Die Saison-Abbrecher: Viele offene Fragen und Streitpunkte
by azIn der Schweiz wird die Frage am Freitag beantwortet: mit der Meisterschaft weitermachen oder abbrechen? Ein Rundgang durch die vier wichtigsten Ligen, die ihre Saison abgebrochen haben.
Frankreich: Trio vor Gericht
Ende April entschied die Politik, dass bis Anfang August keine Fussballspiele mehr stattfinden dürfen, auch keine Geisterspiele. Die Tabelle nach der 28. Runde wurde gewertet: Paris Saint-Germain erhielt den Meistertitel zugesprochen, die Europacup-Plätze wurden verteilt und die beiden Letzten relegiert.
Rasch formierte sich Widerstand. Lyon, das sich der Chance beraubt fühlt, noch in die Europacup-Ränge vorzustossen, hat sich mit den zwei Absteigern Amiens und Toulouse zusammengetan. Das Trio geht juristisch gegen den Abbruch beziehungsweise die Wertungen vor. In der Ligue 2 dürfte es derweil keine Absteiger geben, dafür eine kommende Saison mit 22 Teams.
Aus finanzieller Sicht hat der Saisonabbruch nur Verlierer hervorgebracht. Gemäss einer Rechnung der Kontrollbehörde, die die Budgets der Klubs überwacht, droht mehreren Ligue-1-Vereinen der Konkurs. Insgesamt dürften die Erstligisten in dieser Saison über 500 Millionen Euro Verlust schreiben. Die letzte, nun nicht ausbezahlte Tranche für die TV-Rechte hätte rund 250 Millionen Euro eingebracht.
Belgien: Unbekannter Aufsteiger
In Belgien wurde der Abbruch der Meisterschaft Mitte Mai entschieden, nachdem die Politik Fussballspiele bis Ende Juli verboten hatte. Schon seit längerem plädierte die Mehrheit der Vereine für ein vorzeitiges Saisonende. Es sei das kleinere Übel, wurde argumentiert, auch weil die Einnahmen aus den TV-Rechten weniger stark ins Gewicht fallen als anderswo. Meister ist der FC Brügge, Absteiger Waasland-Beveren.
85 Prozent der Klubs stimmten dem Vorschlag der Liga zu, zu dem auch ein Solidaritätsfond gehört. Die Profiteure der Abbruchs unterstützen die Verlierer finanziell. Der FC Brügge etwa, der direkt in die Champions-League-Gruppenphase vorstösst, muss 1,75 Millionen Euro in den Fonds einzahlen, schrieb "Het Nieuwsblad". Andere, wie Anderlecht, das den Europacup knapp verpasst hat, bekommen Geld aus dem Topf ausbezahlt.
Nicht alle sind aber zufrieden. Absteiger Waasland-Beveren hat bei der Liga protestiert und schliesst juristische Schritte nicht aus. Und in der zweiten Liga ist die Situation verworren. Es steht noch ein Aufstiegsspiel zwischen Beerschot und Leuven aus. Sollte dieses nicht bis vor dem 7. August zustande kommen, würde der Sieger der Qualifikation aufsteigen: Westerlo.
Niederlande: Niederlage vor Gericht
Die erste Meisterschaft, die den Abbruch bekannt gab, verzichtete darauf, einen Meister oder Absteiger zu bestimmen. Zwar hatte sich eine relative Mehrheit der Klubs dafür ausgesprochen, die Saison zu werten, doch das reichte gemäss Reglement nicht. Also wurden bloss die Europacup-Plätze nach dem aktuellen Tabellenstand verteilt.
Grosser Leidtragender war der FC Utrecht, der nur drei Punkte hinter einem europäischen Platz lag - bei einem weniger ausgetragenen Spiel und mit dem deutlich besseren Torverhältnis als das vor ihm liegende Willem II. Utrecht, das auch im Cupfinal gestanden hätte, hofft nun auf Hilfe von der UEFA.
Ähnlich ungerecht behandelt fühlen sich der SC Cambuur und De Graafschap, die in der zweiten Liga deutlich auf Aufstiegskurs lagen. Sie protestierten vor Gericht gegen den Entscheid, wurden aber im Eilverfahren nicht erhört. Ein weiteres juristisches Vorgehen würde womöglich Monate dauern, deshalb erhoffen sich die beiden Klubs nun wenigstens eine finanzielle Entschädigung vom Verband.
Schottland: Aufstockung geprüft
Der Entscheid, die Saison abzubrechen, soll unter den 12 Erstligisten einstimmig gefällt worden sein. Die Klubs generieren den Grossteil ihrer Einnahmen mit den Ticketverkäufen und können sich Geisterspiele nicht leisten. Der nach 30 Runden souveräne Leader Celtic Glasgow erhielt den Meistertitel zugesprochen, Heart of Midlothian muss absteigen. Der Klub aus Edinburgh versucht nun, die Liga zu einer Umstrukturierung mit 14 Erstligisten zu bewegen. Er schliesst aber auch juristische Schritte nicht aus.
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