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Mann wirft ein Fischernetz ins Wasser | Bildquelle: AFP

Wildern, um Corona zu überstehen

Naturschutzgebiet in Mexiko

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Jagd in geschützten Regenwäldern, Fischerei in Lagunen: In Mexiko zwingt die Corona-Krise Menschen, die normalerweise im Tourismus arbeiten, plötzlich zur Selbstversorgung.

Von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Studio Mexiko-Stadt

Von außen betrachtet ist Rafael Alvarez' Heimat paradiesisch: Er lebt in dem Dorf Chiquilá auf Mexikos Halbinsel Yucatán. Rundherum ist Dschungel, gegenüber liegt die Insel Holbox mit weißen Sandstränden vor smaragdgrünem Wasser - Palmen und sanft plätschernde Karibik, soweit das Auge reicht.

Aber Alvarez und seine Nachbarn kämpfen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ums Überleben. Die letzten Touristen habe er im März zum zweieinhalb Stunden entfernten Flughafen Cancún gefahren, erzählt der 25-Jährige. Er ist bei einem Transportunternehmen angestellt:

"Hier leben alle vom Tourismus. Ob im Transport, in Hotels, Restaurants oder Souvenirgeschäften. Deswegen trifft uns der Stillstand extrem. Ich wurde sofort nach Hause geschickt, zunächst mit 50 Prozent Lohn, dann nur noch 30 Prozent. Jetzt habe ich im Monat weniger als 80 Euro. Davon muss ich meine Familie ernähren. Zum Überleben reicht das nicht."
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In diesen Hängematten liegen normalerweise Touristen aus aller Welt und genießen das gute Wetter und das Meer. | Bildquelle: ARD-Mexiko

"Wir jagen jetzt Gürteltiere"

Im Gegensatz zu Zehntausenden Tourismusarbeitern, die in der lahmgelegten Großstadt Cancún über die Runden kommen müssen, haben Alvarez und die anderen Dorfbewohner das Glück, inmitten reicher Natur zu leben, dem Schutzgebiet Yum Balam:

"Wir müssen Alternativen suchen, zum Beispiel zur Jagd gehen oder Fischen, damit wir etwas zum Essen haben. Neulich hat sich eine kleine Gruppe, die jagen wollte, im Dschungel verlaufen. Die Dorfbewohner haben sie erst nach vier Tagen gefunden. Wir kennen uns damit eben nicht mehr aus. Wir jagen jetzt Rehe, Gürteltiere und Wildschweine. Es gibt Lagunen im Dschungel, in denen ich fische. Damit meine Familie Proteine auf den Tisch bekommt."

Polizei drückt beide Augen zu

Vor Corona hat Alvarez nur manchmal zum Vergnügen geangelt. Die Jagd sah er als kleiner Junge bei seinen Großeltern. Nie habe er sich vorstellen können, dass das im 21. Jahrhundert noch einmal nötig würde. Die Polizei drücke alle Augen zu, solange die Dorfbewohner im Schutzgebiet nur für den Eigenbedarf jagen und fischen. Zum Kochen holen sie Holz aus dem Wald, weil sie sich Gas im Moment nicht leisten können.

In ihrem Bundesstaat Quintana Roo, in dem etwa eine halbe Million Menschen direkt oder indirekt vom Tourismus abhängen, hoffen die Hoteliers, in der zweiten Junihälfte wieder öffnen zu können:

"Es wäre eine sehr gute Nachricht, wenn die Insel Holbox wieder für Touristen öffnen könnte. Diese Nachricht würde ich unseren Freunden aus Deutschland, Frankreich und Spanien sehr gern überbringen. Was sie wissen sollten: Es gibt in meinem Dorf und auf der Insel - Gott sei Dank - überhaupt keine Covid-19-Fälle. Ihr könnt also kommen und euch an den weißen Stränden und dem türkisfarbenen Meer erfreuen. Es ist alles wunderschön wie immer."

Und im Moment sogar auch menschenleer - allerdings unerreichbar.

Mexikaner ohne Tourismus
Anne-Katrin Mellmann, ARD Mexico City
25.05.2020 10:35 Uhr