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Seit 2011zahlte die Nasa SpaceX drei Milliarden Dollar für die Entwicklung von Raumfahrzeugen. Nun steht das ehemalige Weltraum-Start-Up vor der finalen Bewährungsprobe.© APAweb / afp

SpaceX schickt erstmals Astronauten zur ISS

Am heutigen Mittwoch soll SpaceX als erstes privates Unternehmen Astronauten zur internationalen Raumstation ISS bringen. Für die einst so stolze Raumfahrtnation USA endet damit die jahrelange Abhängigkeit von russischen Raketen.

Anfangs herrschte große Skepsis. Doch trotz einiger Schwierigkeiten steht SpaceX, das Raumfahrtunternehmen des exzentrischen Silicon-Valley-Entrepreneurs Elon Musk, nun kurz vor dem Ziel: Am späten Mittwochabend soll eine SpaceX-Rakete erstmals US-Astronauten zur internationalen Raumstation ISS bringen.

Wenn die erste bemannte Mission des kommerziellen Raumfahrtunternehmens klappen sollte, wäre dies nicht nur für SpaceX ein Meilenstein. Für die US-Raumfahrtbehörde Nasa würde ein Erfolg mehr Unabhängigkeit von russischen Sojus-Raketen bedeuten, die nun schon seit neun Jahren als Weltraum-Taxi für amerikanische Astronauten dienen.

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Die Falcon-9-Rakete übernimmt schon seit 2012 Versorgungsflüge zur ISS. Mit Robert Behnken und Douglas Hurley sollen nun auch erstmals zwei US-Astronauten mitfliegen. - © reuters

Der Start der Falcon-9-Rakete mit einer bemannten Dragon-Kapsel ist für die ehemals so stolze Raumfahrtnation USA sogar so bedeutsam, dass US-Präsident Donald Trump ihn persönlich im Kennedy Space Center in Cape Canaveral mitverfolgen will. Für die Allgemeinheit wird das Ereignis live im Internet übertragen. Am heutigen Mittwoch um 16.33 Uhr Ortszeit (22.33 Uhr MESZ) sollen der 49-jährige Robert Behnken und der 53-jährige Douglas Hurley, beide US-Raumfahrtveteranen, zur ISS starten und 19 Stunden später dort andocken. Die Chancen, dass das Wetter während des avisierten Startfensters schlecht ist, stehen allerdings bei fast 60 Prozent. Ein nächstes Zeitfenster wurde für Samstag errechnet.

Bis 2024 zum Mond

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Für SpaceX-Chef Musk ist die ISS nur der Anfang, bis 2030 soll es zum Mars gehen. - © afp

Das Programm für bemannte Nasa-Missionen mit Raumfähren kommerzieller Unternehmen hatte unter Trumps Vorgänger Barack Obama begonnen. Trump sieht in dem nun erhofften Erfolg aber eine Bestätigung seines Vorhabens, die US-Vorherrschaft im All zurückzuerlangen. So hat er angeordnet, dass spätestens 2024 wieder Astronauten zum Mond fliegen sollen. Diese Zielvorgabe erscheint zwar unrealistisch, hat der US-Raumfahrt aber dennoch Schub gegeben.

Seit dem Baubeginn der ISS waren zwei Jahrzehnte lang US-Raumfähren und russische Raketen zu der gemeinsamen Raumstation geflogen. Die Space Shuttles waren allerdings riesig, extrem kompliziert konstruiert und entsprechend teuer. Für insgesamt 135 Flüge gaben die USA rund 200 Milliarden Dollar aus. Zudem gab es zwei tödliche Unfälle; mit der "Challenger" und der "Columbia".

Mit der Rückkehr der "Atlantis" zur Erde am 21. Juli 2011 wurde das Space-Shuttle-Programm daher eingestellt. Seitdem fliegen auch die US-Astronauten mit russischen Sojus-Kapseln zur ISS. Dieses Arrangement überdauerte zwar selbst die politischen Spannungen zwischen Washington und Moskau, doch mit Kosten von bis zu 90 Millionen Dollar pro Flug waren die russischen Mitfahrgelegenheiten nicht nur teuer, die Abhängigkeit vom jahrzehntelangen geopolitischen Rivalen kratzte auch tief am nationalen Ego der USA.

Dementsprechend waren die Sojus-Flüge auch von vornherein nur als Übergangslösung gedacht. Die Nasa beauftragte zwei private Unternehmen - das damals nur knapp 80 Mitarbeiter zählende Start-up SpaceX und den US-Luftfahrtriesen Boeing - mit dem Bau von Raumfähren. Seit 2011 zahlte die US-Raumfahrtbehörde an SpaceX dafür drei Milliarden Dollar - und neun Jahre später ist man nun bereit. Damit brauchte das Unternehmen von Musk, der auch als Chef des US-Elektroautopioniers Tesla im Ruf steht, es mit Fristen und Ankündigungen nicht so genau zu nehmen, zwar fünf Jahre länger als geplant, liegt aber dennoch deutlich vor Boeing. Der erste Testflug von Boeings Starliner scheiterte an schwerwiegenden Software-Problemen und muss daher wiederholt werden.

SpaceX habe "eine echte Erfolgsstory" geschrieben, sagt Scott Hubbard, der früher ein Nasa-Forschungszentrum leitete und heute an der Elite-Uni Stanford lehrt. Zu Beginn sei dem jungen Unternehmen "enorme Skepsis" entgegengeschlagen. Manager von Platzhirschen wie Boeing oder Lockheed hätten ihm gesagt, dass die Leute von SpaceX doch nicht wüssten, was sie tun, erzählt Hubbard, der in einem Aufsichtsgremium von SpaceX sitzt.

Das All als Wirtschaftsraum

Bereits seit 2012 übernimmt die günstige Falcon-9-Rakete von SpaceX unbemannte Versorgungsflüge zur ISS. Die bevorstehende bemannte Mission mit dem Namen Demo-2 ist für die USA nicht nur wichtig, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern, sondern auch um den Markt mit geschäftlichen und touristischen Reisen im niedrigen Erdorbit zu erobern.

Eines Tages sollten die USA ein Dutzend kommerziell betriebene Raumstationen im niedrigen Erdorbit haben, sagt Nasa-Chef Jim Bridenstine. SpaceX-Chef Musk, der Anfang der 2000er-Jahre mit dem Internet-Bezahldienst Paypal reich geworden ist, greift noch höher nach den Sternen: Sein Unternehmen arbeitet gerade an einem riesigen Raumschiff namens "Starship", das den Mond umrunden oder sogar mit bis zu 100 Menschen an Bord den Mars erreichen soll. In Musks Träumen wird sich der Mensch auf diese Weise zu einer "Multi-Planeten-Spezies" entwickeln.(afp/rs)