Börsengang von Jacobs Douwe Egberts Peet’s

Wie Familie Reimann in acht Jahren ein Kaffeeimperium aufgebaut hat

Trotz Coronakrise geht JDE Peet’s, die Nummer zwei hinter Nestlé, überraschend schnell an die Börse. Das Geschäft mit Kaffee gilt als krisenfest.

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Kaffee im Einkaufsregal

JDE Peet’s geht mit seinen Kaffeemarken Jacobs, Senseo und Douwe Egberts am 3. Juni in Amsterdam an die Börse.(Foto: Reuters)

Düsseldorf. Mitten in der tiefsten Coronakrise wagt der Kaffee- und Teekonzern Jacobs Douwe Egberts Peet’s den Schritt aufs Parkett. Das Börsendebüt des Unternehmens, das von der deutschen Milliardärsfamilie Reimann beherrscht wird, ist für den 3. Juni an der Euronext in Amsterdam geplant. Zunächst war es auf Herbst oder später verschoben worden. Weil das Interesse der Investoren aber offenbar groß ist, wurde der Börsenstart Insidern zufolge nun doch vorgezogen.

Zu JDE Peet’s gehören mehr als 50 Kaffee- und Teemarken, Hauptumsatzbringer sind die Marken Jacobs, Douwe Egberts, Tassimo, Senseo und Pickwick. Der Kaffeeröster bietet nicht nur Kaffee, Pads und Kapseln an, sondern unterhält mit Peet’s auch 200 eigene Cafés.

Der Börsengang soll bis zu 2,25 Milliarden Euro einspielen, wie das Unternehmen am Dienstag bekanntgab. Vor der Krise hatten Börsenkreise noch mit einem Volumen von rund drei Milliarden Euro gerechnet. Dennoch will die Familie Reimann am Börsengang festhalten, um Schulden bei JDE Peet’s abzubauen und Mitinvestoren Gelegenheit zum Verkauf von Anteilen zu geben.

Familie Reimann, die mit der Chemiefirma Reckitt Benckiser reich wurde, hatte seit 2012 ihr Portfolio immer mehr auf Kaffee umgestellt. Dabei vertraut sie ganz auf das Gespür ihres Chefstrategen Peter Harf, Chairman der Familienholding JAB. Harf hat über die JAB Holding zusammen mit externen Investoren des JAB Consumer Fund Schritt für Schritt ein Kaffeeimperium zusammengekauft. Zu den Investoren zählen Pensionsfonds, Stiftungen und Family Offices, die parallel zu JAB investieren.

Die Einkaufstour von Harf bei Kaffee- und Teemarken war ergiebig. Mit zuletzt 6,9 Milliarden Euro Umsatz ist JDE Peet’s heute die Nummer zwei aller Kaffeekonzerne hinter Weltmarktführer Nestlé mit Marken wie Nescafé und Nespresso. Die operative Gewinnmarge lag 2019 bei 15 Prozent.

Der Börsenaspirant betrachtet sein Geschäft als krisenfest. „Wegen Corona sitzen die Leute nun zu Hause, langweilen sich und trinken Kaffee“, sagte Harf dem Handelsblatt in einem Interview im März. „Unser Kaffeegeschäft ist im Aufwind, der Umsatz steigt. Wir erwarten Rekordergebnisse.“

Im ersten Quartal wuchs der Umsatz um drei Prozent, das operative Ergebnis sogar um ein Viertel. Zwar hätten die Peet’s-Cafés unter den Ladenschließungen gelitten, dennoch werde der Umsatz im ersten Halbjahr den des entsprechenden Vorjahreszeitraums übertreffen, hieß es. Die höhere Nachfrage nach Kaffee beflügelte auch Wettbewerber Nestlé, der im ersten Quartal das höchste Wachstum seit knapp fünf Jahren einfuhr.

Börsengang soll Schulden senken

„Wenn unser Kaffeegeschäft mit Jacobs und Peet’s an der Börse funktioniert, kann das für Europa ein Zeichen sein, dass die Normalität zurückkehrt“, sagte Harf im März. „Ich bin überzeugt, dass der Börsengang sehr gut klappen wird, weil wir das ultimative defensive Papier sind.“

Die Aktien von JDE Peet’s können seit Dienstag bis zum 2. Juni in einer Spanne von 30 bis 32,25 Euro gezeichnet werden. Das Unternehmen käme dann auf einen Börsenwert von 14,9 bis 16 Milliarden Euro – das wäre das Zehnfache des bereinigten Betriebsgewinns (Ebit). JDE Peet’s selbst will durch die Ausgabe neuer Aktien 700 Millionen Euro erlösen. Damit soll vor allem der Schuldenberg, der durch Zukäufe angehäuft wurde, etwas abgebaut werden. Laut Ratingagentur Moody’s lagen die Verbindlichkeiten im Mai bei rund 5,1 Milliarden Euro.

Die Familien-Holding der Reimanns, JAB, will keine Anteile abgeben und langfristig größter Anteilseigner bleiben. JAB besitzt über die Firma Acorn derzeit fast 42 Prozent an JDE Peet’s. Weitere etwa 31 Prozent halten Investoren des JAB Consumer Fund über Acorn an JDE Peet’s. Acorn platziert Aktien im Volumen von rund 800 Millionen Euro.

