Ratgeber
Was ist mit meiner Eintrittskarte?
by Georg HerrmannINNSBRUCK. "KuKuSpoSiG" ist keine kreative Erfindung der Werbebranche sondern ein österreichisches Gesetz. Im Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz, beschlossen am 28. April, geht es um Veranstaltungen im Bereich von Kunst, Kultur und Sport (z.B. Konzerte, Theateraufführungen, Spiele in der Fußballbundesliga udgl.) sowie Kunst- oder Kultureinrichtungen (wie z.B. Museen), wenn diese durch COVID-19 geschlossen wurden. Wir haben mit Rechtsanwalt Peter Kaser, einer der Experten der Tiroler Rechtsanwaltkammer, über die Themen Eintritte, Rückerstattung und Gutscheine unterhalten.
Stadtblatt: Wie kann der Eintrittspreis ersetzt werden?
Peter Kaser: Der Eintrittspreis kann nach Wahl des Veranstalters zurückgezahlt oder in Form eines Gutscheines abgelöst werden. Das Wahlrecht liegt sohin beim Veranstalter und nicht beim Besucher.
Was ist, wenn die Eintrittskarte bei einem Vermittler gekauft wurde?
Auch für den Fall, dass die Eintrittskarte bei einem Vermittler gekauft wurde kommt das KuKuSpoSiG zur Anwendung. In diesem Fall kann der Veranstalter oder Betreiber den Gutschein an den Vermittler zur unverzüglichen Weiterreichung an den Besucher oder Teilnehmer übergeben.
Wie lange können sich Veranstalter so von der Rückzahlung des Eintrittspreises befreien?
Sollte der Gutschein nicht bis spätestens 31. Dezember 2022 eingelöst werden, so hat ihm der Veranstalter oder Betreiber den Wert des Gutscheins auf Aufforderung unverzüglich auszuzahlen. Das Gesetz sieht sohin eine Stundung der Rückzahlungsverpflichtung zur Vermeidung des Insolvenzrisikos vor, befreit soll der jeweilige Veranstalter durch das Gesetz jedoch nicht werden.
Was ist, wenn nur ein Teil der Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse entfallen ist?
In diesem Fall kann sich der Wert des Gutscheins auf den zu erstattenden Entgeltanteil beschränken, da ja auch bereits eine anteilige Leistung konsumiert wurde.
Kann der gesamte Eintrittspreis in Form eines Gutscheins erstattet werden?
Dabei ist zu unterscheiden, dass bei einem Betrag bis zu € 70,- in Form eines Gutscheins und der € 70,- übersteigende Betrag bis zu einer Grenze von € 250,- (also bis € 180,-) in Geld zurückerstattet werden muss. Sollte der Eintrittspreis den Betrag von € 250,- übersteigen, so kann dieser Betrag wiederum in Form eines Gutscheines zurückerstattet werden. Im Umkehrschluss ist sohin bei einem Eintrittspreis von über € 250,- ein Betrag von €180,- zurückzuzahlen, der Rest kann mittels eines Gutscheines abgegolten werden.
Gelten die Obergrenzen für Gutscheine auch dann, wenn mit einem Vertrag mehrere Veranstaltungen gebucht wurden?
Hier ist den sogenannten erläuternden Bemerkungen klar zu entnehmen, dass in einem solchen Fall sich diese Limitierung auf das Entgelt für jedes einzelne Kunst-, Kultur- oder Sportereignis und nicht etwa auf jenes für den gesamten Vertrag bezieht. Wenn also ein Besucher oder Teilnehmer mit ein und demselben Vertrag drei Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse gebucht hat, kann der Veranstalter für jedes dieser drei Ereignisse einen Gutschein bis zu € 70,- geben und ist zu einer sofortigen Rückzahlung nur insoweit verpflichtet, als das Teilentgelt für eines der einzelnen Ereignisse € 70,- übersteigt.
Was gilt bei Abonnements?
