https://www.swp.de/imgs/07/6/6/7/8/2/8/2/0/tok_f8f53364e23c26e2038d9e500528f106/w1176_h662_x750_y500_c684eec20626b1a8.jpeg
Andreas Forster stellt seine Arbeiten in seiner neuen Wahlheimat erstmals der Öffentlichkeit vor. Die Ausstellung „himmelwärts, auf sand gebaut“ findet vom 31. Mai bis 7. Juni im Kulturhaus BT 24 im Albgut statt. © Foto: Foto: Ralf Ott

Ausstellung im Albgut: „Die Schwingungen der Zeit offenlegen“

by

Seit zwei Jahren unterrichtet Andreas Forster am Münsinger Gymnasium die Schüler im Fach Kunst. Doch seine künstlerische Arbeit beschränkt sich nicht auf den Unterricht. So hat sich Forster zeitgleich mit dem Umzug von Paris auf die Alb nach Münsingen ein Werkstattatelier im Kulturhaus BT 24 im Albgut eingerichtet und hier in den vergangenen zwei Jahren eine nach seinen eigenen Worten „schaffensintensive Zeit“ verbracht, die zumindest dort in Kürze mit seinem Auszug enden wird. Künftig engagiert er sich im Mehrgenerationenprojekt „Am Sternberg“ in Gomadingen, will sich dort am Aufbau des Seminarbetriebs beteiligen und auch ein Atelier für seine künstlerische Arbeit einrichten. „Ich sehe dort große Möglichkeiten zukunfts- und gemeinwohlorientierte Formen des Zusammenlebens zu entwickeln und zu verwirklichen“, berichtete Forster im Gespräch mit unserer Zeitung. „Dort beginnt sich ein gemeinschaftliches Feld zu etablieren, indem die Prämissen unseres Handelns neu überdacht und ein sinnerfülltes, nachhaltiges Leben in Gemeinschaft ermöglicht wird“, sagte er weiter. Er sehe dort große Chancen, der Region beispielgebend voranzugehen. „Nachhaltige Gemeinschaften zu entwickeln ist das Gebot der Stunde und diese werden auch für den zukünftigen Tourismus eine große Rolle spielen“. Er freut sich auch darauf, gemeinsam mit den anderen Akteuren Synergien zwischen dem Mehrgenerationenprojekt und bestehenden Institutionen in der Region aufzubauen.

Eröffnung am Pfingstsonntag

Doch bevor Forster sich aus dem Kulturhaus BT 24 verabschiedet, wird er dort vom 31. Mai bis 7. Juni eine Ausstellung mit seinen Arbeiten unter der Überschrift „himmelwärts, auf sand gebaut“ zeigen. Die Schau wird am Pfingstsonntag um 14 Uhr eröffnet. Obwohl Forster seit seinem Lehramtsstudium für Kunst neben der Unterrichtstätigkeit immer auch auf privater Seite künstlerisch gearbeitet hat, blickt er auf eine eher überschaubare Ausstellungstätigkeit zurück. „Ich bin in der Hinsicht ein nahezu unbeschriebenes Blatt“, verrät er, „zumindest in Deutschland habe ich bislang wenige meiner Arbeiten öffentlich gezeigt“. Andernorts schon? Forster lacht und berichtet von Indonesien. Dorthin hat ihn eine „Auszeit“ nach seinem Studium geführt. Als sich dort die Gelegenheit bot, zeigte er eine Ausstellung mit aktuellen Werken. „Ich war immer schon von fernöstlicher Philosophie und Ästhetik fasziniert“, erläutert er. So lernte er Aikido kennen, empfand es als ideale Verbindung zwischen Meditation und Bewegung. „Durch die Anpassung an den Gegner richtet man sich nicht gegen ihn, sondern der potentielle Angreifer fällt in seine eigene Kraft hinein“. Die defensive Art liegt Forster. Er hat später seinen Meister in Aikido abgelegt.

