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Birgit Uebe, stellvertretende Leiterin des Trachtenvereins Wittenberg, mit vorbestellten Trachten: Wegen der coronabedingten Absage des Stadtfestes in diesem Jahr werden die Gewänder derzeit nicht benötigt.Foto: Thomas Klitzsch
25 Jahre Trachtenverein Wittenberg

Ein Jubiläum ohne Feier

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   •  Mit seinen Gewändern bereichert der Trachtenverein ganz besonders den Festzug von „Luthers Hochzeit“.
   •  Warum eine Veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen ausfällt.

Wittenberg - In normalen Zeiten hätten sie natürlich gefeiert. In Zeiten von Corona jedoch laufen die Dinge anders und so fand das 25-jährige Bestehen des Trachtenvereins Wittenberg nun in erster Linie im sozialen Netzwerk Facebook Erwähnung. „Heute, vor 25 Jahren, wurde unser Verein, der Trachtenverein Wittenberg als Trachtenverein des LK Wittenberg e.V. gegründet“, hieß es unter dem 17. Mai.

Nach Auskunft des Vereinsvorsitzenden Frank Sommer wollten sie zur Feier des Tages unter anderem ins Futurea Science Center von SKW gehen und im Café des Clack-Theaters einkehren. Abgesagt hatten sie aber alles bereits Mitte März, als sich abzeichnete, dass zur Eindämmung der Corona-Pandemie das öffentliche Leben weitestgehend heruntergefahren wird. Sommer hofft, dass die Feier nachgeholt werden kann.

Später folgte von städtischer Seite die Absage des Festes „Luthers Hochzeit“, das traditionell auch die Haupteinnahmequelle des Trachtenvereins bildet. Gegenüber der MZ sprach Sommer Ende April von Ausfällen von einigen Tausend Euro - während andererseits weiter Miete, jährlich 4.000 Euro, für die Vereinsräume fällig werde.

Hoffen und bangen

Was die Miete betrifft, so werde die typischerweise zu 70 Prozent von der Stadt gefördert. Ein entsprechender Antrag für das laufende Jahr sei indes noch nicht beschieden. Es heißt also, weiter hoffen und bangen. Und dies umso mehr, als auch der Eigenanteil in Höhe von 30 Prozent in diesem Jahr schwerer aufgebracht werden könne angesichts des Einnahmenverlustes in Ermangelung von Ausleihen.

Diese liegen laut Sommer derzeit bei Null. Dass sie inzwischen auch einen Antrag auf Unterstützung bei der SKW-Initiative „Groß hilft Klein“ gestellt haben, sagt Sommer. Außerdem versuchen sie, Spenden zu akquirieren, wobei freilich klar ist, dass momentan bei kaum jemandem das Geld locker sitzt.

Kostbarer Fundus

Im Gespräch erinnert Sommer an das Jahr 2013. Damals wurde „Luthers Hochzeit“ wegen des Hochwassers abgesagt. Es war ein Schlag ins Kontor für nahezu alle historischen Vereine. Über die sagt Frank Sommer im Mai 2020: „Gäbe es das Stadtfest nicht mehr, dann würden alle mehr oder weniger hinten runterfallen.“ Damit gemeint ist nicht zuletzt das Fest in seiner bisherigen Ausprägung, zu deren äußerem Erscheinungsbild eben historische Gewänder gehören.

Etwa 1.000 davon haben sie inzwischen im Trachtenverein, plus „Zubehör“ wie unter anderem Barette oder Blusen. Der Schwerpunkt liegt in der Renaissance. Bisweilen hätten sie auch Leihanfragen aus dem Bundesgebiet, „aber wir schicken keine Gewänder in der Gegend herum“, wenn nicht gesichert sei, dass es sich beim Empfänger, sagen wir, um zuverlässige Zeitgenossen handelt.

Dafür sind die Gewänder einfach zu kostbar, Sommer zufolge liege der Wert zwischen 200 Euro für ein einfaches und im vierstelligen Bereich bei den aufwendigen Kostümen. Anders als in den frühen Jahren des aus einer AB-Maßnahme hervorgegangenen Trachtenvereins, als für „Luthers Hochzeit“ nach eigenen Angaben etwa 50 Näherinnen beschäftigt wurden, wird heute nur noch selten neu geschneidert. Zuletzt sei dies 2019 der Fall gewesen. Im Mittelpunkt neben dem Verleih stehen die Betreuung und Pflege des Fundus, dazu gehören, wenn nötig, auch Reparaturen.

Frank Sommer selbst gehört seit 2006 dem Trachtenverein an. Der gebürtige Saarländer, der beruflich viel herumgekommen ist, sich inzwischen aber im Ruhestand befindet, lebt mit seiner Frau in Berlin. Kennengelernt hat er sie vor 18 Jahren, Kontakte gibt es nach Pratau. Geht es um die Zukunft des Vereins, dessen Leitung der Mittsechziger voriges Jahr von Birgit Uebe übernommen hat, so sei er „immer noch optimistisch“, dass es eine Zukunft gibt. Vorausgesetzt, 2021 wird ein besseres Jahr.

Das hoffen viele - in Wittenberg und anderswo. (mz)