Die Schweiz und ihre Nachbarländer – wer hat Corona am besten im Griff?
Italien wurde als erstes europäisches Land stark von SARS-CoV-2 befallen, Österreich galt als «Vorzeigeland» in der Pandemiebekämpfung. Doch wie leben unsere Nachbarn heute mit dem Coronavirus?
Nicht alle unsere Nachbarstaaten waren gleich stark betroffen vom Coronavirus. Daher zuerst ein Blick auf die Todesopfer: Am meisten Opfer verzeichnet Italien, das besonders zu Beginn der Pandemie in Europa stark betroffen war. Mit gut 28'000 Toten bewegt sich Frankreich aber inzwischen in einem ähnlichen Rahmen. Österreich kommt nicht mal auf 1000 Todesfälle.
Deutschland meldet zwar mit gut 8000 Toten deutlich mehr Opfer durch COVID-19 als die Schweiz, heruntergebrochen auf die Einwohnerzahl forderte die Pandemie hier aber fast doppelt so viele Todesopfer. Das ähnlich grosse Österreich zieht mit 72 Toten pro Million Einwohner die positivste Bilanz unserer Nachbarländer.
Bild: watson
Inzwischen sind die täglichen Todesfälle in allen Ländern deutlich gesunken. Wie präsent ist das Coronavirus noch in der Schweiz und in ihren Nachbarländern? Ein Überblick.
Stand der Lockerungen
Die Schweiz und ihre Nachbarländer versuchen alle, in die Normalität zurückzukehren. Selbstverständlich sind Grossveranstaltungen und andere grössere Menschenansammlungen noch immer verboten. Doch die Detailhändler und Geschäfte sind mit Einschränkungen überall wieder geöffnet.
Unterschiede gibt es aber bezüglich der Maskenpflicht. Während in allen Nachbarländern in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske getragen werden muss, gibt es dafür in der Schweiz nur eine Empfehlung. Dazu kommt die Maskenpflicht für bestimmte Berufe: In Frankreich müssen beispielsweise alle Angestellten in Krippen eine Maske tragen, in Österreich auch alle Taxi-Fahrer.
m. E. = mit EinschränkungenBild: watson
Auch in Bezug auf Restaurants gibt's grosse Unterschiede. In Frankreich sind vorläufig noch immer nur Take-Away-Dienstleistungen erlaubt. In den anderen Ländern dürfen Wirte Gäste empfangen, allerdings mit gewissen Einschränkungen – so dürfen in der Schweiz bekanntlich nur maximal vier Gäste an einem Tisch sitzen.
Seit dem 19. April wurden in Österreich nie mehr über 100 Neuinfektionen gemeldet. Die deutlich bevölkerungsreicheren Länder Frankreich, Deutschland und Italien bleiben meist aber auch unter 2000 Neuansteckungen pro Tag, die Tendenz zeigt klar nach unten.
Anmerkung zu Peaks in der Grafik: Zeitverzögerungen bei Meldungen können teilweise sehr unregelmässige Kurven zur Folge haben. Wichtiger als eine absolute Zu- oder Abnahme ist die Tendenz über mehrere Tage.Bild: watson
Bei den absoluten Neuinfektionen scheint die Schweiz mit Österreich auf ähnlich gutem Niveau gewesen zu sein. Heruntergebrochen auf die Einwohnerzahl war die Situation allerdings während der Peak-Zeit Ende März in der Schweiz am extremsten. Hierzulande wurden anteilsmässig mehr Einwohner positiv getestet als in allen Nachbarstaaten.
Bild: watson
Inzwischen stecken sich in der Schweiz allerdings vergleichsweise wenig Menschen mit dem Coronavirus an. Anteilsmässig noch am meisten Neuinfektionen verzeichnet seit Wochen Italien, zurzeit sind es rund 1,1 Personen pro 100'000 Einwohner. Zu Spitzenzeiten waren es in Italien allerdings über 10 Personen pro 100'000 Einwohner.
