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Kurzarbeit – und schon gar nicht deren Betrug – gibt es nicht erst seit Corona.© Keystone

Kurzarbeit-Betrug schon vor Corona: «Bschiss-Boss» holt Deal für sich heraus

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Kurzarbeit-Betrug gab es auch schon vor Corona: Ein 64-jähriger Geschäftsführer meldete 2012 für seine Firma Kurzarbeit an, doch unter falschen Angaben. Nun einigt er sich mit Basler Staatsanwaltschaft auf eine Strafe.

Wegen der Coronakrise ist die Kurzarbeitsentschädigung derzeit in aller Munde: Bei Arbeitsausfällen aus wirtschaftlichen Gründen übernimmt die Arbeitslosenversicherung 80 Prozent des Verdienstausfalls, sofern es sich nicht um betriebsübliche Ausfälle oder normale saisonale Schwankungen handelt. Die Abrechnung läuft dabei vollständig über den Arbeitgeber: Dieser muss die Gründe für die Kurzarbeit darlegen und auch detaillierte Formulare mit den genauen Ausfallstunden der betroffenen Arbeitnehmer liefern. Die Angaben werden überprüft, mal genau, mal etwas weniger genau.

Im Dezember 2012 meldete sich auch der heute 64-jährige Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident einer Basler IT-Personalberatungsfirma bei der Arbeitslosenkasse und begründete die Kurzarbeit in seiner Firma mit kurzfristigen Problemen in der Finanzbranche. Seine Angaben waren allerdings falsch: Die ausgefallenen Stunden gab er für einen Mitarbeiter im Februar 2013 um 16 Stunden und im März 2013 um 25 Stunden zu hoch an, die Versicherung zahlte 1600 Franken zu viel aus.

Ähnlich lief es mit einer Mitarbeiterin im Mai 2013, für die 33 ausgefallene Stunden abgerechnet wurden. Tatsächlich war sie aber in den Ferien, was definitiv nicht als Kurzarbeit gilt. Ein weiterer Mitarbeiter wurde zur regelrechten Milchkuh: Für ihn rechnete der 64-Jährige während der Jahre 2013 und 2015 jeweils über mehrere Monate insgesamt 150 900 Franken zu viel ab. Zumindest im Februar 2015 klang die Begründung nachvollziehbar: Wegen der weggefallenen Kursbindung an den Euro seien im Umfeld verschiedene Projekte gestoppt worden. Der Einbruch der Auftragssituation sei aber bloss vorübergehend, schrieb der Geschäftsführer damals.

Weitere Versuche für den Frühling 2016 scheiterten, dabei sollten weitere 9300 Franken an Entschädigungen kassiert werden. Die Sache flog auf, insgesamt hatte die Firma rund 145000 Franken an Kurzarbeitsentschädigung ertrogen. Der 64-Jährige gab die Sache zu, bezahlte die Summe prompt zurück und einigte sich mit der Basler Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs sowie eine bedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten. Voraussetzung dafür ist das Einverständnis der geschädigten Partei. Wie Staatsanwalt Urs Müller auf Anfrage betonte, sei das milde Strafmass hauptsächlich auf die vollständige Rückzahlung der Gelder zurückzuführen.

Wie viel wussten die Angestellten?

Einzelrichter Marc Oser genehmigte gestern den «Deal», womit die Sache erledigt ist. Im sogenannten abgekürzten Verfahren findet normalerweise keine detaillierte Befragung des Angeklagten mehr statt, zumal der 64-jährige Geschäftsführer eh von der Verhandlung dispensiert war: Der Mann aus der Innerschweiz lebt derzeit bei seiner Partnerin in Deutschland, und zum Zeitpunkt der Vorladung befürchtete er offenbar, dass er nach der Verhandlung in Basel wegen der geschlossenen Grenzen nicht mehr nach Deutschland zurückreisen könnte.

Im Lauf des Verfahrens wurden auch die einzelnen Angestellten als Beschuldigte einvernommen, diese hatten die Formulare damals gegengezeichnet und damit zumindest mitgeholfen. Wie viel sie von den Betrügereien wussten, bleibt offen: Der 64-Jährige hat die Schuld quasi vollständig auf sich genommen. Die Staatsanwaltschaft will nun die sistierten Verfahren gegen die Mitarbeiter definitiv einstellen, sobald das Urteil gegen den Chef rechtskräftig ist. Ob die derzeitigen erleichterten Kurzarbeitsbedingungen weitere Firmen zu Tricksereien motivieren, wird sich frühestens in einigen Monaten zeigen.

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