„Selbstjustiz“? Mountainbiker am Taubenberg von wütendem Mob umzingelt - Video zeigt Verfolgungsjagd

Polizei ermittelt wegen Nötigung

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Die Lage am Taubenberg eskaliert weiter: Ein Mountainbiker aus dem Kreis Erding berichtet, wie er von einem Landwirt verfolgt wird. Als er vor einem Biergarten um Hilfe ruft, wird es richtig übel.

Taubenberg: Mountainbiker wird von Landwirt gestoppt und dann verfolgt

Warngau - Es ist ein lauer Abend, als die Verfolgungsjagd beginnt: Michael Grindmayer fährt mit seinem Mountainbike unterhalb des Taubenbergs. Landwirt Hubert Knabl will den Radler von seinem Feldweg verscheuchen – und verfolgt ihn mit seinem Bulldog (oben im Video zu sehen). 

Verfolgungsjagd am Taubenberg: Mountainbiker sucht Hilfe bei E-Biker - der fährt ihm auch hinterher

Unterwegs sieht Grindmayer einen E-Bike-Fahrer, bittet ihn um Hilfe. Zu seinem Pech ist dieser ein Bekannter des Bauern – und verfolgt ihn gut einen Kilometer mit bis zum Gasthof zur Post, wo einige Leute im Biergarten sitzen. 

Jagd am Taubenberg: Mountainbiker sucht Hilfe bei Biergarten-Gesellschaft - die umzingelt ihn

Grindmayer hält an, schreit: „Hilfe, der Mann verfolgt mich.“ Doch auch hier bekommt er keine Unterstützung, im Gegenteil: „Die fanden das pauschal alle gut.“ So nach dem Motto: „Ja, der hat recht, was musst du da auch radeln!“ Der Traktor bremst neben ihm, der Landwirt springt ab: „Er hat mich mit voller Wucht auf die Straße geschubst“, sagt Grindmayer. Anschließend habe ihn eine Gruppe von Leuten „umzingelt und zamgebrüllt“.

Jagd am Taubenberg: Polizei Holzkirchen ermittelt

So zumindest erzählt Grindmayer (41) aus Finsing im Landkreis Erding den Vorfall, der sich am Vatertag in der Gemeinde Warngau ereignet hat. Fakt ist: Grindmayer hat Anzeige bei der Polizei erstattet. Laut Johann Brandhuber, Chef der Polizei Holzkirchen, wegen Körperverletzung, Nötigung und Sachbeschädigung. „Möglicherweise noch wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“, so Brandhuber. Die Ermittlungen laufen noch.

Warngau: Landwirt stellt Jagd anders dar: „Ließ sich fallen und hat gejammert“

Und Landwirt Knabl sieht die Sache etwas anders. „Der ist auf einem abgesperrten Feldweg gefahren, der mir gehört“, sagt Knabl. Er habe Grindmayer zur Rede stellen wollen, doch der sei einfach weitergefahren. „Er hat mich provoziert.“ Der Radler habe auf sein vermeintliches Recht, da zu fahren, gepocht. „Ich darf, kann und mag da fahren“, meint Grindmayr gegenüber unserer Zeitung. 

„Es gibt keinen Grund, sich da vertreiben zu lassen.“ Daraufhin sei er mit dem Traktor hinterher, erzählt Knabl. Geschubst habe er den Finsinger nicht, behauptet Knabl: „Er ließ sich fallen und hat gejammert.“ Er habe immer wieder Ärger mit Radlern, schimpft Knabl. Die Eigentümer seien auf sich alleine gestellt.

Wie mehrfach berichtet, gibt es häufig Zoff am Taubenberg zwischen Mountainbikern, Wanderern und Grundstücksbesitzern. Erst vor ein paar Wochen geriet Knabl mit zwei Münchner Moutainbikern aneinander. Der Streit wurde beigelegt, Anzeigen zurückgezogen. Der ewige Streit am Taubenberg allerdings geht weiter.

Exkalation am Taubenberg: Polizei-Chef besorgt - Bürgermeister will gespräch suchen

Brandhuber glaubt, dass die Landschaftsnutzung der Radler weitergehen wird, solange es keine Regelungen gibt. „Man muss die Landwirte auch ein bisschen verstehen.“ Aber er betont mit Blick auf Knabl: „So geht’s natürlich nicht.“ Die Polizei habe die Gemeinde Warngau als zuständige Sicherheitsbehörde informiert.

Bürgermeister Klaus Thurnhuber erklärt, dass die Gemeinde ein Gespräch mit Eigentümern geplant, aber wegen der Coronakrise nochmal verschoben habe. Unter den Landwirten seien viele Ältere, die zur Risikogruppe gehören, und man wolle niemanden gefährden. „Wir hoffen, dass wir die Eigentümer im September einladen können.“ Um dann Lösungswege zu finden. Später wolle man unter anderem Naturschutz und Alpenregion Tegernsee Schliersee (ATS) einbinden.

Grindmayer, der vor dem Gasthof schließlich selbst die Polizei rufen musste, ging danach zum Arzt. Laut eigenen Aussagen erlitt er unter anderem eine Rippenprellung, einen Bluterguss an der Schulter und eine Schürfwunde am Ellenbogen. Auch sein Hemd sei bei der Handgreiflichkeit zerrissen worden. Er sei schockiert von dieser „Selbstjustiz“, schlafe seither schlecht. „Das Körperliche verheilt“, sagt der 41-Jährige. „Das Mentale nicht.“

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