Missbrauch in 64 Fällen
Mehr als 11 Jahre Haft fürKinderschänder-Logopäden
by Jörg Völkerling„Meist hat er bei den Taten geschwiegen, obwohl er doch den Kindern die Sprache beibringen sollte.“ (Richter Michael Schaller in der Urteilsbegründung)
Würzburg – Keine Gnade für den Therapeuten: Wegen 64-fachen schweren sexuellen Missbrauchs von sieben Kindern (zwei bis sechs Jahre) einer Würzburger Kindertagesstätte muss Logopäde Oliver H. (38) für elf Jahre und vier Monate hinter Gitter. Außerdem ordnete Richter Michael Schaller am Montag vor dem Landgericht Würzburg ein lebenslang bedingtes Berufsverbot an.
Auf die Spur von Oliver H. war das BKA im Darknet gestoßen, wo er sich „Jan Niklas“ nach seiner Jugendliebe nannte und widerliche Missbrauchsbilder hochlud. Am 20. März 2019 überraschte ihn ein SEK im Keller seines Hauses, wo er gerade seine 23 000 Dateien umfassende Kinderporno-Datenbank bestückte.
Die unsanfte Behandlung durch die Polizisten führten seine Verteidiger ebenso als Grund für Strafmilderung an wie die enge Vier-Mann-Zelle und fehlende Sportmöglichkeiten in der JVA: Neun Jahre und acht Monate stellten sie sich für ihren Mandanten vor – und keinesfalls ein Berufsverbot. „Allenfalls für Jungen im präpubertären Alter“, so formulierten es die Juristen zum Entsetzen der anwesenden Eltern der Opfer.
Dem folgte das Gericht nicht. Mit seiner Strafe blieb es etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von mehr als 13 Jahren. Die Forderung nach einem Berufsverbot wurde im Wesentlichen aber erfüllt: Der Sprachtherapeut Oliver H. darf nie wieder minderjährige Jungen betreuen.
Den Opfern hatte Oliver H. bis zu 16 000 Euro Entschädigung angeboten. Und sie zugleich verhöhnt, indem er seine Anwälte vortragen ließ, er habe in seinen Therapien ja auch Erfolge erzielt.
In seinem letzten Wort wandte sich Oliver H. endlich selbst an die Nebenkläger: „Wenn ich mich bisher nicht entschuldigt habe, dann weil es keine Entschuldigung für die Taten gibt“, sagte er nach Angaben eines Gerichtssprechers, der den nicht öffentlichen Prozess verfolgt. Er habe erkannt, dass sein Verhalten egoistisch gewesen sei. Er bereue es.
Das honorierte das Gericht jetzt insofern, dass es nicht die Höchststrafe verhängte. Richter Michael Schaller: „Er war von seinen Trieben und seiner Lust getragen. Ab 2012 ist er auf der schiefen Bahn unaufhaltsam abwärts gerollt, am Schluss sind alle Schranken bei ihm gefallen. Er hat sein ganzes bürgerliches Leben aufs Spiel gesetzt – und verloren.“