Testvolumen
Sobald die Anzahl positiv Getesteter verglichen wird, stellt sich auch die Frage nach der Anzahl durchgeführter Tests. Anteilsmässig am meisten Einwohner getestet hat Italien (57 Tests pro 1000 Einwohner). Die Schweiz bewegt sich in ähnlichem Rahmen wie Deutschland und Österreich. Frankreich testet deutlich weniger. Wichtig zu wissen ist, dass teilweise Personen mehrfach getestet wurden, um das (positive) Resultat zu verifizieren.
Bild: watson
Obwohl inzwischen immer weniger Leute positiv auf das Coronavirus getestet werden, hat das Testvolumen in der Schweiz nicht abgenommen. Zurzeit werden täglich im Schnitt rund 3000 Tests durchgeführt. Die folgende Grafik zeigt das Testvolumen in der Schweiz, für die letzten Tage fehlen noch einige Daten. Die Schwankungen hangen mit vermindertem Testvolumen an Wochenenden zusammen.
Auch in den anderen Ländern wird nach wie vor fleissig getestet: Hier eine Grafik aus Österreich, wo zurzeit täglich zwischen 5000 und 10'000 Tests durchgeführt werden.
Anmerkung zum Peak am 2. April: Viele kleinere Labore in Österreich haben ihre Tests erst an diesem Tag im Epidemiologischen Meldesystem eingetragen, was dann zu einem grösseren Ausschlag geführt hat.Bild: wienerzeitung
Arbeitslosigkeit
Bereits für März 2020 meldeten ausser Deutschland alle verglichenen Länder einen Anstieg von Arbeitslosen im Vergleich zum Januar.
In den Ländern, die bereits Zahlen für April herausgegeben haben (Schweiz, Österreich und Deutschland), ist die Arbeitslosigkeit nochmals sprunghaft angestiegen. Die Schweiz liegt rund 25% über dem Januarwert, Österreich sogar fast 50%.
Für die Schweiz steht voraussichtlich am 8. Juni 2020 der nächste Öffnungsschritt an. Gibt der Bundesrat an der Pressekonferenz vom Mittwochnachmittag nichts anderes bekannt, werden dann Schwimmbäder, Zoos und andere noch geschlossene Freizeitanlagen wieder öffnen. Grossveranstaltungen sollen frühestens ab September wieder stattfinden.
Deutschland plant die aktuellen Kontaktverbote per 5. Juli aufzuheben – wie viele Personen sich bis dahin draussen oder in einem Haushalt versammeln dürfen, hängt allerdings vom Bundesland ab.
In Österreich stehen am 29. Mai die nächsten Lockerungsschritte an. Sie betreffen die Bereiche Kunst und Kultur, Freizeit und Bäder. Ab diesem Tag werden Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 100 Personen möglich sein – mit genügend Abstand.
Frankreich wartet auf die Öffnung der Restaurants und Bars anfangs Juni. Unterdessen treffen sich die Menschen stattdessen zahlreich in Parks oder an Ufern von Flüssen. Ansammlungen von mehr als 10 Personen sind allerdings noch immer verboten.
Italien hat mit der Öffnung von Restaurants letzte Woche einen grossen Schritt in Richtung Normalität gemacht. Auch Coiffeure, Fitnesscenter und Schwimmbäder sind unter gewissen Auflagen wieder geöffnet. Italien plant, ab dem 3. Juni die Grenzen zu öffnen.
