https://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/bahn-reiseauskunft-mobil-101~_v-modPremiumHalb.jpg
Reiseauskunft der Deutschen Bahn unter bahn.de | Bildquelle: picture alliance / Geisler-Fotop

Ein halbvoller ICE ist künftig schon voll

Bahn programmiert App um

by

Lange waren Züge so leer, dass Abstand halten kein Problem war. Doch die ICEs werden wieder voller. Um zu verhindern, dass sie in Corona-Zeiten zu voll werden, bekommt man bei der Buchung künftig schon früh einen Warnhinweis.

Die Deutsche Bahn will durch eine Neuerung in ihrer App und auf ihrer Website die Auslastung der Züge besser steuern und so vermeiden, dass es in bestimmten Zügen zu eng wird. Künftig sollen Züge bereits dann als voll ausgelastet angezeigt werden, wenn 50 Prozent der Plätze gebucht sind.

Nehmen die Reservierungen trotz dieses Warnhinweises weiter zu, lassen App und Website keine Reservierung mehr zu - bei sehr vollen Zügen auch keinen Ticketkauf mehr. Die Bahn bestätigte inzwischen einen entsprechenden "Spiegel"-Bericht.

Bahn: Ansteckungsrisiko "eher gering"

So will die Bahn erreichen, dass Kunden auf andere Züge ausweichen, die nicht so stark ausgelastet sind. Das soll helfen, Abstand zu anderen Fahrgästen zu halten und so die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu minimieren.

Die ist nach Einschätzung von Berthold Huber, dem Personenverkehrsvorstand der Bahn, im Zug aber ohnehin "eher gering". Dies sehe man etwa am Zugpersonal, das trotz ständigen Kontaktes mit Kunden weniger Ansteckungen aufweise als vergleichbare Bevölkerungsgruppen, so Huber. Die Klimaanlagen sorgten zudem für einen Luftaustausch und verringerten die Ansteckungsgefahr.

Eine Reservierungspflicht soll es nicht geben

Dass die Buchung sehr voller Züge im Internet nicht mehr möglich ist, ist allerdings nicht völlig neu. Auch vor Corona gab es das in bestimmten Fällen schon. Wer ein flexibles Ticket für den entsprechenden Tag oder eine BahnCard100 besitzt, kann aber auch weiterhin in jeden Zug einsteigen. Eine Reservierungspflicht - wie es sie in anderen Ländern teilweise gibt - plant die Deutsche Bahn auch in Zeiten von Corona nicht.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte, dass die Auslastungsanzeige nicht immer gut funktioniere. Sie beziehe sich nur auf die Gesamtstrecke, nicht aber auf Teilstrecken, so der Verband. Das habe teilweise zu falschen Anzeigen geführt: "Hoch ausgelastete Züge waren teilweise leer und umgekehrt."

https://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/bahn-579.jpg
Mitte März - zum Beginn der massiven Corona-Beschränkungen - sah es in Zügen oft so aus, wie in diesem ICE zwischen München und Hamburg. Inzwischen hat die Zahl der Fahrgäste wieder deutlich zugenommen. | Bildquelle: dpa

Rückkehr zum Normalfahrplan

Mit Maßnahmen wie der Änderung bei der App sollen verunsicherte Kunden wieder in die Züge gelockt werden. Dazu soll auch das Angebot an Zügen im Fern- und Regionalverkehr wieder hochgefahren werden und sich dem Normalfahrplan weiter annähern. Dem Konzern zufolge waren selbst vor den Lockerungen mindestens zwei Drittel der Fahrten verfügbar. Die Züge fuhren - auch wenn teilweise kaum Passagiere an Bord waren.

Laut Huber fahren inzwischen im Regionalverkehr bereits 95 Prozent der Züge wieder. Im Fernverkehr soll das Angebot schrittweise weiter ausgebaut werden - auch im grenzüberschreitenden Verkehr in die Nachbarländer. Auf wichtigen ICE-Strecken, auf denen in den vergangenen Wochen oft nur ICE mit einem Zugteil unterwegs waren, sollen zudem künftig wieder lange Züge mit der doppelten Sitzplatzkapazität fahren.

Bahn rechnet mit dauerhaft steigenden Fahrgastzahlen

Für Pfingsten rechnet die Bahn mit einer Auslastung der Züge von 30 bis 40 Prozent. Vor der Corona-Krise lag sie bei etwa 55 Prozent, zu Feiertagen wie Pfingsten noch höher. Anders als die Bahngewerkschaft EVG rechnet der Bahn-Vorstand auch nicht damit, dass die Fahrgastzahlen längerfristig einbrechen.

Er gehe nicht davon aus, dass die Digitalisierung und Videokonferenzen zu weniger Reisen führe. Im Gegenteil: "Die Mobilität nimmt mit zunehmender Digitalisierung zu", sagte Huber mit Blick auf andere Länder. Wer gut digital vernetzt sei, habe eher das Bedürfnis, die Menschen auch real zu sehen. "Deswegen bin ich mir sicher, dass das eher weiteren Zuwachs für die Schiene bedeutet." Wer häufiger im Homeoffice arbeite, sei auf der anderen Seite zudem eher zum Fernpendeln bereit. Auch das nütze der Bahn.