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Gymnasialprofessorin Alina Mircea unterrichtete 180 Schüler per Fernunterricht – und dazu noch ihre Tochter Viktoria.(Bild: Hubert Berger)
Endlich wieder vor Ort

Auch die Lehrer waren beim Homeschooling allein

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Das sogenannte Homeschooling spaltete die Gemüter der Schüler und Eltern, da sich etliche überfordert und im Stich gelassen fühlten. Die „Tiroler Krone“ sprach mit einer alleinerziehenden Lehrerin über ihre Sorgen.

Es wurde viel darüber gesprochen, wie es den Schülern und ihren Erziehungsberechtigten erging, als Mitte März die Schulen als Corona-Schutzmaßnahme bundesweit ihre Tore schlossen. Viele Familien saßen erst einmal im Home-Office fest, inklusive Homeschooling und Kinderbetreuung. Etlichen der Erziehungsberechtigten dürfte da erst klar geworden sein, was ein Großteil der Lehrerschaft alltäglich leistet.

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Rund um die Uhr waren Lehrer über den Computer erreichbar.(Bild: Hubert Berger)

Nach diesen langen zwei Monaten, in welchen der Unterricht in den eigenen vier Wänden stattfand, begann am Montag die zweite Woche eines behutsamen Neustarts aller Schultypen. Die „Tiroler Krone“ sprach mit einer alleinerziehenden Lehrerin über ihre Erfahrungen der Corona-Zeit, über Homeschooling und Distance Learning.

Von 6 bis 20 Uhr im Dienst
Die 47-jährige Alina Mircea unterrichtet die Fächer Mathematik und Physik am Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Kufstein, ihre zwölfjährige Tochter Viktoria ist Schülerin einer Neuen Mittelschule in der Festungsstadt. Alina Mircea betreut in ihren Fächern acht Klassen der Unter- und Oberstufe mit 180 Schülerinnen und Schülern. „Ich fange täglich um 6 Uhr in der Früh mit meiner Arbeit an und höre um acht am Abend auf.“

Rund alle zwei Minuten ein Schüler-E-Mail
In dieser Zeit kommen zirca alle zwei Minuten E-Mails mit Fragen oder erledigten Hausübungen an. „Der Status der Mathematik-Klassen ist ein besonderer, da hier fünf bis sechs Hausübungen pro Woche zu erledigen sind“, teilt die Gymnasialprofessorin mit. Diese Hausübungen müssen natürlich korrigiert, Rückmeldungen müssen geschrieben werden.

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(Bild: stock.adobe.com)

Schwieriger gestalten sich der Fernunterricht und die für den Schüler zu erledigenden Aufgaben im Fach Physik. „Mathematik ist durch Formeln geprägt, hier kann der Taschenrechner weiterhelfen, aber in Physik muss man sehr auf die Erklärungen aufpassen, welche die Schüler in ihren Mails an mich geschrieben haben.“ Für die engagierte Lehrerin stellte das digitale Korrigieren der Arbeiten eine schwierige Umstellung ihrer gewohnten Arbeitsprozesse dar: „Normalerweise bin ich gewohnt, die Arbeiten im Heft zu prüfen, alles auszudrucken wäre nicht zweckmäßig“, erklärt Mircea.

Lehrer vermissten den Kontakt zu den Schülern
Laut einem internen Schreiben der Lehrerschaft des Gymnasiums Kufstein steht die Mathematik-Professorin mit ihren Erfahrungen nicht alleine da. So schreibt einer ihrer Kollegen: „Bezüglich des Arbeitsaufwandes muss ich sagen, dass wesentlich mehr zu tun ist als im alltäglichen Unterricht.“ Eine andere meint: „Die viel gepriesene Selbstständigkeit von Schülern endet, wenn sie Arbeitsanweisungen selbst durchlesen müssen.

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Fazit von Alina Mircea: „Ich hoffe, dass sich diese Form des Unterrichts nicht wiederholen wird.“(Bild: APA/Sebastian Kahnert)

Dies führt zu unzähligen Online-Kontakten, die nicht sein müssten. Aufgrund des fehlenden persönlichen Kontaktes erschwert und verlängert sich die Beantwortung von Schülerfragen um ein Vielfaches und teilweise fühlt man sich nicht als persönlicher Nachhilfelehrer sondern als Mädchen für alles.“ Fazit von Alina Mircea: „Ich bin froh, dass langsam wieder die Normalität des Schulalltages einkehrt und hoffe, dass sich diese Form des Unterrichts nicht wiederholen wird.“

Hubert Berger, Kronen Zeitung