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So kam das Coronavirus in die Schweiz – eine Chronologie
31. Dezember: Erste Meldungen über eine mysteriöse Lungenkrankheit, die in der zentralchinesischen Metropole Wuhan ausgebrochen ist, werden publiziert. 27 Erkrankte sind identifiziert. quelle: STRINGER11. Januar: Erstmals stirbt ein Patient an der neuen Lungenkrankheit. Sieben Patienten befinden sich in einem kritischen Zustand. quelle: XIONG QI / XINHUA15. Januar: Das neuartige Coronavirus wird ausserhalb Chinas bestätigt. Der Erreger wird mit Hilfe einer Genom-Analyse bei einer Frau in Thailand nachgewiesen. quelle: DIEGO AZUBEL22. Januar: Krisentreffen der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf. Die Flughäfen Zürich und Genf warten vorerst ab. quelle: SALVATORE DI NOLFI23. Januar: Die chinesischen Behörden riegeln die Elf-Millionen-Metropole Wuhan ab. Das BAG äussert sich «eher beunruhigt» über die Dynamik und Entwicklung des Coronavirus. quelle: STRINGER25. Januar: Die neue Lungenkrankheit breitet sich in China stark aus und erreicht Europa. In Frankreich werden drei Fälle nachgewiesen. quelle: ARNOLD JEROCKI26. Januar: Der Bund verschärft die Meldepflicht zum Coronavirus. Ärzte und Laboratorien müssen Fälle mit Verdacht auf eine Corona-Infektion innerhalb von zwei Stunden den Behörden melden. quelle: Salvatore Di Nolfi30. Januar: Das BAG schaltet eine kostenlose Hotline auf, um Fragen zum Coronavirus aus der Bevölkerung zu beantworten. quelle: GEORGIOS KEFALAS7. Februar: In der Schweiz stehen Flugpassagiere im Fokus der Vorbeugungen gegen das Coronavirus. An den Flughäfen werden sie mit Flugblättern über die Erkrankung informiert. quelle: SALVATORE DI NOLFI12. Februar: Die Post nimmt bis auf Weiteres keine Briefe oder Pakete nach China mehr an. Wegen des Coronavirus-Ausbruchs sind viele Flüge nach China eingestellt worden. quelle: LAURENT GILLIERON21. Februar: Die Schweizer Gesundheitsbehörden nehmen über 20 Personen in der Schweiz in Quarantäne. quelle: ENNIO LEANZA25. Februar: In der Schweiz wird erstmals ein Fall des neuartigen Coronavirus bestätigt. quelle: DENIS BALIBOUSE28. Februar: Der Bundesrat verbietet alle Grossevents mit mehr als 1000 Personen. Er ruft die «besondere Lage» gemäss Epidemiengesetz aus. Er erlässt drei Hygieneregeln. quelle: LAURENT GILLIERON2. März: Erstmals wurde eine Übertragung innerhalb der Schweiz bestätigt. Der Bund verschärft seine Kampagne und erlässt drei weitere Hygieneregeln. quelle: MARCEL BIERI4. März: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ergänzt seine Hygieneempfehlungen. Neu dazugekommen ist die Anweisung, Abstand zu halten. quelle: MARCEL BIERI5. März: Das erste Coronavirus-Todesopfer in der Schweiz: Eine 74-jährige Frau stirbt im Universitätsspital Lausanne. Insgesamt zählt die Schweiz 87 bestätigte Infektionen. quelle: DENIS BALIBOUSE6. März: Der Bundesrat rät von Besuchen in Alters- und Pflegeheimen sowie Spitälern ab. ÖV-Reisen in Stosszeiten sollen wenn möglich vermieden werden. quelle: LEANDRE DUGGAN8. März: In Liestal BL stirbt das zweite Corona-Opfer der Schweiz. Die Zahl der Infizierten steigt auf 281. quelle: GEORGIOS KEFALAS11. März: Der Kanton Tessin ruft den Notstand aus und schliesst alle nicht-obligatorischen Schulen. Auch sämtliche Kinos, Theater, Schwimmbäder, Clubs und Ähnliches werden geschlossen. Die Zahl der Infizierten steigt schweizweit auf 645 Fälle. quelle: Alessandro Crinari13. März: Der Bundesrat schliesst alle Schulen. Veranstaltungen ab 100 Personen werden verboten. In Restaurants dürfen sich nur noch 50 Personen aufhalten. 