Sherlock Holmes Chapter One: Eine Open World braucht keine Action!
Für Elena muss das neue Sherlock-Holmes-Abenteuer beweisen, dass eine Open World mehr kann als Fragezeichen und Kämpfe abklappern.
by Elena SchulzFür mich ist Sherlock Holmes: Crimes & Punishments eines der besten Adventures aller Zeiten, obwohl oder gerade weil es sehr wenig mit der klasssischen Point&Click-Genretradition am Hut hat. Aber es verkörpert alles, was ich an Detektivgeschichten liebe, egal ob ich sie lese, schaue oder spiele.
Es kommt nicht nur darauf an, richtige Schlussfolgerungen zu ziehen, sondern auch auf ein Auge für's Detail - egal, wie schlau ich bin, wenn ich nicht gründlich erkunde und alle Puzzleteile aufsammle, passt am Ende vielleicht gar nichts zusammen. Beschuldige ich den falschen Täter, muss ich dann eben damit leben - wie ein echter Ermittler!
Während bisherige Serienteile für diese Schnitzeljagd sauber einzelne Schauplätze absteckten, bringt das neu angekündigte Sherlock Holmes: Chapter One eine interessante Änderung mit: Die Mittelmeer-Insel, die ich als junger Detektiv bereise, verfügt nämlich über eine Open World!
Der Gedanke an einen riesigen Abenteuerspielplatz voller Hinweise, Indizien, falscher Fährten und verworrener Geschichten lässt mein Ermittlerherz schon jetzt höherschlagen. Allerdings nur, wenn Entwickler Frogwares sich wirklich auf alte Detektiv-Tugenden besinnt. Und nicht zu einem verkappten Actionspiel mutiert wie das missglückte The Devil's Daughter.
Moment Mal! Ein neues Sherlock Holmes? Alles, was wir bereits über Chapter One wissen, erfahrt ihr von Dimi in seiner großen Vorschau mit Entwickler-Interview:
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Ein Open-World-Detektivspiel
Offene Welten sind heutzutage fast untrennbar mit Action-Adventures oder Rollenspielen verknüpft. Die trumpfen nicht nur grafisch auf, sondern bieten allerlei Missionen und Aktivitäten wie das Plündern von Banditenlagern, Türme zum Erklettern, Schätze zu bergen, mächtige Gegner zu bezwingen und und und.
Schwer vorstellbar, dass Chapter One hier eine ähnlichen Vielfalt liefern kann oder auch nur möchte. Allerdings hat ausgerechnet Entwickler Frogwares selbst bei The Sinking City bewiesen, dass eine Open World ohne all das genretypische Füllmaterial schnell zu einer Ansammlung lästiger Laufwege verkommen kann.
Aber Sherlock Holmes: Chapter One muss ja nicht unbedingt einen auf Actionspiel machen, sondern kann sich stattdessen als Open-World-Adventure seine eigene Nische suchen. Dass Ermittlungsarbeit in einer offenen Welt funktioniert und Spaß macht, hat zum Beispiel The Witcher 3 bewiesen. In einer meiner Lieblingsquests suche ich in Novigrad und Umgebung nach einem Serienmörder, der mir sogar durch die Lappen gehen kann, wenn ich vorschnelle Schlüsse ziehe.
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Spurensuche ohne Hexersinne
Aber beim Hexer und anderen Spielen mit Detektiv-Sinn wie die Batman-Arkham-Reihe machen solche Krimi-Einlagen oft nicht das Kern-Gameplay aus und setzen eben auf eher plumpe Hilfsmittel wie eine magische Sicht auf die Umgebung. Ein neues Sherlock-Adventure könnte sich aber ganz auf die Spurensuche konzentrieren und sie ohne Hexersinne und Co. auch noch fordernder gestalten - inklusive der Möglichkeit, komplett falsch zu liegen.
Damit könnte das neue Sherlock Holmes beim Ermittler-Gefühl noch eine Schippe drauflegen und seine offene Welt geschickt nutzen, um den Spieler selbst entscheiden zu lassen, welche Schauplätze für einen bestimmten Fall relevant sind. Action-Anteile wurden zwar bereits bestätigt, aber ich hoffe sehr, dass die sich auf ein paar Begegnungen beschränken oder gar optional bleiben. Selbst wenn das Studio sich im Vergleich zu Devil's Daughter und The Sinking City verbessert hat, passen Kämpfe für mich weder zu Detektiv-Adventures, noch zu Sherlock Holmes.
Die ersten Konzeptbilder vermitteln übrigens bereits einen Eindruck von der Welt, zu der wohl auch eine große Stadt gehört:
Gute Rätsel sind nicht alles
Aber ich erhoffe mir nicht nur spielerisch viel vom kommenden Krimi-Adventure. Crimes & Punishments und auch Nachfolger Devil's Daughter hoben sich vor allem durch einen Aspekt von anderen Genre-Vertretern ab: die Grafik. Während in anderen Knobel-Adventures oft noch Pixel- oder Comic-Look regierten, beeindruckte Frogwares mit realistischen und detailverliebten Schauplätzen.
Da Chapter One erst irgendwann 2021 für PC, PS4, Xbox One und Next-Gen-Konsolen erscheint, sind grafisch aber noch einmal ganz andere Sprünge möglich. Eine Mittelmeer-Insel unterscheidet sich vom Stil her zudem erfrischend vom verregneten England und könnte einen ähnlichen Kontrast liefern wie das bunte und lebhafte Toussaint im Vergleich zum Niemandsland in The Witcher 3. Auch wenn der erste Trailer relativ nichtssagend ausfällt, überzeugt er grafisch schon einmal:
Solche Grafik sieht man bei Adventures nur selten: Höchstens Walking Simulatoren setzen oft auf zeitgemäße Optik, sparen dafür dann aber gerne auf spielerischer Ebene - genauso wie interaktive Filme à la Heavy Rain und Co. Ausgeprägtes Rätsel- und gar Detektiv-Gameplay bekomme ich meist nur im Verbund mit pixeliger Retro-Optik oder mit einem ähnlich reduzierten Look wie beim an sich genialen Obra Dinn.
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Sherlock Holmes Chapter One kann für mich jetzt aber spielerisch und grafisch beweisen, dass klassische Adventures in Open World genauso zuhause sein können wie große Action-Blockbuster.