Lufthansa-Rettung abgesegnet: Regierung und Vorstand einigen sich
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Die schwer angeschlagene Lufthansa soll zur Rettung milliardenschwere Staatshilfen bekommen. Darauf verständigten sich die Bundesregierung sowie der Lufthansa-Vorstand, wie beide Seiten am Montag mitteilen. Allerdings muss die EU-Kommission noch zustimmen, ebenso der Aufsichtsrat der Lufthansa und die Hauptversammlung. Das Paket sieht verschiedene Hilfen und Eigenkapitalmaßnahmen in Höhe von neun Milliarden Euro vor.
Daraus besteht die Einigung:
- Lufthansa erhält über die Staatsbank Kredit für Wiederaufbau einen Kredit in Höhe von 3 Milliarden Euro, an dem sich private Banken mit 600 Millionen Euro beteiligen.
- Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gibt eine stille Einlage über 4,7 Milliarden Euro. Sie läuft unbefristet und kann bilanztechnisch als Eigenkapital anerkannt werden. Lufthansa zahlt dafür zunächst in diesem und dem kommenden Jahr 4 Prozent Zinsen. Danach steigt die Verzinsung auf bis zu 9,5 Prozent.
- Komplex ist die Konstruktion der weiteren stillen Einlage über 1 Milliarde Euro, die im Fall eines Übernahmeversuches in einen Aktienanteil von 5 Prozent und einer Stimme gewandelt werden kann. Außerdem kann sie ab 2024 in Aktien gewandelt werden, wenn das Unternehmen die Zinsen nicht zahlt. Damit hätte der Staat einen Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie und damit eine Sperrminorität, könnte also Entscheidungen blockieren.
- Für rund 300 Millionen Euro soll der Staatsfonds sofort einen Aktienanteil von 20 Prozent an dem Konzern erwerben. Der Bezugspreis soll 2,56 Euro betragen, den Nennwert der Aktie. Auf Hauptversammlungen soll der WSF sein Stimmrecht nicht ausüben außer im Fall einer drohenden Übernahme. Er verpflichtet sich laut der Börsenmitteilung zudem, das Aktienpaket spätestens bis zum 31.12.2023 wieder abzustoßen, falls die stillen Einlagen vollständig zurückgezahlt worden sind und der Einstandspreis plus einer jährlichen Verzinsung von 12 Prozent zu erzielen ist.
- Im 20-köpfigen Aufsichtsrat soll der Bund mit zwei Mandaten vertreten sein, die durch unabhängige Experten ausgeübt werden sollen.
- Bis zum Ende der Stabilisierung dürfen keine Dividenden ausgezahlt werden. Die fixen Vorstandsgehälter werden zunächst gekappt und später auf dem Niveau von 2019 eingefroren. Boni sollen erst wieder fließen dürfen, wenn 75 Prozent der stillen Einlagen zurückgezahlt sind.
- Lufthansa muss Steuerzahlungen und tatsächliche Eigentumsverhältnisse aller Unternehmensteile Land für Land offen legen. Die Gesellschaft soll sich verpflichten, dass staatlich bereitgestellte Hilfen nicht in sogenannte Steueroasen abfließen.
Merkel kündigte "harten Kampf" mit Brüssel an
Der maßgebliche deutsche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) hatte zuvor dem Paket zur Rettung der Lufthansa zugestimmt. Die Bundesregierung hatte diesen milliardenschweren Fonds in der Krise eingerichtet, um sich im Notfall an großen und wichtigen Unternehmen beteiligen zu können.
Brüssel muss noch zustimmen, allerdings bahnt sich ein Konflikt zwischen Bundesregierung und EU-Kommission an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte im CDU-Präsidium einen "harten Kampf" an, weil Brüssel die milliardenschwere Rettung nur unter hohen Auflagen genehmigen wolle.
Laut einem Bericht des "Handelsblatts" plant die EU-Kommission, der Lufthansa aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen wertvolle Start- und Landerechte an den Hauptstandorten Frankfurt und München zu nehmen. Teilnehmer der CDU-Schalte bestätigten Merkels entschlossenes Auftreten. Die Kanzlerin habe gesagt, sie wolle sich von der EU-Kommission nicht "zu sehr" hereinreden lassen.
Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission wollten sich zunächst nicht zu möglichen Auflagen äußern. "Kein Kommentar", sagte eine Sprecherin in Brüssel auf Anfrage.
Liegt eine Wettbewerbsverzerrung vor?
Die EU-Kommission hatte die Regeln für Staatshilfen wegen der Corona-Krise zuletzt deutlich gelockert. Sie wacht allerdings weiter darüber, dass Hilfspakete nicht zu unverhältnismäßigen Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen. Sieht sie diese Gefahr bei dem geplanten Lufthansa-Paket, könnte sie theoretisch besondere Auflagen fordern.
Als generelle Auflage gilt zum Beispiel, dass die mit dem Geld der Steuerzahler finanzierte Unterstützung hinreichend vergütet wird. Zudem dürfen staatliche rekapitalisierte Unternehmen keine Dividenden mehr ausschütten und keine Bonuszahlungen mehr leisten.
Kompliziert wird die deutsche Lösung durch die vorgesehene Stärkung des Eigenkapitals. Kredite und Garantien des französischen Staats für die Air France hatte die Kommission genehmigt. In Italien ist zudem die dauerklamme Alitalia nach etlichen Überbrückungskrediten vollständig verstaatlicht worden.
Erste Schritte zur Privatisierung
Die Deutsche Lufthansa AG ist erst seit 1997 vollständig privatisiert. Das Unternehmen war 1953 gegründet worden und hatte 1955 den bis dahin von den Alliierten untersagten Flugbetrieb als nationale Fluggesellschaft Deutschlands aufgenommen. Erste Schritte zu einer Privatisierung erfolgten 1963. Das Unternehmen hat zwar die Namensrechte der eng mit dem NS-Regime verflochtenen Vorkriegs-Lufthansa übernommen, ist aber nicht deren Rechtsnachfolgerin.
In der Corona-Krise
Die Lufthansa war in der Corona-Krise schwer unter Druck geraten. Der Fluggesellschaft droht binnen Monaten das Geld auszugehen. Das Virus mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte den globalen Flugverkehr mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Im Lufthansa-Konzern mit rund 138 000 Beschäftigten stehen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe.