Kolumne vom Börsenparkett: Tagebuch eines Börsianers: Chinas Motoren laufen nahezu auf Hochbetrieb
In seinem "Tagebuch eines Börsianers" schildert der erfahrene Kapitalmarktexperte Josef Obergantschnig die dramatischen Entwicklungen.
Josef Obergantschnig ist Präsident des Wirtschaftsethikklubs Ethico und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen. In seinem "Tagebuch eines Börsianers" schildert der erfahrene Kapitalmarktexperte für die "Kleine Zeitung" seine persönlichen Eindrücke und Erlebnisse in diesem - auch auf dem Börsenparkett - dramatischen Tagen.
Montag, 25.Mai: In China arbeiten 99 Prozent der Betriebe wieder
Die Corona-Krise nahm in China ihren Anfang. Die Ausbreitung der Pandemie ging über Europa und erreichte letztendlich auch den amerikanischen Kontinent. Der Shutdown erfolgte demnach zeitversetzt und verursachte einen in unserer Generation noch nie zu beobachtenden Einbruch.
Die Industrieproduktion des 1,4-Milliarden-Einwohner-Landes ist im Dezember noch um 6,9 Prozent gewachsen. Im Jänner und Februar 2020 ist sie um jeweils 13,5 Prozent eingebrochen. Bereits im März wurden die Maschinen wieder hochgefahren. Auf Jahressicht war man nur mehr um 1,1 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Positiv ist, dass mit April das Wachstum bereits wieder mit 3,9 Prozent deutlich im Plus liegt.
Mittlerweile arbeiten 99 Prozent der Unternehmen in China wieder. Allerdings nicht mit Volldampf. Das Auslastungsniveau ist erst bei 85 Prozent des Vorkrisenniveaus. Auch die Einzelhandelsumsätze sind im 1. Quartal deutlich gefallen. Nachdem die Wachstumsrate im Dezember noch bei 8 Prozent lag, folgte zu Jahresbeginn ein 20-prozentiger Einbruch. Im März und April lag man immer noch um 15,8 Prozent bzw. 7,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Der Konsument braucht anscheinend länger, um sich zu erholen. Wen wundert’s?
Der wirtschaftliche Ausblick ist düster. 2020 sind wir weltweit mit einem historischen Wirtschaftseinbruch gepaart mit einem explosionsartigen Anstieg der Arbeitslosigkeit konfrontiert. Die globale Arbeitszeit ist um 10,5 Prozent eingebrochen. Mehr als 2,2 Milliarden Menschen oder zwei Drittel aller Angestellten sind davon betroffen. Wenig überraschend, dass in diesem Umfeld die Einzelhandelsumsätze etwas hinterherhinken.