https://www.mz-web.de/image/36750952/2x1/940/470/8c68164badb0a8b7f2486520dbee7a7f/oc/ramelow.jpg
Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, nimmt vor Beginn der Landtagssitzung seinen Mund-Nasen-Schutz ab. Foto: dpa
„Das ist brandgefährlich“

Ramelows Vorstoß stößt auf massive Kritik - und Zustimmung

   •  Die Kommunen sollen nach dem Willen von Ministerpräsident Ramelow künftig mehr Verantwortung für Corona-Beschränkungen tragen.
   •  Doch die warnen vor einem Flickenteppich an Regelungen - mit verheerenden Folgen.

Gotha/Weimar - Der Vorstoß von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zum Ende landesweiter Corona-Regelungen stoßen bei den Kommunen auf massive Kritik - aber auch Zustimmung. „Das ist brandgefährlich“, sagte der Präsident des Gemeinde- und Städtebunds, Michael Brychcy (CDU), am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

„Ich habe keine Lust, dass wir uns zweieinhalb Monate gequält haben und jetzt alles aufs Spiel setzen.“ Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) mahnte: „Thüringens Menschen brauchen klare Festlegungen auf dem Weg zur Normalität und kein Wischiwaschi von widersprüchlichen Verordnungen.“

Eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen gefährde die Akzeptanz der Menschen für die Einschränkungen, warnte Brychcy. In jedem Fall müsse es weiterhin landesweite Vorgaben zum Tragen von Mundschutz und für Kindergärten und Schulen geben. Ein Flickenteppich wäre die Brutstätte einer neuen Corona-Pandemie, erklärte Kreuch. „Wir wollen eine eindeutige Aussage dazu, wann zum Beispiel die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes aufgehoben wird.“ Die Verantwortung dürfe nicht auf Einzelne, also Landräte und Bürgermeister, delegiert werden.

„Es ist keine gute Strategie, die alleinige Verantwortung für notwendige Einschränkungen den Kommunen aufzudrücken“, betonte Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos). „Hier ist auch vom Land Verantwortungsbereitschaft gefragt.“ Die Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) hält diesen Weg gleichfalls für falsch. Sie plädierte bei den Corona-Lockerungen „für Augenmaß und ein abgestimmtes Handeln bundesweit“. Ein Thüringer Alleingang sei nicht sinnvoll, da das Virus vor keiner Landesgrenze Halt mache.

Bereits zuvor hatten die Oberbürgermeister von Jena, Thomas Nitzsche (FDP), und Altenburg, André Neumann (CDU), scharfe Kritik geäußert. „Bodo Ramelow sitzt jetzt ganz oben auf dem Coronamaßnahmen-Lockerungs-Wettbewerbs-Felsen“, schrieb Neumann auf Twitter. „Da können wir nur hoffen, dass unten im Tal nicht das Chaos ausbricht und alle hart erkämpften Erfolge zunichtegemacht werden.“

Als „schlicht fahrlässig“ bezeichnete die Führung des Jenaer Krisenstabes das Ansinnen, landesweite Regelungen durch regionale zu ersetzen. Auch eine Auflösung des Landeskrisenstabes sei schwer nachvollziehbar, hieß es in einer Mitteilung.

Unterstützung erhielt Ramelow derweil vom Eichsfelder Landrat Werner Henning (CDU). „Ich glaube, dass sein Weg wohl ein kühner, dennoch aber ein richtiger ist“, erklärte Henning am Montag. „Man kann keine mündige und freie Gesellschaft dauerhaft mit einer staatlichen Corona-Polizei und einem Bußgeldkatalog regieren.“ Er begrüße daher das Ansinnen, die Corona-Verbote in Corona-Gebote umzuwandeln und gegebenenfalls notwendig werdende Verschärfungen in die Hände der örtlichen Gesundheitsämter zu legen.

Ramelow hatte angekündigt, seine Vorschläge im Kabinett beraten zu wollen, das immer dienstags tagt. „Das wird ordentlich knallen im Kabinett, da wird unser Ministerpräsident bestimmt zurückrudern müssen“, prognostizierte Brychcy. Für diesen Konflikt in den Reihen seiner Regierung sei der Linken-Politiker selbst verantwortlich, weil er seine Idee unabgesprochen der Öffentlichkeit präsentiert habe. (dpa)