Freiburger Ökonom Feld warnt vor "Freibier für alle"

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Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung wird viele Milliarden Euro kosten – aber soll es eine Grenze für neue Schulden geben? In der Koalition gibt es unterschiedliche Meinungen.

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Freiburger Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

In der schwarz-roten Koalition verschärft sich der Streit darüber, wie teuer das geplante Konjunkturprogramm werden soll. Aus der SPD kamen ablehnende Äußerungen zum Vorstoß von CSU-Chef Markus Söder über eine Schulden-Obergrenze. Dies sei der falsche Weg, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post: "Deutschland ist bisher so gut durch die Krise gekommen, weil der Staat seine volle Finanzkraft mobilisiert hat."

Die Bundesregierung will Anfang Juni ein Konjunkturprogramm beschließen. Ziel ist es, die Wirtschaft im Zuge der schrittweisen Lockerung der Corona-Beschränkungen anzukurbeln. Es wird eine schwere Rezession erwartet.

"Es ist wichtig, dass wir den Staat nicht ruinieren." Markus Söder
Nach Ansicht von Söder soll der Bund zum Anschub der Konjunktur nach der Corona-Krise in diesem Jahr noch maximal 100 Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufnehmen dürfen. "Es ist wichtig, dass wir den Staat nicht ruinieren", hatte Bayerns Ministerpräsident Söder am Freitag beim Internet-Parteitag gesagt. Laut Spiegel plant Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit einem Konjunkturprogramm von bis zu 150 Milliarden Euro. Bislang sieht der Nachtragshaushalt des Bundes für 2020 eine Neuverschuldung von 156 Milliarden Euro zur Abfederung der Pandemie-Folgen vor.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sprach sich dafür aus, vor Beschlüssen über das Konjunkturpaket eine Grenze für neue Schulden zu ziehen. "Bevor wir über Konjunkturhilfen reden, brauchen wir einen Kassensturz: Welche Verschuldung nehmen wir in Kauf?", sagte er.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte, das Konjunkturpaket mit einer Entschuldung überschuldeter Kommunen zu verbinden. Scholz hatte vorgeschlagen, dass Bund und Länder die Kommunen im Konjunkturpaket mit 57 Milliarden Euro unterstützen. Das Geld soll Einbrüche bei der Gewerbesteuer ausgleichen und notleidende Kommunen von Altschulden entlasten. Aus der Union kam Kritik.

Arbeitgeber fordern "Überbrückungshilfefonds" für Firmen

Der Arbeitgeberverband BDA forderte die Bundesregierung auf, zunächst einen schnell wirksamen "Überbrückungshilfefonds" für Firmen aufzulegen. "Ziel muss es sein, dass die Hilfsmittel im Juni 2020 ausgezahlt werden."

"Ein Familienbonus oder auch Konsumgutscheine würden verpuffen." Lars Feld
Der Freiburger Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, warnt: "Es darf kein Freibier für alle geben". Der Ökonom rief die Bundesregierung auf, Maß zu halten und das Geld möglichst wirksam einzusetzen. "Der Staat darf finanziell nicht überfordert werden." Pläne der Bundesregierung für einen Familienbonus, nach denen einmalig 300 Euro pro Kind gezahlt werden sollen, lehnte er ab. "Ein Familienbonus oder auch Konsumgutscheine würden verpuffen. Die Leute würden sparen und nicht zusätzlich kaufen. Deswegen sind solche Maßnahmen derzeit rausgeschmissenes Geld." Es sei besser, das Geld dort einzusetzen, wo es etwas bringe, etwa für eine Ausweitung des Verlustrücktrags in der Unternehmensbesteuerung. "Das erhöht die Liquidität der Unternehmen und ermöglicht Investitionen." Außerdem solle es Entlastungen bei den Strompreisen geben, am besten über eine Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz. Auch bei der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude gebe es einen enormen Nachholbedarf.

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