Interview mit Deka-Manager

Fondsmanager Speich: „Wir arbeiten nicht mit Aktivisten zusammen“

Der bekannte Fondsmanager rechnet vermehrt mit Attacken von aktivistischen Investoren in Deutschland. Das erste Ziel dürften aber die USA sein.

by
https://www.handelsblatt.com/images/deka-zentrale-in-frankfurt/25858924/2-format2020.jpg
Deka-Zentrale in Frankfurt

Der Experte Ingo Speich erwartet eine Welle von Aktivitäten der Hedgefonds in Europa.(Foto: dpa)

Frankfurt. Noch halten sich aktivistische Hedgefonds mit Angriffen auf deutsche Ziele zurück, und das, obwohl viele Unternehmen durch die Coronakrise geschwächt und damit anfällig für Attacken sind. Doch das dürfte sich ändern.

Für Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Dekabank ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Aktivisten wieder stärker auf deutsche Konzerne einschießen. Speich macht das auch an den Anfragen von Aktivisten beim Wertpapierhaus der Sparkassen fest. Mit ihren Avancen stoßen die Aktivisten bei der Deka allerdings auf verschlossene Türen. Zu unterschiedlich seien die Interessen, betont der 43-Jährige.

Das ganze Interview lesen Sie hier:

Deutsche Unternehmen sind durch die Krise geschwächt, werden Aktivisten das ausnutzen, um Corporate Germany aufzumischen?
Das ist nur eine Frage der Zeit, Ziele gibt es zunehmend mehr. Diese spezielle Form von Hedgefonds wird als Anlegergruppe in Zeiten des Anlagenotstands gesucht bleiben. Und der starke Dollar-Kurs und das niedrige Zinsniveau machen Investments der meist aus den USA oder Großbritannien kommenden Topadressen attraktiv. Deshalb werden Europa und speziell Deutschland stärker in den Fokus rücken. Aber um es deutlich zu sagen: Wir arbeiten nicht mit Aktivisten zusammen. Die Interessenlagen sind zu unterschiedlich.

In den USA sind die Aktivisten bereits wieder munter unterwegs, in Deutschland ist von großen Spielern wie Elliott, Third Point und Co. aber derzeit wenig zu hören.

Wir sehen auch in der Krise weiter Anfragen von Aktivisten. Ein Austausch hat noch nie geschadet. Aber bei Investments in Dax-Unternehmen geht es um hohe Summen. Um etwas zu bewegen, müssen sich die Hedgefonds zumindest im einstelligen prozentualen Volumen einkaufen.

…aber an Geld fehlt es doch nicht.
Aktivisten wollen meist nur das Unternehmensrisiko und sichern andere Faktoren häufig ab, um Kursschwankungen unter Kontrolle zu halten. Heute kommt das teuer. Deshalb bleiben die Aktivisten lieber zunächst in den USA, zumal es krisenbedingt dort wieder mehr Ziele gibt. Dort besitzen sie ausgebaute Netzwerke und Strukturen. Europa werden sie sich in einer zweiten Welle vornehmen.

America first, auch bei den aktivistischen Fonds - wo liegen die Gründe dafür?
Zwar haben die großen Adressen in den vergangenen Jahren in Europa auch ihre Netzwerke von Beratern und Anwälten aufgebaut. Doch die Infrastruktur besitzt noch nicht die gleiche Qualität wie in den USA. Außerdem fällt es den Aktivisten weiter schwer, mit dem zweistufigen Führungs- und Kontrollsystem von Vorstand und Aufsichtsrat in Deutschland zurechtzukommen. Das bietet einen gewissen Schutz. Denken Sie an den Fall Bayer. Hier lag die Zustimmung zum Vorstand bei der Hauptversammlung 2018 unter 50 Prozent. Konsequenzen hatte das zuerst einmal keine, da der Aufsichtsrat sich nicht bewegt hat. In den USA wäre eine derartige Situation unvorstellbar.

Wie wirksam ist die abschreckende Wirkung auf Dauer?
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dieses Hindernis Aktivisten nicht mehr beeindruckt.

Ziehen Vermögensverwalter wie Deka verstärkt mit Aktivisten an einem Strang, um höhere Renditen zu erreichen?
Wie schon erwähnt: Wir arbeiten nicht mit Aktivisten zusammen. Zudem gibt es rechtliche Einschränkungen, denn Acting in Concert ist in Deutschland verboten. Aber natürlich wünschen sich viele Anleger ein aktiveres Engagement von den Vermögensverwaltern bei Unternehmen, um die Performance zu verbessern. Dem tragen wir Rechnung, stellen klare Forderungen und treten etwa bei Hauptversammlungen kritisch auf.

Ist das nicht mehr oder weniger das Gleiche, was die Aktivisten tun?
Wir sind aktiv, aber nicht aktivistisch und verfolgen eine andere Strategie als die Aktivisten, die teilweise Vorstände privat angreifen, um sie zu diskreditieren. Sie haben vor allem den kurzfristigen Erfolg im Blick, um sich dann schnell aus dem Unternehmen zu verabschieden. Wir dagegen agieren, als Vertreter insbesondere auch vieler Kleinanleger, langfristig und in konstruktiver Weise.

Wie sieht es mit dem Erfolg der Aktivisten aus? Bei Thyssen-Krupp scheinen sie die Aufspaltung durchgesetzt zu haben.
Viel Erfolg kann ich bei den Kampagnen der Aktivisten bei Dax-Unternehmen nicht erkennen. Speziell im Fall Thyssen-Krupp hatte der Aktivist Cevian anfangs versucht, die Strukturen zu verändern. Der Erfolg blieb aus. Heute besitzt der Konzern angesichts der anhaltenden Ertragsmisere keine andere Wahl, als sich auch von Perlen wie Thyssen-Krupp Elevator zu trennen.

Fällt die Erfolgsbilanz bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen besser aus?
Aus meiner Sicht ist die Situation hier Erfolg versprechender. Hier herrscht in Vorständen und Aufsichtsräten teilweise Sorglosigkeit. Hohe Cash-Positionen können beispielsweise Begehrlichkeiten wecken und die Forderung von hohen Dividenden und Aktienrückkäufen auslösen.

Scheuen die Aktivisten zunehmend das Licht der Öffentlichkeit? Vom Verkauf der Beteiligung an SAP durch Elliott hat der Anleger nichts gehört, nachdem der Einstieg noch groß verkündet worden war.
Das Auftreten hat sich ein Stück weit geändert. Aktivisten agieren heute oftmals verdeckt und suchen das Gespräch mit dem Management des von ihnen anvisierten Konzerns. Gleichzeitig besuchen immer mehr Manager im Rahmen von Investorentreffen Aktivisten.

Ist es unter Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten wünschenswert, dass Aktivisten Unternehmen unter Druck setzen, um für mehr Engagement für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG) zu sorgen?

Wenn es um Environment, Social und Governance geht, spielen die Aktivisten derzeit keine wichtige Rolle. Gewiss, das G, also die Unternehmensführung steckt in ihrer DNA. Hier versuchen sie, Firmen zu verändern. Aber die Umweltthemen und das Soziale wirken eher langfristig. Das ist nicht ihr Ding, anders als bei uns.

Herr Speich vielen Dank für das Gespräch.

Mehr: Noch halten sich aggressive Investoren in Europa zurück. Aber das wird sich ändern.