Kommunale Blitzer: Bernbeuren will Defizit nicht mehr tragen und steigt aus
Verkehrsüberwachung
by Jörg von RohlandDie Gemeinde Bernbeuren steigt aus der Kommunalen Verkehrsüberwachung aus. Der Grund: Der Gemeinderat ist nicht mehr gewillt, das jährliche Defizit zu tragen. Den Antrag zum Ausstieg stellte der Bürgermeister, die Entscheidung fiel einstimmig.
Bernbeuren –Es ist einer der ersten Zöpfe, die Bernbeurens neuer Bürgermeister Karl Schleich abschneidet. Er habe langsam einen Einblick in die gemeindliche Situation bekommen, erläuterte der Rathauschef in der ersten Arbeitssitzung des neu gewählten Gemeinderats. Und während sich der Rathauschef durch die Unterlagen der Verwaltung wühlte, stieß er auf eine Zusammenstellung der Kommunalen Verkehrsüberwachung. Die Zahlen gefielen Schleich ganz und gar nicht. Von 2016 bis 2019 haben man jährlich im Schnitt 1113,45 Euro draufgezahlt, monierte der Bürgermeister, der den Nutzen der Verkehrsüberwachung grundsätzlich in Zweifel zieht.
Die Ortsdurchfahrt kann nach Meinung Schleichs mittlerweile gefahrlos überquert werden, weil man nun eine Fußgängerampel habe. Und wenn einmal alle zwei Monate ein Blitzer am Straßenrand stehe, habe er so gut wie keinen Erfolg. „Nach zwei Minuten ist er in allen WhatsApp Gruppen“, sagte Schleich mit Blick auf die Autofahrer, die sich per Smartphone gegenseitig vor den Geschwindigkeitskontrollen warnen.
Im Gemeinderat wollte dem Bürgermeister niemand widersprechen. Dr. Rupert Holzamer meinte zwar, dass die Blitzer in erster Linie der Abschreckung dienten, „aber wenn es ein Zuschussbetrieb ist, kann es auch nicht sein“.
Einig war man sich in der Runde, dass die mobilen Messgeräte am Straßenrand, die den Autofahrern ihre Geschwindigkeit anzeigen, mehr Wirkung zeigen als die Blitzer. Die „Smileys“ werden laut Schleich auch bleiben.
Einstimmig fiel letztlich der Beschluss, zum nächst möglichen Termin die Mitgliedschaft im „Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum Oberland“ zu beenden.
Für die Gemeindepolitik bedeutet das eine 180-Grad-Drehung: Im Dezember 2015 hatte man in Bernbeuren noch beschlossen, an der Verkehrsüberwachung festhalten zu wollen, obwohl VG-Partner Burggen 2016 aussteigen wollte. Allen voran Gemeinderat Oliver Sprenzel tat damals seine Meinung kund, dass die Wirkung der mobilen Messgeräte allein „null und nichtig“ sei. Nur regelmäßige Verkehrskontrollen mit Blitzern würden wirklich etwas bringen, erklärte der Gemeinderat damals.
Das Defizit der kommunalen Verkehrsüberwachung war aber auch da schon knackig. Jeweils rund 5000 Euro hatte man 2014 und 2015 an den Verband überwiesen, die Beiträge, die hereinkämen, seien dagegen eher gering, gab damals Erich Kraut im Gemeinderat zu bedenken. Das Problem damals wie heute: „Unsere Blitzer sind einfach immer zu schnell bekannt“, so Schleichs Vorgänger Martin Hinterbrandner 2015 im Gemeinderat.
Altbürgermeister warnt vor „Rennstrecke“
Mit gemischten Gefühlen dürfte Heimo Schmid die aktuelle Entscheidung verfolgt haben. Der Altbürgermeister saß im Zuhörerbereich der Auerberghalle und ergriff am Sitzungsende das Wort. Er bat darum, auf den Landkreis zuzugehen, um Kontrollen an der Kreisstraße im Bereich Haslacher See zu erwirken. Die Tempo-60-Beschränkung werde dort regelmäßig ignoriert, die Ortsverbindung Burggen-Bernbeuren sei die „reinste Rennstrecke“. Das müsse man endlich in den Griff bekommen, forderte der Altbürgermeister mit Blick auf die vielen Badegäste, die durch die Raser gefährdet werden.
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Im Kampf gegen Raser hatten die Bernbeurener Gemeinderäte 2013 ernst gemacht ernst: Mit großer Mehrheit beschlossen sie, dem Zweckverband Kommunale Verkehrssicherheit Oberland beizutreten. „Die Raser soll es g’scheit erwischen“, erhoffte sich damals Bürgermeister Heimo Schmid von der Verkehrsüberwachung.
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Ärmel hochkrempeln und anpacken,lautete Karl Schleichs Devise in der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats in Bernbeuren.
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