Wollen Sie die Klimajugend an die Urne holen, Frau Arslan?
Sibel Arslan fordert national das Stimmrechtsalter 16. Damit dürfte die Klimajugend an Abstimmungen und Wahlen teilnehmen. Am Donnerstag fällt ein Vorentscheid.
by Claude BühlerDas Thema: Ein politischer Dauerbrenner. Der Leuchtturm der Befürworter: Der Kanton Glarus. Dort dürfen Sechzehnjährige schon seit 2007 an die Urne. Eine schier endlose Reihe von Vorstössen und Initiativen für das Ziel scheiterten jedoch, national und kantonal. Auch in den beiden Basel wurde schon abgestimmt – und zuletzt mit über 80 (BL) resp. 70 (BS) Prozent «Nein» verworfen. Aber in mehreren Kantonen ist das Stimmrechtsalter 16 schon wieder auf der Traktandenliste.
Junge Menschen sollen über die Zukunft bestimmen
Nun auch erneut national: Sibel Arslan hat eine parlamentarische Initiative eingereicht. Das Hauptargument der Basta-Nationalrätin: «Junge Menschen mit einer noch langen Lebenserwartung sollen die Entscheidungen mitbeeinflussen können, welche ihre Zukunft betreffen. Beispiele dafür sind die Altersvorsorge, der Umwelt- und Klimabereich, die Energiepolitik sowie aussenpolitische Weichenstellungen».
Unmündige Wählerinnen und Wähler?
Am Donnerstag entscheidet darüber die staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK). Die Zeichen stehen schlecht. Watson berichtete: «Elf von 25 Mitgliedern – Grüne, SP, GLP und EVP – sagen Ja, 14 Mitglieder Nein (oder sie äusserten sich nicht). Zwei Parlamentsmitglieder müssten kippen, damit es zu einem Zeichen käme für Stimmrecht 16. Stimmt der Nationalrat zu, muss dies auch der Ständerat tun. Das sind viele Hürden.» In der SPK sitzt der einstige Jungfreisinnige Andri Silberschmidt. Er winkt ab: «Wählen können soll nur, wer mündig ist.»
Im Ja-Lager: Longchamp, Noser und eine Expertenkommission
Unterstützung – «mit Nachdruck» – erhält Arslan von der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendkommission (EKKJ) – eine der Expertenkommissionen, die den Bundesrat und die Verwaltung in fachspezifischen Fragen beraten. Und der bekannteste Politologen der Schweiz, Claude Longchamp, hält eine Absage für politisch unverantwortlich: Man dürfe die jungen Menschen nicht länger abblocken. Auch FDP-Ständerat Ruedi Noser tritt flammend dafür ein: Die Jugendlichen seien kompetent genug.
Immer mehr Ü-50 an der Urne: Ist das fair?
Arslan fordert das aktive Wahl- und Stimmrecht. Heisst: Man darf wählen, sich aber nicht wählen lassen. Die freche Frage: Will sie sich mit ihrer Initiative neue Wählerfanggründe eröffnen, zum Beispiel bei der linksgrünen Klimajugend? Können Menschen, die gerade erst die obligatorische Schulbildung abgeschlossen haben oder das Gymnasium besuchen, komplexe politische Entscheidungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen treffen? Und haben wir – wie es ihre Gegner sagen – nicht mit Corona andere, wichtigere Sorgen?
Arslan hingegen sagt: «Die demografischen Veränderungen bringen es mit sich, dass die Zahl der Stimmberechtigten über fünfzig immer höher wird, was zu einer Verzerrung der politischen Entscheidungen führen kann.» Wer kann es von der Hand weisen?
Im Talk nimmt die Basler Basta-Nationalrätin Sibel Arslan Stellung und sagt, was in der Politik besser würde, wenn Sechzehn- oder Siebzehnjährige mitbestimmen könnten: Mittwoch, 27. Mai, 18.45 Uhr.