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Ständig auf Empfang

Smartphone-Sucht: Was gegen die Abhängigkeit hilft

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Wir sind pausenlos auf Empfang. Das Smartphone ist – besonders jetzt, da wir uns lange nicht treffen durften – für die meisten zum ständigen Begleiter geworden. Schnell kann das Nutzungsverhalten suchtähnliche Züge annehmen. Doch wann ist man süchtig? Und wie lässt sich der Smartphone-Konsum reduzieren? Experte Christian Montag weiß Rat.

Schluss mit dem Smartphone-Reflex

"Wir haben unser Gehirn ausgelagert", sagt der Psychologie-Professor Dr. Christian Montag, "wenn das Smartphone kaputtgeht, ist bei vielen Panik angesagt". Es sei eine Art Schweizer Taschenmesser geworden. Wenn man immer und überall erreichbar ist, steigt die Angst, etwas zu verpassen. 

Bei so manchem habe das inzwischen krankhafte Züge angenommen. Deshalb rät Montag zum bewussten Umgang: Schluss mit dem Smartphone-Reflex.

Wenn das Handy zur Droge wird

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Dafür müssen wir lernen, bewusst Pausen einzubauen und das Smartphone am besten auch mal auszustellen. Denn: Die ständigen, kleinen Unterbrechungen im Alltag haben dazu geführt, dass die Produktivität deutlich vermindert wird.

Forscher aus den USA haben in einer Studie zur Smartphone-Sucht herausgefunden¹, dass schon allein die Präsenz des Smartphones auf dem Tisch die Leistungsfähigkeit reduziert.

Noch ist der Begriff Smartphone-Sucht keine eigenständige Diagnose. Das exzessive Nutzen der Technik kann aber durchaus in den Bereich der Verhaltenssucht hineinfallen.

Es wird diskutiert, in wie weit sich Entzugssymptome beim Smartphone mit Entzugserscheinungen bei anderen Drogen vergleichen lassen. Viele Funktionen des Smartphones wirken auf das Gehirn in ähnlicher Weise, da sie das Belohnungssystem stimulieren.

Machen Sie den Selbsttest

Eine erste Einschätzung zum eigenen Konsumverhalten kann ein Selbsttest geben. Zum Beispiel der von Prof. Dr. Christian Montag entwickelte Test "Smartphone Addiction". Hierbei muss der Nutzer Fragen beantworten und sieht dann sein Ergebnis im Vergleich zu denen anderer Testpersonen.

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Sind Sie Smartphone-süchtig?
Hier geht es zum Test "Smartphone Addiction".
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Weniger am Handy – mit diesen Tipps klappt's

Wo die größte Suchtgefahr lauert

Die Anbieter digitaler Dienste nutzen diverse Psychotricks, um uns möglichst lange bei der Stange zu halten. Denn damit verdienen sie ihr Geld.

Belohnung

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Daumen hoch! Der "Gefällt-mir" oder auch "Like-Button" von Facebook erfunden, inzwischen immer wieder kopiert (zum Beispiel Herzchen). So bekommen wir Aufmerksamkeit und Rückmeldung. Das macht Lust auf mehr, denn es wirkt direkt auf unser Belohnungssystem im Gehirn.

Kein Ende in Sicht

Im Netz wird ständig nachgeladen. Kaum ist ein Film zum Beispiel auf Youtube zu Ende, startet schon der nächste. Auf vielen Portalen wie zum Beispiel Pinterest ist nie Schluss. Man kann scrollen ohne Ende. So verliert man schnell den Überblick und bekommt das nie das Gefühl, fertig zu sein. Auf diese Weise "verdaddeln" wir viel Zeit im Netz. 

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Immer mehr junge Menschen spielen Glücksspiele im Internet
Am 20. August beginnt in Köln die Gamescom. Dort werden die neuesten Videospiele gezeigt. Viele enthalten Glücksspiel-Elemente – etwa die sogenannten Lootboxen. Doch auch einige Glücksspiel-Apps werden kritisiert.
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Lieblingsinhalte

Wir hinterlassen mit unseren Klicks Spuren im Netz. Digitale Dienste nutzen das und sammeln mit sogenannten Cookies ständig Informationen über unser Nutzungsverhalten (um damit z.B. Werbegelder zu kassieren). So können sie uns ständig Inhalte anbieten, die unsere Vorlieben widerspiegeln. Im schlimmsten Fall führt das zu sogenannten Filterblasen. Wir erhalten nur noch Infos, die unsere Meinung bestätigen.

Druck, schnell und ständig zu reagieren

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Unter Druck lassen wir uns besser steuern. So werden WhatsApp-Nachrichten oder SMS z.B. mit "gelesen" markiert. Das löst beim Empfänger den Druck aus, schnell zu antworten. Immerzu blinken und klingeln eingehende Nachrichten und buhlen um Aufmerksamkeit. Das erzeugt Reaktions-Druck. Je weniger Zeit wir haben, desto mehr lassen wir uns davon dirigieren. Wir erkennen dann nicht, dass eilig nicht gleich wichtig bedeutet. Deshalb immer wieder auf Pausen achten. Und sich nicht hetzen lassen!

FOMO – die Angst, etwas zu verpassen

"Fear of missing out" – die Angst, etwas zu verpassen. In der Fachwelt kurz "Fomo" genannt. Hier nutzt die Online-Welt die menschliche Eigenschaft, mit Neugier und Wachsamkeit auf die Umwelt – besonders das eigene soziale Netzwerk – zu reagieren. Ein klassischer Überlebensinstinkt, der mit permanenten Newsfeeds, Klingeltönen und Eilmeldungen stimuliert wird.

Quelle

¹ Ward, A. F., Duke, K., Gneezy, A., & Bos, M. W. (2017). Brain drain: The mere presence of one’s own smartphone reduces available cognitive capacity. Journal of the Association for Consumer Research2(2), 140-154.