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dpa/Ludovic Marin/AFP Pool/AP/dpa Angela Merkel und Emmanuel Macron starteten eine gemeinsame Initiative für den Wiederaufbau in Europa - die „Sparsamen Vier“ Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande gehen auf Konfrontationskurs (Archiv).

Streit um Hilfen für EU-Wirtschaft: Merkel und Macron wollen 500 Milliarden Euro verteilen: Wer wie viel Geld bekommt

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Die EU-Staaten wollen der von der Corona-Pandemie schwer getroffenen Wirtschaft helfen. Zuletzt hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen 500-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds ins Spiel gebracht. Experten haben jetzt analysiert, wer wie viel von diesem Kuchen bekommen würde.

Experten des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim haben einem Bericht der „Welt“ zufolge untersucht, wohin die Gelder des Fonds fließen würden. Demnach ergeben sich einige überraschende Konsequenzen des Plans: So würde der größte Teil des Geldes ausgerechnet nach Deutschland fließen, während eines der ärmsten Länder der EU einer der größten Nettozahler des Fonds würde.

Grund dafür sind die Verteilungskriterien, die die Experten als „heikel“ bezeichnen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf die noch unveröffentlichte Analyse. Eines dieser angenommenen Kriterien ist, dass das Geld aus dem Fonds allein danach verteilt wird, wie tief die Rezession in den einzelnen Mitgliedsländern ist. Deutschen Empfängern stünden dann insgesamt 107,3 Milliarden Euro zu – also mehr als ein Fünftel der gesamten Summe.

So viel erhalten die einzelnen Staaten von den 500 Milliarden Euro:

Länder in Südeuropa würden besonders gut abschneiden

Das ist zunächst wenig überraschend, da Deutschland auch die größte Volkswirtschaft des Kontinents stellt – und somit auch die größte Summe in den Fonds einzahlen müsste, nämlich 130 Milliarden. Gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung würden die Länder in Südeuropa besonders gut abschneiden:

Gleich dahinter würde Frankreich mit fast 4 Prozent der Wirtschaftsleistung folgen, während sich Deutschland mit rund 3,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung im unteren Mittelfeld der EU-Länder wiederfände. Am wenigsten ausgeprägt wäre der Effekt in Österreich, Luxemburg und Polen. Diese Volkswirtschaften sind laut der aktuellen EU-Prognose weniger stark von der Krise betroffen als die anderen europäischen Länder.

Polen wäre zweitgrößter Nettozahler - direkt nach Deutschland

Mit dem vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel trifft es Polen aber umso härter, wenn der Merkel-Macron-Plan in die Tat umgesetzt werden sollte: Es erhielte nur rund 2 Prozent der Wirtschaftsleistung, wäre aber der zweitgrößte Nettozahler des Fonds – direkt nach Deutschland, dem unterm Strich Nettoeinzahlungen von 23,5 Milliarden Euro bleiben. Insgesamt würde Polen, das trotz wirtschaftlicher Aufholjagd immer noch zu den ärmsten Ländern der EU zählt, knapp 10,4 Milliarden Euro mehr in den Fonds einzahlen, als es aus Brüssel zurückbekäme, so der Bericht (siehe Tabelle unten).

Gemessen an der Wirtschaftsleistung wäre Polen demnach sogar der größte Netto-Zahler des Fonds: Der Netto-Beitrag läge bei fast zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Nicht viel besser erginge es Rumänien: Das zweitärmste Land der EU müsste mit einem Nettobeitrag von 2,6 Milliarden Euro etwa 1,16 Prozent der Wirtschaftsleistung abgeben.

Italien größter Netto-Profiteur des geplanten Fonds

Tatsächlich profitieren unterm Strich nur sieben Länder von dem Rettungsfonds - allesamt Staaten in Südeuropa. Das wird deutlich, wenn man sich die Nettobeiträge der einzelnen Länder anschaut, also die in den Fonds eingezahlten Beiträge abzüglich der daraus erhaltenen Hilfen. Hier ergeben sich folgende Summen:

Hinweis: Ein Minuszeichen vor dem Betrag bedeutet, dass die Hilfen aus dem Fonds um genau diese Summe die eingezahlten Gelder übertreffen. Mit anderen Worten: Nur die ersten sieben Länder würden vom Merkel-Macron-Plan profitieren.

Beim Kinderbonus wären nur Südländer Nettoempfänger

Die Analyse ergebe aber auch, dass Kritiker des Merkel-Macron-Plans den tatsächlichen Nettotransfer überschätzen würden, so der Bericht der „Welt“ weiter. So würde der aktuell diskutierte Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Familie nach ersten Schätzungen zwischen sechs und acht Milliarden Euro kosten. Dabei wären fast alle EU-Länder Nettozahler. Lediglich die südeuropäischen Länder und Frankreich wären Nettoempfänger.

Damit dürften nicht nur Polen und Rumänien, sondern auch alle anderen mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländer gegen diese Form von Umverteilung auf EU-Ebene Protest einlegen. Obgleich sie selbstverständlich jahrelang von erheblichen Zahlungen aus dem EU-Haushalt profitiert haben, wollen sie im Streit um die Verteilung der Mittel auch gegen die Interessen der Südeuropäer antreten.

„Es ist vor allem ein politisches Signal an Italien, Spanien und Frankreich“

So erklärte Polen bereits, dass die Gelder nicht nur in die am stärksten betroffenen Länder fließen sollten, wie es die Südeuropäer und Frankreich fordern, sondern auch in die am stärksten betroffenen Sektoren. Diese Unterscheidung übernahmen Merkel und Macron daraufhin in ihren Vorschlag. So glatt dürfte es allerdings nicht bei jedem Punkt ablaufen.

„Es ist vor allem ein politisches Signal an Italien, Spanien und Frankreich“, sagte der Chef der „Wirtschaftweisen“, Lars P. Feld, zu den deutsch-französischen Vorschlägen. Doch es werden hierfür eben nicht nur Deutschland und manche osteuropäische Länder ihren Beitrag leisten müssen.

Österreich, Schweden, Dänemark und Niederlande mit Gegenentwurf

Tatsächlich deutet sich in der EU nun ein heftiger Streit über die Wiederaufbauhilfen an. Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande legten am Wochenende einen Gegenentwurf zum Merkel-Macron-Plan vor. Er sieht statt nicht zurückzahlbarer Zuschüsse lediglich die Vergabe günstiger Kredite vor. „Ich hoffe, dass man in den Kompromissen, die jetzt mit Österreich und anderen Ländern zu treffen sind, auch zu gewissen Auflagen kommt - zum Beispiel, dass Italien sich stärker verpflichtet, seine Schulden im Rahmen des Europäischen Semesters abzubauen, sobald diese Krise vorbei ist“, so Feld weiter.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will mit ihrer Behörde am Mittwoch einen neuen Entwurf für die EU-Finanzen von 2021 bis Ende 2027 vorlegen. Er soll ebenfalls einen Wiederaufbauplan für die von der Corona-Pandemie schwer gebeutelte Wirtschaft enthalten.

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