Ein solcher Fall liegt z. B. bei Dauerkartenbesitzer von Sportvereinen, Konzertreihen oder Theateraufführungen vor. Bei derartigen Abonnements kann der Besucher oder Teilnehmer anstelle eines Gutscheins verlangen, dass das zurückzuzahlende Entgelt auf die Zahlung für ein folgendes Abonnement (z.B. die Dauerkarte für die nächste Saison) angerechnet wird.
Gelten die Gutschein-Bestimmungen für alle Veranstalter oder Betreiber?
Nein, die Bestimmungen sind nicht anzuwenden, wenn Veranstalter des Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses oder Betreiber der Kunst- oder Kultureinrichtung entweder der Bund, ein
Land oder eine Gemeinde (also Gebietskörperschaften) sind, eine Gebietskörperschaft Eigentümer des Veranstalters ist, oder eine Gebietskörperschaft haftet. Der verfolgte Zweck des Gesetzes ist offenkundig die Vermeidung von Insolvenzen von Veranstaltern und ist eine solche bei Gebietskörperschaften wohl nicht gegeben.
Kann der Gutschein weitergeben (verkauft oder verschenkt) werden?
Im Gesetz ist ausdrücklich geregelt, dass der Gutschein an eine natürliche Person frei übertragbar ist. Es steht sohin dem Besucher oder Teilnehmer frei, den Gutschein an jede natürliche Person zu verkaufen bzw. verschenken. Eine Übertragung an eine juristische Person oder Personengesellschaft ist jedoch nicht möglich.
Kann sich der Inhaber des Gutscheins aussuchen, wofür er diesen ausgibt?
Der Inhaber des Gutscheines ist nicht an eine bestimmte z.B. verschobene Veranstaltung gebunden, jedoch an den jeweiligen Veranstalter des Kunst-, Kultur- oder Sportereignis. Dem Gutscheininhaber steht es sohin frei, den Gutschein für ein anderes Kunst-, Kultur- oder Sportereignis des Veranstalters oder für einen Besuch der Kunst- oder Kultureinrichtung (z.B. andere Ausstellung im selben Museum) nach deren Wiedereröffnung einzulösen.
Muss der Gutschein eingelöst werden?
Der Gutscheininhaber ist nicht dazu verpflichtet, diesen einzulösen. Nach Ablauf des 31.12.2022 muss der Veranstalter oder Betreiber den Wert des Gutscheines auf Aufforderung unverzüglich auszahlen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Insolvenzrisiko des Betreibers oder Veranstalters bis zum Ablauf des 31.12.2022 der Gutscheininhaber trägt.
Fallen für den Gutschein Gebühren an?
Im Gesetz wurde diesbezüglich zur Vermeidung von Missbrauch bereits vorsorglich geregelt, dass für die Ausstellung, Übersendung oder Einlösung des Gutscheins dem Besucher oder Teilnehmer oder dem späteren Inhaber des Gutscheins keine Kosten angelastet werden dürfen.
Können die Bestimmungen des KuKuSpoSiG vertraglich ausgeschlossen werden?
Für den Fall, dass der Besucher, der Teilnehmer oder der Inhaber des Gutscheins ein Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes ist, können die Bestimmungen des Gesetzes nicht zu dessen Ungunsten abgeändert werden. Im Gesetzestext wurde jedoch ausdrücklich klargestellt, dass eine freiwillige Annahme eines Gutscheines über einen Wert von € 70,- auch bei Verbrauchern möglich und zulässig ist. Ungeachtet dessen, ist eine Besserstellung des Verbrauchers, als es das Gesetz selbst vorsieht, naturgemäß immer möglich.
Zur Person:
MMag. Dr. Peter Kaser, Rechtsanwalt
A-6020 Innsbruck, Salurner Straße 12/EG
Tel: (+43) 0512 581375
Mail: info@gutundrecht.at
Web: www.gutundrecht.at
Weitere Beiträge aus Tirol finden Sie hier
Autor: Georg Herrmann aus Innsbruck |
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