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Verläuft der Pfad über städtischen oder privaten Grund? Entlang des Bode-Radwegs zwischen Thale und Neinstedt weist kein Schild darauf hin.Foto: Richter
Tauschhandel

Der Kilometer der Begierde

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   •  Ein Abschnitt des Bode-Radwegs gehört einem privaten Eigentümer. Die Stadt Thale will ihm dafür eine andere Fläche geben.
   •  Welche Gründe sie dafür hat.

Thale - Am Nordufer der Bode schlängelt er sich entlang, der Pfad von Thale nach Neinstedt, den die Stadtverwaltung als Teil des Bode-Radwegs bewerben will. Hier im Grünen, den Blick mal auf die Blätter und Blüten am Wegesrand, mal auf die in der Nähe aufragende Teufelsmauer gerichtet, kann der Radfahrer sein Tempo selbst bestimmen - wer es darauf anlegt, strampelt in wenigen Minuten bis zum Marienhof.

Auch bei achtsamerer Fahrweise wird jedoch niemand, der es nicht weiß, merken, dass er zwischenzeitlich auf Privatgrund unterwegs ist. Keine Schranke versperrt den Weg, kein Schild weist darauf hin. Und doch ist es so, ein ungefähr einen Kilometer langer Abschnitt gehört einem privaten Eigentümer. Das Rathaus hat ein Auge darauf geworfen - und will dem Besitzer eine andere Fläche bereitstellen, um das Wegstück in die Liste der eigenen Liegenschaften aufnehmen zu können.

„Der Weg ist über die Jahrhunderte mäandert und liegt jetzt auf privatem Grund“

„Wir reden an der Stelle über eine Fläche von 6.800 Quadratmetern“, erläutert Bauamtsleiter Stefan Oberacker auf MZ-Anfrage. Das Gebiet, beziffert er, sei etwa sechs Meter breit. Es befinde sich gegenüber dem Marienhof am anderen Bodeufer. „Der Weg ist über die Jahrhunderte mäandert und liegt jetzt auf privatem Grund“, legt Oberacker dar.

Das stehe allerdings im Widerspruch zur geplanten öffentlich-rechtlichen Nutzung. „Wir wollen, dass der Weg überall öffentlich zugänglich ist“, betont der Amtsleiter. Daneben habe die Übertragung des Pfades in den Besitz der Stadt auch einen versicherungsrechtlichen Hintergrund.

Nichts gegen einen Flächentausch

Bei den Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer habe sich herausgestellt, dass dieser einen Flächentausch als gute Lösung ansehe. „Ein Flächentausch geht grundsätzlich auch für uns in Ordnung“, sagt Oberacker. Um dem Privatbesitzer eine geeignete, landwirtschaftlich nutzbare Fläche anbieten zu können, habe die Stadt anschließend Kontakt mit dem Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (Alff) aufgenommen. „Wir sind dabei, uns zu einigen“, lässt Oberacker den aktuellen Stand der Verhandlungen durchscheinen.

Im Februar hatte der Stadtrat Thale Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) ermächtigt, einen „Letter of Intent“, also eine Absichtserklärung, für den Bode-Radweg zu unterschreiben.

Konzertierte Aktion: Gemeinsam entwickeln, ausschildern und bewerben

Auf dem Gebiet des Landkreises Harz wollen die Städte Thale und Quedlinburg sowie die Verbandsgemeinde Vorharz den Bode-Radweg gemeinsam entwickeln, ausschildern und bewerben. Einen durchgängigen Bode-Radweg gibt es bereits im Salzlandkreis, wo er von Etgersleben (Gemeinde Börde-Hakel) bis zur Mündung der Bode in die Saale in Nienburg führt. Im Landkreis Börde, den die Bode dazwischen passiert, läuft ein ähnliches Projekt wie im Harz.

Bei ihrem Vorhaben werden die drei Harzer Kommunen von der Europäischen Union unterstützt, die das Radverkehrs- und Marketingkonzept an der Bode durch ihr Leader-Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums bezuschusst und 90 Prozent der Kosten übernimmt. So muss die Thalenser Stadtverwaltung für das Projekt einmalig eine mittlere vierstellige Summe abführen, für die Beschilderung. Deren Unterhaltung kostet nach Angaben des Bauamts im Rathaus Thale anschließend weitere 300 Euro jährlich.

„Wenn man den Weg bewirbt, dann muss man ihn auch pflegen“

Der Thalenser Wolfgang Rosplesch, der als Verfechter des Zweirads bekannt ist, mahnte in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses an, dass es mit der Beschilderung allein keinesfalls getan sei. „Wenn man den Weg bewirbt, dann muss man ihn auch pflegen“, stellte er klar.

An bestimmten Stellen weiche der Pfad bei starkem Regen auf, dort müsse ein Mineralstoff aufgetragen werden, „damit Besucher ihn unfallfrei bewältigen können“. Andernfalls schaffe man mit dem Weg womöglich statt eines guten einen sehr schlechten Eindruck. Stefan Oberacker versprach, die Anregung mitzunehmen. (mz)