26. Mai 1940 - Todestag von Wilhelm Friedrich Prinz von Preußen
by Thomas KösterAdolf Hitler ist der Adel suspekt. Für den Diktator sind Fürsten, Prinzen und Kaiser Verlierer und Verräter. Schließlich seien sie alle nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg im Windschatten von Kaiser Wilhelm II. geflohen, schreibt er in seiner Hetzschrift "Mein Kampf" (1925/26): "Es ist beim besten Willen nicht einzusehen, warum wir uns Leute zurückholen sollten, die uns im Augenblick der größten Gefahr verlassen haben."
Umso mehr wird es Hitler gewurmt haben, was nach dem Tod Wilhelm Friedrichs am 26. Mai 1940 passiert. Als der Preußenprinz während des Frankreichfeldzuges an der Frontlinie bei Valenciennes schwer verletzt wird und stirbt, stehen bei seiner Beerdigung in Potsdam 50.000 Menschen schweigend Spalier. Nie zuvor in der Nazi-Diktatur ist eine so große Menge spontan und ohne Parteiorder zusammengekommen. Und das für einen Menschen, der als Jurist ein eher unspektakuläres Leben geführt hat.
Prinz Wilhelm von Preußen (Todestag 26.05.1940)
WDR 2 Stichtag. 26.05.2020. 04:15 Min.. Verfügbar bis 24.05.2030. WDR 2.
Beinahe Kaiser
Geboren wird Wilhelm Friedrich als Wilhelm Friedrich Franz Joseph Christian Olaf Prinz von Preußen 1906 in Potsdam. Er ist der älteste Kaiserenkel, Sohn des deutschen Kronprinzen Friedrich Wilhelm und der Kronprinzessin Cecilie. 1918 schlägt Reichskanzler Max von Baden dem Kaiser vor, abzudanken, den Kronprinzen zu übergehen und stattdessen dem minderjährigen Wilhelm Friedrich den Thron zu überlassen, um die Hohenzollernherrschaft zu retten. Aber Wilhelm II. weigert sich.
Ab 1925 studiert Wilhelm Friedrich Jura in Königsberg, München und Bonn. 1927 schlüpft der Hochstapler Harry Domela in seine Rolle, bis er verhaftet wird. Autoren wie Thomas Mann und Kurt Tucholsky greifen den Vorfall auf.
Nicht standesgemäß verheiratet
Gänzlich verspielt Wilhelm Friedrich das Wohlwollen seines Großvaters, als er sich nicht standesgemäß mit Dorothea von Salviati aus Bad Godesberg verheiraten will – anders als er stammt sie nicht aus einem ehemaligen Herrscherhaus. Zunächst untersagt der im Exil lebende Wilhelm II. die Heirat, aber 1933 setzt sich sein Enkel über die Weisung hinweg. Daraufhin wird er von der Thronfolge ausgeschlossen.
Als Wilhelm Friedrich von Preußen als Oberleutnant der Infanterie an der Front getötet wird und 50.000 Menschen bei der Beerdigung ihre Huldigung gegenüber der deutschen Monarchie kundtun, erlässt Adolf Hitler den sogenannten Prinzenerlass. Fortan ist es Angehörigen ehemals regierender Adelshäuser in der Wehrmacht untersagt, an Kampfhandlungen teilzunehmen. Später werden sie sogar ausgeschlossen.
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