Ausschuss
Römer-Koalition zerfällt politisch
by Claus-Jürgen GöpfertDie Frankfurter SPD attackiert Baudezernent Schneider, die CDU kontert mit einem Angriff auf Planungsdezernent Josef.
Zehn Monate vor der Kommunalwahl im Frühjahr 2021 hat die Frankfurt regierende Römer-Koalition von CDU, SPD und Grünen begonnen, sich politisch zu zerlegen. Das wurde am Montagabend im Römer-Ausschuss für Planen und Bauen deutlich. Die Sozialdemokraten wollten dort Baudezernent Jan Schneider (CDU) befragen, weil er den Leiter des zentralen städtischen Amtes für Bauen und Immobilien (ABI), Michael Simon, freigestellt hat und die Trennung von Simon betreibt (die FR berichtete). Doch Schneider erschien gar nicht erst zur Ausschuss-Sitzung, wegen nicht näher benannten „internen Terminen“, so Schneiders Sprecher Günter Murr.
Daraufhin kündigte SPD-Sprecher Sieghard Pawlik an, die SPD werde Schneider zur nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zitieren. Der Baudezernent müsse dort den Stadtverordneten „gravierende Fragen“ beantworten, unter anderem, warum das Verhältnis zu Simon so „zerrüttet“ sei. Noch vor einem halben Jahr hätten Schneider und Simon „Seite an Seite“ gestanden. Der CDU-Politiker müsse erklären, wie es nun mit dem Amt für Bauen und Immobilien (ABI), einem zentralen Reformprojekt der Stadt, weitergehen solle.
Auch die Grünen sahen Aufklärungsbedarf. Schneider müsse im Ausschuss unter dem Tagesordnungspunkt „Bericht des Dezernenten“ Auskunft zur Zukunft des ABI geben, sagte Grünen Sprecher Ulli Baier. CDU-Fraktionschef Nils Kößler versuchte die Situation für die CDU zu retten. Man müsse „rechtlich klären“, ob überhaupt zu Personen in einer öffentlichen Sitzung gesprochen werden dürfe, argumentierte Kößler, oder ob nicht die „Fürsorge“ und „Rücksicht“ gegenüber städtischen Bediensteten gebiete, dies nur im vertraulichen Teil zu tun, also unter Ausschluss von Journalisten.
SPD besorgt über die Situation beim ABI
Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Römer, Ursula Busch, zeigte sich zur gleichen Zeit in einer Presseerklärung besorgt über die Situation beim ABI. Der Versuch Schneiders, für die Amtsleitung eine Person zu gewinnen, die sein Vertrauen besitze, scheine gescheitert zu sein. „Das ist schlecht für unsere Stadt“, so Busch. Frankfurt brauche ein gut funktionierendes ABI. Die SPD habe Schneider einen umfangreichen Fragenkatalog zugeleitet, den dieser aber nicht beantwortet habe. Schneiders Erfolge als Dezernent seien „überschaubar“. Offenbar habe er sich mit Projekten wie dem zentralen Bauamt und der Digitalisierung der Stadtverwaltung zu viel vorgenommen, so Busch. Auch das Schneider unterstehende Amt für Statistik und Wahlen sei durch Pannen aufgefallen.
Im Bauausschuss ging die CDU zeitgleich zu einem Frontalangriff auf den völlig überraschten Planungs-und Wohnungsdezernenten Mike Josef (SPD) über. Der wohnungspolitische Sprecher der CDU, Albrecht Kochsiek, warf Josef Versagen vor, weil die Zahl der genehmigten neuen Wohnungen in Frankfurt 2019 um 20 Prozent zurückgegangen sei. „Ich bin schockiert“, sagte Kochsiek. Josef sei „ein Wohnungsbauverhinderer“ und müsse „endlich in die Puschen kommen“. Städtische Bebauungspläne müssten wesentlich schneller vorangetrieben und mehr Dachausbauten genehmigt werden.
Josef konterte, er verstehe, dass die CDU bereits „im Wahlkampfmodus“ sei. Die Fakten sprächen eine andere Sprache. Binnen vier Jahren seien 15 000 Wohnungen fertiggestellt worden. Deshalb erfülle die Stadt Frankfurt sogar ein offizielles Kriterium für eine Mietpreisbremse nicht mehr, nämlich mangelnde Wohnungsbautätigkeit. Von den Anträgen auf Dachaufstockung in Frankfurt habe die städtische Bauaufsicht 86 Prozent genehmigt.