weiteren Informationen von den Kreisbehörden seien die dringlichsten Fragen nicht beantwortet worden: „Sind unter den Infizierten Kinder, die Hanauer Schulen oder Kindertagesstätten besucht haben? Ein schlichtes Ja oder Nein hätte es hier getan“, so Kaminsky. Durch das Ausbleiben von klaren Antworten gegenüber der Stadt Hanau werde Spekulationen und „wilden Theorien“ Vorschub geleistet.
Kaminsky erneuert Kritik an Behörden im Main-Kinzig-Kreis
Auch die Zahlen zu den Corona-Infizierten in Hanau des Main-Kinzig-Kreises kritisierte Kaminsky. „Im Klinikum sind rund 100 Mitarbeiter positiv getestet worden. Von diesen wohnt aber weniger als ein Drittel in Hanau.“ Er bestehe weiterhin darauf, dass der Kreis Angaben zum Infektionsgeschehen in Hanau mache, erklärte Kaminsky. „Im Interesse der Gesundheit Hanauer lasse ich mir von niemandem das Recht auf Nachfragen verbieten. Das ist meine Pflicht.“
Streit zwischen Hanau und Main-Kinzig-Kreis wegen Corona-Informationspolitik
Der Streit zwischen dem Oberbürgermeister von Hanau und dem Main-Kinzig-Kreis war entstanden, nachdem bei einem Gottesdienst in Frankfurt mehrere Personen aus Hanau und dem Kreis mit dem Coronavirus infiziert wurden. Der Main-Kinzig-Kreis hatte daraufhin nach eigenen Angaben alle Personen erfasst, um die Infektionsketten nachzuvollziehen. Die personenbezogenen Daten waren demnach nur den zuständigen Gesundheitsämtern des Kreises zur Verfügung gestellt und nicht an die Behörden der Stadt Hanau weitergereicht worden.
Konflikt zwischen Hanau und Main-Kinzig-Kreis weitet sich aus
Erstmeldung von Dienstag, 26.05.2020, 17.29 Uhr: Hanau/Main-Kinzig-Kreis – Der Konflikt zwischen der Stadt H anau und dem Main-Kinzig-Kreis über die Informationspolitik nach dem Corona-Ausbruch in Folge einer Veranstaltung der Frankfurter Baptistengemeinde hat sich ausgeweitet. Der Kreis wies am Dienstag die harsche Kritik von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) zurück.
Der Hanauer Rathauschef hatte dem Kreisgesundheitsamt vorgeworfen, dass die Stadt keine Auskünfte zu den Infizierten in Hanau bekomme und man beispielsweise nicht wisse, ob Kindergarten- oder Schulkinder betroffen seien.„Das hat mit Krisenmanagement und professioneller Krisenkommunikation nichts zu tun“, schimpfte Kaminsky Richtung Kreis.
Corona-Ausbruch in Frankfurt: Kreis reagiert auf Kritik von Hanaus Oberbürgermeister
In einer dreiseitigen Replik entgegnen Landrat Thorsten Stolz und Kreisgesundheitsdezernentin Susanne Simmler (beide SPD) in Richtung Kaminsky, es gebe auch nach den jüngsten Infektionen im Nachgang zur Veranstaltung im Bethaus Frankfurt „keinen Grund, für Aufregung oder Verunsicherung zu sorgen“ (Stolz).
In Folge der Baptistengemeinde-Veranstaltung sollen sich mehr als 100 Personen mit Covid-19 infiziert haben. Laut Gesundheitsamt konnten bis gestern 47 Infektionen aus dem Main-Kinzig-Kreis diesem Cluster zugeordnet werden. „Es ist davon auszugehen, dass die Zahl nicht abschließend ist“, heißt es, die Nachverfolgung der Kontakte dauere an. In Hanau sollen bislang 41 Personen betroffen sein, in Maintal sechs. Aktuell gelten insgesamt 198 Personen im Main-Kinzig-Kreis als mit Covid-19 infiziert.