Nach Paris

Das Angebot, in Indonesien zu lehren, schlug er jedoch aus finanziellen Gründen aus, kehrte zurück nach Deutschland und richtete sich in Düsseldorf ein Atelier ein. Als das Gelände auf einem ehemaligen Fabrikareal verkauft wurde, ging er interimsweise nach Neuseeland, baute dort ein Haus. Wieder zurück in Deutschland, legte er das zweite Staatsexamen ab und begann in Freiburg mit dem Schulunterricht. Von dort zog es ihn nach einigen Jahren zusammen mit seiner Frau Stephanie, einer Bühnenbildnerin, an den Chiemsee. Sie bauten zusammen ein bis heute existierendes Seminarhaus auf. Die Beziehung freilich ging auseinander – und just in dieser Zeit erhielt Forster das Angebot, als Assistent von Anselm Kiefer, der mit Georg Baselitz befreundet ist, bei dem wiederum Forster studiert hatte, in Paris zu arbeiten. Freilich war er in der französischen Hauptstadt nicht der einzige Assistent, der für Kiefer als einem der bekanntesten Künstler der deutschen Nachkriegsgeschichte im Einsatz war. „Das Ateliergelände dehnt sich über 20 Hektar aus, ich war meist mit dem Fahrrad unterwegs, um die langen Wegstrecken zurückzulegen“. Zu tun gab es viel im professionell gesteuerten Ausstellungsbetrieb des großen Künstlers. „Wir mussten beispielsweise die Räume einer geplanten Ausstellung im Centre Pompidou oder in der Petersburger Eremitage nachbauen, um die Hängung der Werke vorab zu testen“, erinnert sich Forster. Diese wurden dann in Originalgröße ausgedruckt und dann probehalber aufgehängt. Zudem kümmern sich die Assistenten um die Vorbereitung der Leinwände oder von Skulpturen, wie zum Beispiel dem bekannten großen Flugzeugrumpf, die Kiefer dann später künstlerisch gestaltet. „Es war ein richtig handwerklicher Job“, so Forster, „einmal habe ich Kiefer auch auf eine Reise nach Brasilien begleitet, um eine dort vorgesehene große Ausstellung vorzubereiten“. Sein Fazit: „Es war spannend, aber nach vier Jahren war es genug für mich“. Das liegt auch an seiner Haltung gegenüber dem Kunstbetrieb. „Dort geht es nicht zuletzt darum, sich in Szene zu setzen, aufzufallen und sich zu profilieren“. In gewisser Weise ein Job für Egozentriker. „Das liegt mir nicht“, bekennt Forster, „im Gegenteil, mich fasziniert es, genau das zu überwinden“. Hieran knüpft Aikido als meditative, zurücknehmende Bewegung an.

„Genügsame“ Materialien

In der Schau „himmelwärts, auf sand gebaut“, zeigt Forster Drucke und Collagen. Es sind „genügsame“ Materialien, wie Karton, Zeitungsseiten, Sperrholz oder in Gips getauchte und ausgegossene Schachteln, die er zusammen mit den Grafiken in skulpturalen Installationen in den beiden Ausstellungsräumen sowie seinem Werkstattatelier zur Geltung bringt. „Ich arbeite viel mit Zeitungspapier und nehme die Motive auf“. Dabei geht es ihm um die aktuellen Ereignisse, die die Menschen mental berühren. „Ich möchte die Grundschwingungen der Zeit herausfiltern und sichtbar machen“, erläutert Forster. Dabei reagiere er sehr stark auf den Raum, den er als „temporär“ empfindet und „durch Rhythmus und Maß“ öffnen will, wie er in einem Gespräch mit seinem früheren Kollegen am Gymnasium und Münsinger Künstler Edgar Braig erzählt hat. „Mein Ziel ist es, auf eine gewisse Art die Frische des Augenblicks zu transportieren“. Dem Betrachter verspricht dies in jedem Fall Spannung. „Die Besucher müssen sich Zeit nehmen, um das zu entdecken, was ich ausdrücke“.

Info Die Ausstellung von Andreas Forster wird vom 31. Mai bis 7. Juni täglich  außer am 2. Juni von 11 bis 18 Uhr zu sehen sein. Eröffnung ist am Pfingstsonntag um 14 Uhr.