Betrug mit Corona-Krediten
Durchsuchungen und Verhaftungen in der Waadt
by Barbara Colpi1.5 Millionen Franken wurden schon ins Ausland transferiert. Offenbar fälschten die Täter Umsatzunterlagen von Firmen.
Firmen, die wegen Corona in Not sind, sollen rasch und unbürokratisch Geld bekommen. Das ist das Ziel der Notkredite des Bundes. Dass dies auch BetrügerInnen auf den Plan rufen könnte, hielt Finanzminister Ueli Maurer noch Ende März für unwahrscheinlich. «Ich gehe davon aus, dass Leute, die ihr ganzes Vermögen in ihre Firma gesteckt haben, den Staat nicht über den Tisch ziehen wollen», sagte er.
Doch genau das scheint nun passiert zu sein: In der Waadt sorgt ein möglicher Betrugsfall in Millionenhöhe für Schlagzeilen. Verdächtige sollen auf illegale Weise versucht haben, die Notsituation auszunützen.
Millionenkredite erschlichen
Mehrere Täter sollen bei verschiedenen Banken Kredite im Wert von mehreren Millionen Franken erschlichen haben. Sie sollen unter anderem Falschangaben zu den Umsätzen ihrer Unternehmen gemacht und davon profitiert haben, dass Corona-Notkredite unbürokratischer vergeben werden. Das teilte die Waadtländer Staatsanwaltschaft mit.
Die Polizei führte letzte Woche in mehreren Unternehmen Razzien durch und nahm dabei mehrere Personen vorübergehend fest. Ein Verdächtiger befindet sich nach wie vor in Untersuchungshaft. Zahlreiche Bankkonten wurden gesperrt. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet.
Schweizer Bürger mit türkischen Wurzeln
Der Katalog der möglichen Verstösse ist lang: Ermittelt wird wegen Betrugs, Untreue, schwerer Misswirtschaft, Wertpapierfälschung, Geldwäsche und Verstoss gegen die Covid-Verordnung des Bundesrats. Diese regelt unter anderem die rasche Kreditvergaben für Unternehmen.
Gemäss der Waadtländer Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den Verdächtigen um Schweizer Bürger mit türkischen Wurzeln. Von dem erschlichenen Geld sollen bereits mehr als 1.5 Millionen Franken ins Ausland überwiesen worden sein. Laut der Staatsanwaltschaft wurden Schritte unternommen, um diese Gelder wieder in die Schweiz zu transferieren.
Aufgrund der laufenden Ermittlungen macht die Staatsanwaltschaft keine weiteren Angaben zu den Untersuchungen.
Betrugsversuche auch in Zürich
Bereits am 12. Mai waren ähnliche Betrugsfälle im Kanton Zürich bekannt geworden. Rund 30 Verdachtsfälle für betrügerisch gestellte Anträge wurden dort im Zusammenhang mit der Covid-Verordnung des Bundesrates öffentlich gemacht, es kam zu Ermittlungen. Der genaue Deliktsbetrag konnte zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht beziffert werden. Häufig ging es um Betrug und Urkundenfälschung, möglicherweise auch um Geldwäscherei. Die erlangten Kredite würden entweder auf Privatkonten oder ins Ausland transferiert. Oder sie würden für nicht Corona-bedingte Zwecke verwendet, wie für die Rückzahlung von privaten Darlehen, hiess es. (sda)