Nach Gottesdienst in Frankfurt: 41 Personen aus Hanau mit Corona infiziert
Der Fall in Frankfurt sei für das Gesundheitsamt aber keine neue Herausforderung. Genau wie in den zurückliegenden Wochen auch, gelte es Infektionsketten nachzuvollziehen, Kontaktpersonen ausfindig zu machen, Tests anzuordnen und häusliche Absonderungen umzusetzen.
Simmler: „Das ist aber kein anderer Weg als beispielsweise bei den vielen Urlaubsheimkehrern Anfang und Mitte März, beim Ausbruch im Klinikum Hanau oder bei den Ausbrüchen in Senioren- und Pflegeheimen.“ Die bekannten Familien seien vom Gesundheitsamt vollständig erfasst und häuslich isoliert.
Kreis zu Kritik: Corona-Infektionszahlen sind klar nachzuvollziehen
Überhaupt habe die Gesundheitsbehörde des Kreises im Zusammenhang mit dem Coronavirus bisher „alle Aufgaben und Vorkehrungen im Sinne der Bevölkerung umgesetzt, und die Infektionszahlen in der Stadt sind klar nachzuvollziehen“, so Stolz und Simmler. So seien zum Beispiel von den insgesamt 258 positiven Fällen in Hanau mehr als 100 auf einen Ausbruch im städtischen Klinikum zurückzuführen.
Auch hier habe das Gesundheitsamt mit seinen Fachleuten beim Management der Krise intensiv geholfen und in guter Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Klinikums das Geschehen im Griff. Von den 100 im Stadtklinikum Betroffenen wohnten freilich nur ein Drittel in Hanau, argumentiert die Stadt.
Was die Weitergabe von Angaben über Patienten angehe, gebe es klare rechtliche Vorgaben, so Stolz und Simmler. „Kein Bürgermeister im Main-Kinzig-Kreis erhält die Namen der positiv getesteten Personen und auch keine Angaben zu den jeweiligen Arbeitgebern.“ Die Stadt wollte in einem 14 Punkte umfassenden Fragenkatalog vom Kreis unter anderem wissen, „in welchen Einrichtungen und Unternehmungen die positiv Getesteten arbeiten“.
Kritik an Informationspolitik nach Corona-Ausbruch: Kreis weist Vorwürfe von Hanaus OB zurück
Wenn im Einzelfall Kontaktaufnahmen zu den Arbeitgebern notwendig seien, übernehme diese Aufgabe das Gesundheitsamt und nicht das örtliche Rathaus, entgegnet der Kreis. „Die personenbezogenen Daten werden nicht einmal im Verwaltungsstab des Main-Kinzig-Kreises besprochen“, heißt es in der Erklärung.
Zur Kritik von Kaminsky, dass die Stadt im Unklaren gelassen werde, ob Kitas und Schulen in Hanau in Folge des Frankfurter Corona-Ausbruchs betroffene seien, entgegnet der Kreis, es gelte generell, dass der Main-Kinzig-Kreis mit den Trägern von Schulen, Kitas oder anderen Bildungseinrichtungen Kontakt aufnehme, falls dies aufgrund der Erkenntnisse des Gesundheitsamtes notwendig sei. Zunächst jedoch würde das Gesundheitsamt die entsprechenden Leitungskräfte kontaktieren, um über diese an Personenlisten zu gelangen.
Corona-Ausbruch in Hanau: Kaminsky kritisiert Gesundheitsamt
Die Stadt moniert, dass vom Main-Kinzig-Kreis nicht einmal die Frage beantwortet worden sei, ob denn Kinder unter den im Nachgang zu Frankfurt Infizierten sind. „In dieser Auskunft sehen wir keinen Verstoß gegen den Datenschutz“, sagt Daniel Freimuth vom Krisenstab. Schließlich gebe es im Hinblick auf die weitere Öffnung von Schulen und Kitas etliche Nachfragen besorgter Eltern in Hanau.
Auf Verschwörungstheorien, die rund um das Coronavirus und die Einschränkungen im öffentlichen Leben verbreitet werden, hat Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky mit Unverständnis und Wut reagiert.
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