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Die ESA-Illustration zeigt die Passagen der Zwerggalaxie Sagittarius durch die Milchstraße.Bildrechte: ESA
"Geburtshelfer" Sagittarius

Galaxien-Crash ließ womöglich Sonnensystem entstehen

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Kollisionen unserer Milchstraßen-Galaxie mit ihrer Satelliten-Zwerggalaxie Sagittarius haben möglicherweise erst die Entstehung der Sonne und des gesamten Sonnensystems ermöglicht. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die das Alter von Millionen Sternen untersucht hat.

Die Geburt der Sonne, unseres Sonnensystems und die Entstehung von Leben auf der Erde ist möglicherweise die Folge einer Kollision unserer Milchstraßen-Galaxie mit ihrer Nachbargalaxie Sagittarius (Schütze). Das geht aus einer in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlichten Studie spanischer Astrophysiker hervor.

Alter von Millionen Sternen analysiert

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Die IAC-Sternwarte am Teide auf der Kanaren-Insel Teneriffa.Bildrechte: imago/blickwinkel

Die Wissenschaftler des Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC) Teneriffa analysierten anhand von Daten der ESA-Galaxiekartierungszentrale Gaia das Alter von Dutzenden Millionen Sternen der Milchstraße in einem Radius von 6.500 Lichtjahren um die Sonne. Dabei stellten sie fest, dass es drei sehr auffällige Phasen gab, in denen besonders viele Sterne entstanden, nämlich vor 5,7, vor 1,9 und vor einer Milliarde Jahren. Beim Abgleich mit bereits vorhandenen Simulationen der Bahnbewegung der Sagittarius-Galaxie stellten die Astrophysiker fest, dass die großen Sternentstehungsphasen genau auf die Zeiträume fielen, in denen sich Milchstraße und Sagittarius besonders nah kamen. "Aus bestehenden Modellen ist bekannt, dass [Sagittarius] dreimal in die Milchstraße gefallen ist - zuerst vor etwa fünf oder sechs Milliarden Jahren, dann vor etwa zwei Milliarden Jahren und schließlich vor einer Milliarde Jahren", sagt Studien-Hauptautor Tomás Ruiz-Lara vom IAC.

Sagittarius durchschlägt Milchstraße

Tatsächlich wussten Astronomen schon länger, dass die massenarme Sagittarius-Zwerggalaxie, die als Satellit um die Milchstraße kreist, immer wieder deren Sternen-Scheibe durchschlägt. Grund für diese Kollisionen ist eine sich verengende Umlaufbahn der Zwerggalaxie um den Galaxiekern der Milchstraße aufgrund der Gravitationskräfte. Nach Ansicht der spanischen IAC-Astrophysiker lösten die dabei verursachten Wellen die drei großen Sternentstehungsperioden in der Milchstraße aus. Studien-Hauptautor Ruiz-Lara beschreibt, was dabei passiert sein muss: "Plötzlich fällt der [Sagittarius] hinein und stört das Gleichgewicht, wodurch all das zuvor noch vorhandene Gas und der Staub im Inneren der größeren Galaxie wie Wellen auf dem Wasser herumschwappen." In einigen Gebieten der Milchstraße hätten diese Wellen zu höheren Staub- und Gaskonzentrationen geführt, aus denen dann neue Sterne entstanden seien, so Ruiz-Lara weiter.

Ohne Kollision keine Sternenmasse

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Die Sonne und die Planeten des Sonnensystems würde es ohne Sagittarius womöglich gar nicht geben.Bildrechte: Colourbox.de

Und seine Mitautorin Carmen Gallart ergänzt: "Es scheint, dass der [Sagittarius] nicht nur die Struktur geformt und die Dynamik der Bewegung von Sternen in der Milchstraße beeinflusst hat, sondern auch zu einem Aufbau der Milchstraße geführt hat. Es scheint, dass ein wichtiger Teil der Sternmasse der Milchstraße durch die Wechselwirkungen mit dem [Sagittarius] entstanden ist und sonst nicht existieren würde."

Das würde auch bedeuten, dass selbst die Sonne und ihre Planeten nicht existieren würden, wenn die Sagittarius-Zwerggalaxie nicht von der Anziehungskraft der Milchstraße eingefangen und durch ihre Sternen-Scheibe zerschmettert worden wäre. Ohne den gigantischen Galaxien-Crash hätte es also auch die Erde und damit auch uns selbst nie gegeben.

Dem Sagittarius wiederum wurde bei jeder Kollision ein Teil seines Gases und Staubes entzogen, so dass die Zwerggalaxie immer kleiner wurde. Nach den vorliegenden Daten könnte Sagittarius der Milchstraße derzeit wieder sehr nahe sein. Laut der IAC-Studie deutet vieles auf eine neue anhaltende Welle der Stern-Entstehung in der Milchstraße hin.

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