Frankfurter Buchmesse findet im Herbst statt
Trotz der Corona-Pandemie öffnet die Frankfurter Buchmesse vom 14. bis 18. Oktober ihre Pforten. Ein "detailliertes Gesundheits- und Hygienekonzept" soll die Sicherheit der Besucher und Aussteller gewährleisten.
Die Buchmesse soll an mehreren weiteren Orten der Stadt und zeitgleich virtuell abgehalten werden, kündigte die Messegesellschaft an. Besucher müssten sich vorab registrieren und Auskunft über ihren Gesundheitszustand geben, ihre Zahl werde beschränkt.
Die Buchmesse erwartet nach eigenen Angaben die Teilnahme von Ausstellern aus ganz Europa - "abhängig von den dann geltenden Reisebeschränkungen". Details sollen Ende Juni bekannt geben werden. Grundlage der Veranstaltung sei ein "detailliertes Gesundheits- und Hygienekonzept", das die Sicherheit der Besucher, Aussteller und Mitarbeiter gewährleistet.
"Mutige Entscheidung"
Juergen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, erklärte: "In diesem Jahr ist es wichtiger als je zuvor, die Frankfurter Buchmesse durchzuführen." Mit der Präsenz auf dem Messegelände, bei Buchevents vor Ort und virtuell wolle die Messe "Aufmerksamkeit für Autorinnen und Autoren, für die Branche, für unsere Themen" schaffen.
Die Vorsteherin der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, bezeichnete die Messeveranstaltung in der Corona-Pandemie als "eine mutige und wegweisende Entscheidung". Die Meinung bei den Verlagen war bis zuletzt gespalten: Die einen hofften, dass die Messe wenigstens in abgespeckter Form stattfindet. Die anderen glaubten, ohne internationale Aussteller und mit wenig Publikum sei die Messe keineswegs sinnvoll.
nob/uh (dpa, afp)
70 Jahre Frankfurter Buchmesse
Klappstühle und provisorisch zusammengezimmerte Bücherstände boten den Besuchern auf der ersten Buchmesse in Frankfurt im September 1949 einen Überblick über den Buchmarkt in Deutschland. Der Hunger nach unzensierter Kultur und Literatur aus anderen Ländern war groß. Die Trennung in Ost und West führte zur Neugründung einer Buchmesse in Frankfurt (BRD) und einer ostdeutschen in Leipzig (DDR).
Kurz nach der Gründung der Bundesrepublik wurde die Buchmesse in Frankfurt vom Börsenverein und engagierten Buchhändlern ins Leben gerufen. Vom 18. bis 23.09.1949 konnten Verleger, Buchhändler, Schriftsteller und Interessierte die Auslagen von 205 Ausstellern anschauen und erste Kontakte knüpfen. 14.000 Besucher kamen in die Frankfurter Paulskirche, präsentiert wurden damals 8500 Buchtitel.
Die Buchmesse platzte bald aus allen Nähten, immer mehr Verlage auch aus dem Ausland wollten ihre Bücher präsentieren. 1951 zog man in die größeren Messehallen um. Der Buchhandel in Deutschland profitierte auch von der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, der ein internationales Publikum anzog. 1953 waren zum ersten Mal mehr ausländische Verlage vertreten als deutsche.
Die Intention der Gründer der Frankfurter Messe war sehr politisch. Deutschland sollte nach der Nazidiktatur und dem Exodus vieler Verleger und Schriftsteller ins Exil als Kulturnation vor der Welt präsentiert werden. Nach dem deutschen Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 griff das nationale Fußballfieber auch auf die Messe über. Angestellte des Burda-Verlags trugen sogar Fußball-Trikots.
Der Messetermin im Oktober wurde in Frankfurt schnell Tradition. Die Buchmesse in Leipzig fand dagegen immer im Frühjahr statt, damit sich Verleger, Buchhändler, Literaturagenten und auch Schriftsteller an beiden Terminen treffen konnten. Viele Emigranten - Verleger wie Literaten - betraten erstmals zur Buchmesse wieder deutschen Boden. 1957 zeigten bereits 1300 Verlage ihre Neuerscheinungen.
Die Neuerscheinungen der deutschen Verlage waren auch ein Spiegel der jungen Bundesrepublik. Auf der Frankfurter Messe präsentierten sie nicht nur schöngeistige Literatur und hochwertige Bildbände, sondern ab Mitte der 1960er Jahre auch populäre Ratgeber-Bücher und preiswerte Taschenbücher. Frankfurt war inzwischen zum Umschlagplatz für internationale Lizenzen geworden, das Buch längst zur Ware.
Die wilden Jahre der Studentenproteste in der BRD hinterließen auch bei der Buchmesse ihre Spuren.1968 ging sie als "Polizeimesse" in die Geschichte Frankfurts ein. Polizeibeamte blockierten den Eingang zur Messehalle. Demonstrierende hatten sich über die Verleihung des Friedenspreises an den senegalesischen Präsidenten Senghor empört. Auch Proteste gegen rechte Verlage störten den Messebetrieb.
Immer wieder sorgten Skandale um politisch brisante oder indiskrete Buchveröffentlichungen für große Medienresonanz. So etwa 1989 die "Satanischen Verse" des britisch-indischen Schriftstellers Salman Rushdie. Auch das Verbot der Liebesgeschichte "Esra" von Maxim Biller, das seine damalige Geliebte in zähen Verhandlungen erwirkt hatte, erhitzte bis 2008 die Gemüter.
Für kontroverse Diskussionen werden in diesem Jahr auf der Messe sicher auch die Bücher von Peter Handke sorgen, dem Literaturnobelpreisträger 2019. Der Durchbruch gelang ihm 1966 mit seinem Stück "Publikumsbeschimpfung", in dem er die Theaterbesucher von Schauspielern beschimpfen ließ. Umstritten ist auch seine Pro-Serbische-Haltung im Balkankrieg und sein Buch "Gerechtigkeit für Serbien".
Mit dem "Länderschwerpunkt", der speziell einem Gastland gewidmet ist, gibt die Messe ausgewählten Nationen seit 1988 die Gelegenheit, ihr literarisches Schaffen zu präsentieren. Italien war das erste Gastland. "Books about Italy" präsentierte 3000 Titel, die Medien waren begeistert. 2006 stellte Indien (s.o.) seine Sprach- und Zeichenvielfalt vor. In diesem Jahr wird das Gastland Norwegen sein.
Das Modell der Frankfurter Buchmesse, Gastländern Raum zu geben und ihrer nationalen Literaturlandschaft besondere Öffentlichkeit zu widmen, hat in der ganzen Welt Nachahmung gefunden. Der Handel mit Übersetzungsrechten ist heutzutage zentraler Bestandteil der Buchmesse. Mehr als 390.000 Buchtitel, Hörbücher, E-Books und digitale Produkte werden in Frankfurt inzwischen präsentiert.