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BILD-Kolumnist Leif Lasse AnderssonFoto: imago
DIE Ü50-KOLUMNE

Warum Sie niemals Ihren Hals föhnen sollten

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Tatort Badezimmer. Ich föhne mein Haupthaar, das Kind steht auf einem Hocker, lutscht Erdbeerzahnpasta von der Zahnbürste und drückt seinen Zeigefinger prüfend in eine weiche Stelle unterhalb meines Kieferknochens.

Dann sagt es: „Papa, warum macht dein Hals Wellen?“

Das Kind hat recht. Wo der Luftstrom des Föhns auf die Region zwischen Adamsapfel und Ohrläppchen trifft, kräuseln sich kleine Wellen. Wie eine Südsee-Lagune, über die ein lauer Abendwind streicht. Bloß weniger romantisch.

★★★

Ach, die männliche Haut. Rund zwei Quadratmeter perfekte Schutzhülle. Atmungsaktiv und mit eingebauter Klimaanlage. In den ersten 40 Jahren quasi falten- und wartungsfrei. 20 Prozent dicker als die von Frauen, von üppiger Talgproduktion liebevoll gefettet. Dazu noch selbstreparierend. Humaner Hightech, keine Frage.

Aber kaum ist man Ü50, wird das Zeug welk!

Ich hasse Veränderungen an meinem Körper. Und es werden immer mehr. Nein, ich habe nichts gegen zarte A-Körbchen – aber doch bitte nicht unter meinem Shirt!

Ja, ein Elefantenbulle sieht auch von hinten majestätisch aus, dennoch möchte ich keine diagonal herabhängenden Falten an der Kehrseite haben.

Und nein, am allerwenigstens will ich, dass Männer mit vollem Haarschopf über meinen reden.

★★★

Letzte Woche, ich war mit meinem Kumpel Armin auf Mountainbike-Tour und bremste mich vor ihm einen steilen Abhang hinunter, fragte er von oben, ob ich die Platte nicht eingecremt hätte, die würde leuchten wie ein Bremslicht.

Ich war ein wenig beleidigt, denn ich habe keine Glatze, und das Haupthaar trage ich nur deshalb etwas länger, weil mir dies einen angemessen künstlerischen Touch verleiht.

Dass die wehenden Strähnen besonders auf Selfies mit Seitenwind die Illusion einer gewissen Fülle erzeugen – nicht mehr als ein Nebeneffekt.

★★★

Als ich an diesem Morgen verspätet zum Frühstück erscheine, trage ich Rollkragenpullover. Die Frau blinzelt erst in die warme Mai-Sonne, dann sieht sie mich fragend an. Ich zupfe den Rollkragen zurecht und sage: „Nun mach mal nicht so eine Welle. Tu ich ja auch nicht.“

*Leif Lasse Andersson ist Buchautor („Midleifcrisis“), BILD-Kolumnist und ein Pseudonym. Mailen Sie ihm unter Leif.Lasse.Andersson@bild.de