10 Milliarden Soforthilfe stehen für die Wirtschaft bereit. quelle: SAMUEL GOLAY14. März: Einzelne Skigebiete bleiben trotz Verbot offen. Bundesrat Berset spricht ein Machtwort. quelle: GIAN EHRENZELLER15. März: Das Parlament bricht seine Frühlingssession ab. In der Schweiz sind 2220 Fälle positiv getestet. Basel-Land schliesst alle Restaurants und Läden, die nicht der Grundversorgung dienen. quelle: ANTHONY ANEX16. März: Der Bundesrat erklärt die «ausserordentliche Lage». Truppen werden mobilisiert, Veranstaltungen verboten. Geschäfte und Lokale müssen schliessen, nur Lebensmittelläden und Gesundheitseinrichtungen bleiben offen. Die Grenzen werden geschlossen. quelle: ANTHONY ANEX18. März: Der Bundesrat rationiert einzelne Schmerzmittel wie Dafalgan. Zudem wird die Volkabstimmung vom 17. Mai verschoben, Betreibungen sind bis am 4. April verboten. quelle: CHRISTIAN BEUTLER19. März: Das Angebot des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz wird schrittweise reduziert. Alle Urlaube in Rekrutenschulen und Wiederholungskursen sind gestrichen. Der Kanton Uri verhängt eine Ausgangssperre für Menschen über 65 Jahre. quelle: JEAN-CHRISTOPHE BOTT20. März: Der Bundesrat verbietet Versammlungen mit mehr als 5 Personen. Zudem lanciert er ein 32-Milliarden-Hilfspaket für die Wirtschaft. Die Städte Zürich und Bern sperren einzelne Areale ab. quelle: PETER KLAUNZER21. März: Der Kanton Uri hebt die Ausgangssperre für Senioren wieder auf. Die vom Bund beschlossenen Regeln lassen den Kantonen keinen Spielraum. 6113 Fälle sind in der Schweiz bestätigt. 56 Personen sind verstorben. quelle: URS FLUEELER22. März: Das Tessin schliesst alle Baustellen und alle Betriebe, die die Hygienemassnahmen und Abstandsregeln nicht einhalten können. quelle: DAVIDE AGOSTA23. März: Rund 15'000 Schweizerinnen und Schweizer sind im Ausland blockiert. Das Aussendepartement hat die grösste Rückholaktion aller bisherigen Zeiten gestartet. quelle: CHRISTIAN BEUTLER24. März: In der Schweiz gibt es bereits 90 Todesfälle. Fast 9000 Personen haben sich mit dem Virus angesteckt. quelle: LAURENT GILLIERON25. März: Ueli Maurer hat mit den Banken einen Deal ausgehandelt. Unternehmen können zu einem günstigen Zins Kredite aufnehmen. quelle: ALESSANDRO DELLA VALLE28. März: Die schlimmsten Befürchtungen bleiben zunächst aus. Dennoch kämpfen in der Schweiz 280 Personen am Beatmungsgerät um ihr Leben. quelle: LAURENT GILLIERON30. März: Die Zahl der Todesopfer steigt schweizweit auf über 300. In der Armee gibt es 128 Infizierte. quelle: JEAN-CHRISTOPHE BOTT3. April: Der Bundesrat stockt die Wirtschaftshilfe auf 40 Milliarden Franken auf. quelle: PETER KLAUNZER6. April: Die Post gibt eine Corona-Solidaritätsmarke heraus.8. April: Der Bundesrat verlängert den Lockdown bis zum 26. April und mahnt, an Ostern trotz des schönen Wetters zu Hause zu bleiben. Für die Zeit nach dem 26. April kündigt er langsame Lockerungen an. quelle: PETER KLAUNZER16. April: Der Bundesrat beschliesst erste Lockerungen. Am 27. April dürfen Coiffeurgeschäfte, Baumärkte und Gartencenter wieder öffnen und die Einschränkungen für Spitäler werden aufgehoben. Zwei Wochen später soll der Unterricht an den obligatorischen Schulen wieder aufgenommen werden. quelle: PETER KLAUNZER22. April: SBB und Postauto künden die etappenweise Wiederaufnahme der gestrichenen Verbindungen im Bahn- und Busverkehr an. quelle: URS FLUEELER27. April: Coiffeure, Baumärkte und Gartencenter dürfen wieder öffnen und die Einschränkungen für Spitäler werden aufgehoben. quelle: ENNIO LEANZA
Nach Lockdown: Mädchen darf endlich wieder zu ihren Grosseltern