Ein ähnlich großes Aktienpaket bietet Mondeléz International am Markt an. Der Konsumgüterkonzern (Milka) hatte den traditionsreichen Kaffeehersteller Jacobs 2015 an JAB verkauft. Mondeléz hält derzeit noch 26,4 Prozent an JDE Peet’s.

Mehrere Ankerinvestoren, darunter zwei Fonds des Investors George Soros und der US-Fondsriese FMR, haben bereits zugesagt, Aktien für insgesamt 761 Millionen Euro abzunehmen. Auch die JAB Holding der Familie Reimann gehört zu diesen Investoren. Organisiert wird die Emission von den Investmentbanken BNP Paribas, Goldman Sachs und JP Morgan. Die Zeichnungsfrist ist so ungewöhnlich kurz, weil in Zeiten von Corona Investoren per Videokonferenz statt mit einer globalen Roadshow umworben werden. Der Kaffeekonzern lockt Anleger damit, künftig 50 bis 60 Prozent des Gewinns als Dividende auszuschütten.

Das Geschäft mit gebrühten Heißgetränken boomt seit Jahren. Laut Marktforscher Euromonitor International lag der weltweite Umsatz mit Kaffee und Tee 2019 bei 118 Milliarden Euro. Bis 2024 soll er auf 134 Milliarden Euro weiter steigen. Der Markt profitiert vom Trend zu Premiummarken, denn die Verbraucher sind bereit, für Qualität mehr auszugeben. Peet’s bedient das Premiumsegment.

JDE Peet’s hat 2019 etwa 130 Milliarden Tassen Kaffee und Tee in mehr als 100 Ländern verkauft. Das entspricht einem Anteil von rund sieben Prozent in dem stark fragmentierten Markt. Knapp 80 Prozent des Geschäfts werden in 44 Ländern gemacht, wo die Gruppe jeweils die Nummer eins oder zwei im Markt ist. Insgesamt sind weltweit mehr als 21.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Viele Marken von JDE Peet’s haben eine lange Tradition. Der Kaffeeröster Douwe Egberts hat seine Wurzeln 1753 im niederländischen Friesland. 1978 wurde er vom US-Konzern Sara Lee übernommen, 2012 abgespalten und als D.E Master Blenders 1753 an die Amsterdamer Börse gebracht. JAB übernahm die Firma ein Jahr später und nahm sie wieder von der Börse.

Lange Tradition von Jacobs Kaffee

Der Kaffeeröster Jacobs wurde 1895 von Johann Jacobs in Bremen gegründet. Die Werbespots mit Karin Sommer, die in den 70er-Jahren das „Verwöhnaroma“ der Jacobs Krönung anpries, sind Legende. 1990 wurde die Rösterei von Kraft Foods (heute Mondeléz) übernommen. 2015 stieg JAB mit Investoren ein. In Deutschland ist Jacobs mit Abstand Marktführer vor Tchibo und Nestlé, zeigen Zahlen von Euromonitor International.

Peet’s Coffee hat seine Wurzeln demgegenüber in den USA. Der Niederländer Alfred Peet gründete den Kaffeeröster 1966 im kalifornischen Berkeley. Peet’s bietet Bohnen und frischen Kaffee im Einzelhandel und in eigenen Cafés an. JAB übernahm Peet’s 2012 für 978 Millionen Dollar und nahm die Firma von der Börse.

Den Zusammenschluss von JDE und Peet’s zum Jahresanfang 2020 bewerten Branchenbeobachter durchweg positiv. „Durch das kombinierte Geschäft von Peet’s hat sich Jacobs Douwe Egberts Zutritt zum großen US-Markt verschafft. Daneben werden die Vertriebskanäle durch eigene Cafés weiter diversifiziert“, schreibt Nikolay Popov von S&P. JDE hat dort ein Rating von „BB“.

Casey Keller, CEO des Kaffeekonzerns, sieht JDE Peet’s gut positioniert für Wachstum. Der bisherige Chef von Peet’s denkt bereits über weitere Zukäufe nach, dabei soll der Zugang zum Kapitalmarkt helfen: „Es gibt viele Wettbewerber und viele Kaffee- und Teeunternehmen, die wir uns weiter anschauen. Wir sehen Gelegenheiten in der Zukunft, es ist immer noch ein relativ fragmentierter Markt.“

Seit 2012 hat die Kaffee-Gruppe 15 Übernahmen gestemmt. Peet’s etwa hat Stumptown Coffee Roaster, Intelligentsia Coffee & Tea und Mighty Leaf Tea zugekauft. Auch die Zahl der eigenen Cafés in China soll ausgebaut werden. Attraktive Möglichkeiten sieht JDE Peet’s auch im Außer-Haus-Geschäft, das Büros, Hotels und Restaurants versorgt. Der Markt in den USA und Schwellenländern soll tiefer erschlossen werden.

Ihr Faible für Kaffee offenbart Familie Reimann nicht nur beim Börsenneuling JDE Peet’s. Sie ist auch seit 2016 beim US-Getränkehersteller Keurig Green Mountain mehrheitlich investiert. Nach der Fusion mit Dr Pepper Snapple 2018 ging Keurig Dr Pepper an die New Yorker Börse. Auch Kaffee von Keurig Green Mountain erweist sich als krisenfest. Nach einem kurzen Einbruch im März notiert die Aktie wieder auf Vorkrisenniveau.

Mehr: JAB-Chairman Peter Harf im Interview: „Das wird ein schöner runder Börsengang“